# taz.de -- Lüneburger Radentscheid: Verkehrswende war gestern
> Eigentlich sollte Lüneburg bis 2032 fahrradfreundlich werden. Die dortige
> CDU will das jetzt rückgängig machen.
(IMG) Bild: In Lüneburg begibt sich der Rat fahrradpolitisch auf Abwege
Gewissermaßen konsequent ist die Lüneburger CDU. Wenn es ohnehin nur Streit
um die Verkehrswende gibt, kann man sie doch gleich gänzlich absagen. Zähe
Verhandlungen, widerwillige Kompromisse, gegenseitige Vorwürfe: Seit über
drei Jahren schon wird um die Umsetzung des Radentscheids gestritten –
einem Bürgerbegehren, mit dem Lüneburg bis 2032 verkehrspolitische
Maßnahmen zugunsten des Rad- und zulasten des Autoverkehrs umsetzen soll.
Bloß wofür? Es gehe ja doch alles nicht, was sich die Aktivist:innen
wünschen, findet die CDU nun resümierend. Dann doch bitte ein klarer
Beschluss bei der Ratssitzung am nächsten Donnerstag, das ganze an dieser
Stelle abzublasen: Parkplätze sind einfach wichtiger.
Mehrheitlich hatte der Stadtrat 2022 beschlossen, sich die Forderungen des
Bürgerbegehrens zu eigen zu machen. Mehr als 7.000 Lüneburger:innen
hatten zuvor dafür unterschrieben, ein darauf folgender Bürgerentscheid
hätte festzurren können, dass die Stadt die Verkehrswende mit konkreten
Maßnahmen voranbringen soll. Weil aber die Stadt dem Bürgerbegehren
„beigetreten“ ist, wie es im Ratsbeschluss heißt, erübrigte sich eine
Volksabstimmung; umfangreiche Verbesserungen für den Radverkehr würden von
nun an verbindlich vorgenommen.
Neue oder ausgebaute Radverkehrswege sollten auf einer Länge von drei
Kilometern pro Jahr entstehen; mindestens 100 öffentliche
Fahrradstellplätze jährlich installiert werden; eine Kreuzung pro Jahr
sicherer werden – und endlich sollte der Fahrradstraßenring um die Altstadt
Realität werden. So forderten es die Aktivist:innen, so sagte es der
Stadtrat verbindlich zu.
## Umsetzung verschleppt
Doch das mit der Verbindlichkeit hat einen Haken, denn der städtische
Beitritt zum Radentscheid erfolgte mit einem allmächtigen
Möglichkeitsvorbehalt. Wenn zu wenig Geld oder Personal da ist, um die
Ziele umzusetzen, dann kann die Stadt von der Einigung abweichen. „Schon
von Anfang an wurde die Umsetzung des Radentscheids verschleppt“, beklagt
deshalb Friederike Orth vom Radentscheid.
Einem anderen Vorbehalt dürfte nun der geplante Fahrradstraßenring um die
Altstadt zum Opfer fallen: Beauftragt hatte die Ratsmehrheit von CDU, SPD
und FDP die Verwaltung damit, für einen Abschnitt eine Umwandlung der
Straße zu planen – nur aber ohne einen Verlust der dortigen Parkplätze.
Möglich ist das schlicht nicht, erklärte die Verwaltung, will man sich an
alle vorgegebenen Gesetze halten und obendrauf die eigentlich zugesagten
Fördermittel des Bundes erhalten. Sonst muss die bedingte Umwandlung auf
eigene Kosten geschehen, was wiederum angesichts der angespannten
Haushaltslage kaum denkbar erscheint. Allzu naheliegend also, dass die CDU
aus dem Dilemma ausbrechen will, indem es die Verkehrswende für beendet
erklären lassen will.
Die Radentscheid-Aktivist:innen drohen bereits damit, ein neues Begehren zu
starten. „Dann sammeln wir im nächsten Jahr eben erneut Unterschriften“,
sagt Orth. Geprüft würden bereits juristische Wege, um zu verhindern, dass
ein erfolgreiches Bürgerbegehren beim nächsten Mal „erneut mit einem
halbherzigen Beitrittsbeschluss einkassiert wird, um es dann nach drei
Jahren wieder fallen zu lassen“.
6 Dec 2025
## AUTOREN
(DIR) André Zuschlag
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