# taz.de -- Die Kunst der Woche: Skulpturen aus blauschimmerndem Paillettenstretch
> Die Künstlerin Bettina Allamoda zeigt in der Galerie Zwinger derzeit
> „Neustürzende Einbauten“. Sie setzt damit ihre künstlerischen
> Erforschungen fort.
(IMG) Bild: Paillettenstretchstoff mit Twist
„Neustürzende Einbauten“ – was für ein cooler Titel! Eine Verballhornung
mit Stil für eine Ausstellung über Stil und die damit verbundenen
politischen Implikationen. Mit ihrer Schau bei Zwinger setzt Bettina
Allamoda ihr künstlerisches Forschung- und Ausstellungsprojekt „Les
artistes décorateurs“ fort, dessen Ausgangspunkt die [1][Exposition
internationale des Arts décoratifs et industriels modernes] 1925 in Paris
war. Allamoda interessierte dabei die künstlerische Avantgarde, die sich
durch die Freiheiten des Produkt- und Industriedesigns auf dieser Plattform
ermächtigt sah, ihren akademischen Elfenbeinturm zu verlassen, um im Leben
aufzugehen und dieses im Sinne des ästhetischen Fortschritts, der zugleich
als sozialer gedacht war, zu revolutionieren.
Das hundertjährige Jubiläum der Exposition wird derzeit mit einer
Ausstellung zum Art déco im Musée des arts décoratifs in Paris gefeiert.
Und in Berlin feiern die „Neustürzenden Einbauten“ das 15jährige Jubiläum
von „Les artistes décorateurs“. Der Ausstellung „Die Welt als Maßstab – les
artistes décorateurs“ im Jahr 2000 in der Galerie von Jenoptik in Jena war
1999 eine Galerieausstellung bei Zwinger vorangegangen.
Dort stellte Bettina Allamoda erstmals skulpturale Arbeiten vor, die unter
Verwendung ausgemusterter Wandbilder des Optischen Museums Zeiss Jena
entstanden waren. Auf das Museum war die Künstlerin bei ihren Recherchen zu
Präsentationsstrategien und Displaykonzepten von Industrieunternehmen
gestoßen. Da Mitte der 1990er Jahre eine Neugestaltung des Museums anstand,
konnte sie Wandmalereien, Fototafeln, Vitrinen und periphere
Display-Objekte sichern und in neue Ausstellungsobjekte und Installationen
verwandeln.
## Nur zwei Twists
Allamoda hat nun ein Wandbildfragment sowie eine Fotografie aus dem
Optischen Museum Jena mit einer Bühnenbarrikade aus Aluminium zur Skulptur
„Landvermessung Babylon ½“ (2025) montiert. Das für ihr bildhauerisches
Werk zentrale Arbeitsmaterial, der Paillettenstretchstoff, ermöglicht mit
nur zwei Twists, also zwei Drehungen eine kombinierte Wand- und Raumarbeit.
Auf den ersten Blick erscheint „Wall Wrap“ (2025) als minimalistische
Installation in monochromem Blau an der Schnittstelle von Fläche und Raum.
Dann allerdings weicht dieser Eindruck dem Glamour vielfältig ins Grüne,
Rote oder Violette schillernder Blautöne. Dazu stellt Allamoda Aufnahmen
der Inneneinrichtung des Optischen Museums Jena vor der Neugestaltung. Zu
erkennen ist ein Panorama, das die technischen Utopien des Sozialismus im
realisierten Fortschritt beschwört: in der modernistisch-abstrakten
Illustration des wissenschaftlichen Blicks durch die modernsten optischen
Geräte genauso wie in der bieder-didaktischen Gegenüberstellung von altem
und aktuellem Bildmaterial.
18 Nov 2025
## LINKS
(DIR) [1] https://fr.wikipedia.org/wiki/Exposition_internationale_des_Arts_d%C3%A9coratifs_et_industriels_modernes
## AUTOREN
(DIR) Brigitte Werneburg
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