# taz.de -- Weimer und die Tegernsee-Connection: Das Kulturabbauministerium
       
       > Nicht zu fördern, was einem nicht gefällt, ist eine Sache. Die
       > Kommerzialisierung und die Manipulation von Kultur stehen auf einem
       > anderen Blatt.
       
 (IMG) Bild: In Berlin protestieren unter anderm Kultureinrichtungen gegen Kürzungen, am 22.2.2025
       
       Nun also ist Wolfram Weimer, der Beauftragte der Bundesregierung für Kultur
       und Medien, wie der Irgendwie-Minister für Irgendwie-Kultur offiziell
       heißt, ins Gerede gekommen, von wegen Interessenkonflikt und Blabla. Dass
       dieser bescheidene Kolumnist schon bei der Amtseinführung kritisch auf die
       Tegernsee-Connection hinwies, ist genauso geschenkt wie der Umstand, dass
       man für diese lukrative Politik-Wirtschaft-Kuppelei auch den Bayerischen
       Verfassungsorden bekommt.
       
       Über dem Kampagnenwirbel aber ist ganz in Vergessenheit geraten, worum es
       bei diesem Minister für oder gegen Kultur eigentlich geht, nämlich ums
       Ganze. Es ist ganz offensichtlich herrschende Auffassung dieser Regierung,
       dass ausgerechnet an den beiden sensibelsten Punkten einer demokratischen
       Gesellschaft gespart werden muss: an den Aufgaben des Sozialstaates, der
       für ein Minimum an Gerechtigkeit zu sorgen hätte, und an der Kultur.
       
       Genauer gesagt geht es erst einmal darum, was man überhaupt unter Kultur
       versteht und was darin förderungswürdig sei. In der Wirtschaftswissenschaft
       wird das in dankenswerter Klarheit als das „politisch Gewollte“ der
       „meritorischen Güter“ angesehen. Was so viel heißt, als dass der Staat
       gewisse Dinge bezuschussen soll, die entgegen der marktradikalen Auffassung
       als wert erachtet werden, obwohl sie sich allein durch den Markt nicht
       erhalten können.
       
       Die radikalste Fraktion des Neoliberalismus verlangt danach, die Kultur,
       also Theater, Musik, Film, Literatur, Tanz, Bildhauerei und mehr, einfach
       sich selbst zu überlassen. Der viel clevere Teil hingegen stützt sich auf
       das „politisch Gewollte“ und fördert, wie wir es in Ländern wie den USA,
       Ungarn oder Italien sehen, nach Kräften eine Kultur, die dem nationalen
       Glamour, der rechten Weltanschauung und nicht zuletzt dem jeweiligen
       Herrscherclan zupasskommt.
       
       Wenn es um die diverse Mischung der beiden rechten beziehungsweise
       neoliberalen Kulturstrategien geht, dann ist der derzeitige deutsche
       [1][für die Kultur beauftragte Minister] ein absolutes As. Er arbeitet
       nämlich konzentriert und sonderbar unbehelligt an den drei Strategiepunkten
       von neoliberal-rechtsgerichteten Regierungen:
       
       ## Kritisches ist unerwünscht
       
       1. Genereller Abbau von kulturellen Einrichtungen, was möglicherweise nur
       relativ wenig zur Sanierung der Haushalte beiträgt, aber neben einem hohen
       Symbolgehalt die Szenen und Institutionen, denen man ohnehin kritisch
       gegenübersteht, unter Druck setzt. Wie bei der Trump-Regierung trifft es
       auch hier Einrichtungen besonders hart, die von einer liberalen,
       demokratischen Regierung durchaus politisch gewollt sein sollten, weil sie
       als kulturelle Vermittler über die Grenzen des Landes hinaus bekannt sind,
       ohne indes willfährige Propagandainstrumente des Staates zu sein.
       
       Das betrifft etwa die [2][Goethe-Institute], das betrifft die Akademie der
       Künste in Berlin, das betrifft die Auslandssender des
       öffentlich-rechtlichen Rundfunks. Man schleift die Leuchttürme einer
       Kultur, die einst aller Welt vermittelten, dass zu einem demokratischen
       Staat eine unabhängige, kritische und lebendige Kultur gehört.
       
       2. Privatisierung oder Teilprivatisierung und Kommerzialisierung
       kultureller Aktivitäten und Institutionen. Ein Hebel zum Abbau von Kultur
       und Generierung von Profiten für die eigene Kundschaft ist dabei unter
       anderem das Immobiliengeschäft. Zum Kulturabbau gehört es, unliebsamen
       Institutionen die Häuser zu nehmen, und umgekehrt scheint jede attraktive
       kulturell genutzte Immobilie im „Stadtbild“ die Begehrlichkeit
       politisch-ökonomischer Interessen zu wecken.
       
       Verbunden mit der Kommerzialisierung und Privatisierung von Kultur ist die
       von unserem Kulturminister stets wiederholte Forderung nach dem
       „Populären“. Das „politisch Gewollte“ und das ökonomisch Erfolgreiche
       werden miteinander vermischt. Die Kultur ist da die direkte Widerspiegelung
       der neoliberalen Gesellschaft.
       
       ## Profitabel soll es sein
       
       3. Und hier hört der Spaß mit der Kultur in der Weimer-Republik nun
       endgültig auf: Es gibt zunehmend direkte Einflussnahmen bis hinein in die
       Programmgestaltung durch staatliche Kulturbürokratie. Statt, wie es für
       eine Kulturpolitik in einem wirklich demokratischen Land selbstverständlich
       wäre, Hüterin der Unabhängigkeit, der Freiheit zu sein (auch da, wo’s mal
       weh tut), wird, wenn es so weitergeht, auch hierzulande eine
       Regierungsinstitution zu einer Partei im Kulturkampf.
       
       Wenn man nun doch noch freundlich daran erinnert, dass unser für Kultur
       beauftragter Minister [3][Inhaber einer Firma] ist, die für die Kleinigkeit
       von 80.000 Euro „zwanglose“ Unterredungen von Politikern und
       Wirtschaftsleuten beim Ludwig-Erhard-Gipfel am schönen Tegernsee
       vermittelt, und ein eigenes Medien-Unternehmen besitzt und sich dabei, nun
       ja, auch „fördern“ lässt – passend dazu die SZ-Überschrift: „[4][Bayern
       zahlte] [5][700.000 Euro für Weimer-Gipfel am Tegernsee]“ – so entsteht das
       Gesamtbild eines Trumpismus light.
       
       In der Tagesschau des Deutschen Fernsehens heißt Herr Weimer denn auch nur
       noch „Medienminister“, für den es einen „Interessenkonflikt“ gibt. Was
       unterdessen mit der Kultur geschah, wird schnell vergessen. Doch es scheint
       höchste Zeit, die Demokratie vor solcher Kulturpolitik zu schützen.
       
       Die Einschläge kommen stetig näher. Während die Kulturinstitutionen der
       demokratischen Zivilgesellschaft geschliffen und versenkt werden, wird die
       staatliche Förderung für den [6][rechts-offenen Thinktank Republik 21 e.
       V.] auf stattliche 500.000 Euro verdoppelt. Es ist, als würden das
       Kulturkampfministerium und seine Entourage schon vorwegnehmen, was uns in
       absehbarer Zeit blüht. Auf den Abbau der Kultur folgt der Abbau der
       Demokratie.
       
       26 Nov 2025
       
       ## LINKS
       
 (DIR) [1] /Kommender-Kulturstaatssekretaer-Weimer/!6085041
 (DIR) [2] /Goethe-Institutsleitung-zu-Kulturpolitik/!6112557
 (DIR) [3] /Tausende-Euros-fuer-ein-Abendessen-mit-Ministern-was-passiert-beim-Ludwig-Erhard-Gipfel/!6130764
 (DIR) [4] https://www.sueddeutsche.de/bayern/weimer-soeder-tegernsee-gipfel-geld-kritik-li.3341006?reduced=true
 (DIR) [5] https://www.sueddeutsche.de/bayern/weimer-soeder-tegernsee-gipfel-geld-kritik-li.3341006?reduced=true
 (DIR) [6] https://www.spiegel.de/politik/deutschland/republik-21-schwarz-rot-will-konservative-denkfabrik-mit-500-000-euro-jaehrlich-foerdern-a-e2c02a7b-858c-42d8-9032-799c68ce99ea
       
       ## AUTOREN
       
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