# taz.de -- Netanjahu beantragt Begnadigung: Verteidigen, was von Israels Demokratie noch übrig ist
       
       > Israels Premierminister denkt offenbar, er stünde über dem Gesetz. Lässt
       > sich Präsident Herzog darauf ein, begeht er einen irreparablen Fehler.
       
 (IMG) Bild: Benjamin Netanjahu, Ministerpräsident von Israel, will Begnadigung
       
       Benjamin Netanjahu hält sich für wichtiger als das Gesetz. Anders ist sein
       [1][Antrag auf Begnadigung] im gegen ihn laufenden Korruptionsverfahren
       kaum zu verstehen. Das Vorgehen ist beispiellos. Begnadigungen wurden in
       der Geschichte Israels fast noch nie vor einer Verurteilung gewährt. Bei
       einer Ausnahme: Vor rund 40 Jahren hatten sich zwei angeklagte
       Geheimdienstmitarbeiter vor ihrer Begnadigung schuldig bekannt. Von einem
       solchen Eingeständnis aber ist in der Erklärung Netanjahus nichts zu
       finden.
       
       Stattdessen stützt sie sich vor allem auf Argumente, die mit Recht wenig zu
       tun haben: Der Prozess müsse enden, um die Spaltung der Gesellschaft zu
       überwinden. Der Regierungschef müsse „alle seine Kraft, Energie und Zeit
       der Führung des Landes widmen“. US-Präsident Donald Trump hatte diesen
       Blick auf den Rechtsstaat schon im Oktober im israelischen Parlament auf
       den Punkt gebracht: „Zigarren und Champagner? Wen zum Teufel interessiert
       das?“
       
       Die juristische Realität in dem schon seit 2020 laufenden Prozess aber ist:
       Netanjahu und seine Frau Sara sollen laut Anklage [2][Geschenke im Wert von
       rund 200.000 Dollar erhalten haben – im Gegenzug für politische Gefallen].
       
       Präsident Herzog sollte Netanjahus Gesuch ablehnen, will er verteidigen,
       was von Israels Demokratie noch übrig ist. Für eine Begnadigung spräche nur
       dann etwas, wäre sie an Bedingungen geknüpft: ein Schuldeingeständnis und
       Rücktritt nach mehr als 18 Jahren im Amt. Das könnten dem tief gespaltenen
       Land politische Veränderung bringen.
       
       Dass Netanjahu sich auf einen solchen Deal einlässt, ist unwahrscheinlich,
       auch weil der juristische Druck damit nicht enden würde: Es warten weitere
       Fragen mit Blick auf die Korruptionsaffäre [3][„Katargate”], die sein Büro
       betrifft, sowie zur Verantwortung für das Versagen am 7. Oktober 2023.
       Weiterhin gilt zudem ein Haftbefehl des Internationalen Strafgerichtshofs
       wegen des Vorwurfs, im Gazastreifen Verbrechen gegen die Menschlichkeit
       verantwortet zu haben.
       
       1 Dec 2025
       
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