# taz.de -- Korruptionsprozess gegen Netanjahu: „Sie schaden unserem Sieg“, sagt Trump über Israels Justiz
> Der US-Präsident bittet den israelischen Präsidenten um eine Begnadigung
> von Premierminister Benjamin Netanjahu. Damit hofft er wohl den eigenen
> Einfluss zu stärken.
(IMG) Bild: Trumps und Netanjahu, ziemlich beste Freunde
Seit nun mehr fünf Jahren wird gegen den israelischen Premier Benjamin
Netanjahu in drei Korruptionsaffären prozessiert. Dafür muss er regelmäßig
zu Befragungen vor Gericht erscheinen. Immer wieder bat er aber um Aufschub
und begründete das mit der Situation Israels nach dem [1][Hamas-Überfall
vom 7. Oktober 2023]. Analysen und Kommentatoren erklärten in den
vergangenen beiden Jahren sogar immer wieder: Netanjahu wolle den Krieg in
Gaza aufrechterhalten, um nicht wegen Korruption im Gefängnis zu landen.
Doch seit Anfang Oktober herrscht ein fragiler Frieden im Gazastreifen, mit
kleineren Unterbrechungen. Das bedeutet nicht, dass sich die Situation dort
auf ein menschenwürdiges Niveau verbessert hätte: Zwar schweigen die
Waffen, [2][doch die Hamas kontrolliert weiterhin die Bevölkerung in den
unter ihrer Herrschaft] verbliebenen 47 Prozent des Gazastreifens. Es
mangelt weiter an ausreichenden Hilfslieferungen. Und die Menschen leben
weiter ohne ausreichenden Wohnraum – womit auch Zelte gemeint sind – wie
auch ohne Trinkwasser, Strom und medizinische Versorgung.
[3][Initiiert und letztlich wohl auch durchgedrückt] hat den
Waffenruhe-Deal US-Präsident Donald Trump. Seitdem wächst der direkte
Einfluss der USA in die israelische Sicherheitspolitik: Im Oktober wurde in
der israelischen Stadt Kiryat Gat das Civil Military Coordination Center
(CMCC) etabliert. Das Zentrum soll als Koordinierungsstelle für die
Stabilisierung des Gazastreifens dienen. Es wird von einem US-Admiral
geleitet, den zivilen Bereich leitet ein US-Diplomat. Analysten und
Kommentatoren erklärten immer wieder: „The US call the shots in Gaza“ – die
USA bestimmen nun, was in Gaza passiert.
Nun wächst wohl auch der US-Einfluss auf die israelische Innenpolitik und
das Justizsystem. US-Präsident Trump verschickte dieser Tage einen Brief an
den israelischen Präsidenten Isaac Herzog. Darin erbat er eine Begnadigung
Netanjahus in seinen Korruptionsaffären. Und schrieb unter anderem: Er
respektiere die „Unabhängigkeit des israelischen Justizsystems“, doch der
Prozess gegen Netanjahu sei „eine politische, ungerechtfertigte
Verfolgung“.
## Weswegen Netanjahu sich verantworten muss
Doch worum geht es in den Korruptionsprozessen überhaupt? Im sogenannten
„Fall 1000“ wird Netanjahu die Annahme teurer Geschenke, etwa Zigarren.
[4][Champagner] und Urlaube, von zwei Geschäftsmännern mit Israelbezug
vorgeworfen.
Noch pikanter ist laut Anklageschrift der sogenannte „Fall 2000“: Netanjahu
soll sich mit dem Herausgeber der Zeitung Yediohot Ahronot getroffen haben,
um eine positivere Berichterstattung über seine Person zu erzielen. Im
Gegenzug sollte Netanjahu versuchen, die Auflage der Konkurrenzzeitung
Israel Hayom zu begrenzen.
Der „Fall 4000“ liest sich ähnlich: Netanjahu soll politische
Entscheidungen getroffen haben, die dem Medienmogul Shaul Elovitch
zugutekamen – im Austausch für positive Berichterstattung auf Walla News,
einem Nachrichtenportal im Besitz von Elovitch.
## Warum Trump sich wohl einmischt
Es ist nicht das erste Mal, dass sich Trump in die Causa aktiv einmischt.
So schrieb er etwa Ende Juni auf seinem sozialen Netzwerk Truth Social:
„Die Netanjahu verfolgenden Staatsanwälte sind außer Kontrolle geraten. Das
werden wir nicht tolerieren, sie schaden unserem Sieg“.
Dass das Verfahren den Bemühungen, Frieden in der Region zu schaffen,
entgegenwirke, wiederholte er in seinem Brief an Herzog: Netanjahu sei ein
„entschlossener Premier in Kriegszeiten“ gewesen und führe Israel nun „in
eine Zeit des Friedens, in der ich mit wichtigen Anführern des Nahen Ostens
zusammenarbeite, um viele weitere Länder in das [5][weltverändernde
Abraham-Abkommen] aufzunehmen“.
Um seine Friedenspläne durchzusetzen, braucht Trump auch die Zustimmung
Netanjahus. Und die ist nicht naturgegeben, wie etwa seine verhaltene
Reaktion auf den Trumpschen Zwanzig-Punkte-Friedensplan für den
Gazastreifen zeigte. Sich für eine Begnadigung Netanjahus einzusetzen,
könnte augenscheinlich ein probates Mittel sein, um diesen in eine Position
der Zugeständnisse zu zwingen.
Auf X dankte Netanjahu jedenfalls Trump und schrieb: „Wie immer kommen Sie
direkt auf den Punkt und sprechen die Dinge aus, wie sie sind“. Und: „Ich
freue mich darauf, unsere Partnerschaft fortzusetzen, um die Sicherheit zu
stärken und den Frieden auszuweiten.“
Bevor Netanjahu aber überhaupt begnadigt werden könnte, müsste er selbst
aktiv werden: Der Präsident Israels ist zwar befugt, Personen zu
begnadigen, in seltenen Fällen sogar vor Abschluss des Gerichtsverfahrens.
Der Antrag dafür muss jedoch von dem Betroffenen selbst oder einem
unmittelbaren Familienangehörigen gestellt werden. Das steht bislang nach
Angabe der Times of Israel aber aus.
14 Nov 2025
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## AUTOREN
(DIR) Lisa Schneider
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