# taz.de -- Neue buddhistische Übungen: Weichenstörung – ohmmmm!
> Fahrradfahren im Winter ist schon Wahnsinn? Ha, sagt unsere Autorin. Wer
> Öffis nutzt, hat jede Menge Zeit, alles übers Autofahren herauszufinden.
(IMG) Bild: Die Männer vom Bautrupp sind jederzeit bereit eine Weichenstörung zu beheben
Als ich letzte Woche ins Büro fahren wollte, regnete es ergiebig und
nachhaltig. Außerdem hatte mein Mann seine 24-Stunden-Öffi-Karte vom Vortag
nach erledigten Wegen zu Hause liegen lassen. Ich beschloss, trocken und
überpünktlich zur Arbeit zu fahren.
Am Bahnsteig standen ungewöhnlich viele Menschen. Drei der vier hier
normalerweise fahrenden S-Bahn-Linien waren ausgesetzt. Die vierte fuhr
alle zwanzig Minuten. „[1][Reparaturarbeiten an einer Weiche]“. 25 Minuten
ruckelte ein erster, randvoller Zug ein, begleitet von der Durchsage, dass
Fahrradmitnahme wegen des „außergewöhnlich hohen Fahrgastaufkommens“ leider
nicht erlaubt sei.
Wir schoben uns berlinerisch gelassen alle samt Rädern, Kinderwagen und
Koffern irgendwie hinein. Und am nächsten Bahnhof wieder heraus, damit die
paar Menschen, die wirklich aussteigen wollten, auch rauskamen. Beim
dritten Raus-und-rein kam ich sogar zu einem Sitzplatz und holte mein Handy
raus.
Seit Jahren werde ich intensiv umworben. Früher ging es vor allem um
Penisverlängerungen und Investmentfonds. Inzwischen soll ich meistens
meinen Gebrauchtwagen verkaufen. Auf Instagram wurde mir sogar einmal
vorgeschlagen, Friedrich Merz zu folgen, weil wir angeblich ähnliche
Interessen hätten. Mich freut solche Werbung immer – [2][KI braucht
offenbar noch etwas Training].
## Blitzergeschichten
An diesem S-Bahn-Weichenstörungs-Tag bekam ich per Mail einen stark
rabattierten Blitzerwarner angeboten. Mit [3][„militärischer
Erkennungstechnologie“] könne ich „Tausende an Bußgeldern sparen“ las ich,
und endlich „selbstbewusst ohne Angst fahren“. Das klang gut. Ich googelte.
Tatsächlich sind Verkauf und Besitz solcher Geräte legal. Man darf sie nur
während der Fahrt nicht benutzen. Logisch. Man kauft sich so ein Gerät ja
auch für zu Hause, als Netflix-Alternative, um abends chillig auf dem Sofa
Blitzerpornos zu schauen. Niemand käme auf die absurde Idee, direkt im
eigenen Auto die beworbene „Plug-and-Play-Einrichtung in wenigen Sekunden“
vorzunehmen.
Das wäre auch viel zu gefährlich. Im unwahrscheinlichen Fall, dass der
Polizei eine solche Nutzung auffällt, drohen 70 Euro Strafe und ein Punkt
in Flensburg. Das sind 45 Euro weniger als [4][das Bußgeld für 21
Stundenkilometer zu schnell in der Ortschaft unterwegs] sein.
## Beste Wünsche
In der Firma kam ich nach Umsteigen mit erneutem Warten vierzig Minuten
später als nach Fahrplan an. Und begegnete einem wütenden Kollegen, der,
pünktlich gestartet, dank Bahn eine Stunde zu spät ankam. „Und dann muss
man sich hier entschuldigen für was, das man gar nicht gemacht hat – und
abends sogar noch länger bleiben!“ Er schimpfte über „all diese Idioten,
die uns regieren“.
„Idioten“ zu sagen ist strafbar und kann Hausdurchsuchungen nach sich
führen. Legal ist meine neu angelernte [5][Buddhisten-Methode der guten
Wünsche] aus der letzten Kolumne. Während ich meinen Computer hochfuhr,
wünschte ich allen Regierenden genug Weisheit und Tatkraft, um eine
[6][tragfähige Infrastruktur bereitzustellen] und nachvollziehbare Gesetze
und Regeln zu erlassen – damit System wie Lenkende nicht weiter an
Glaubwürdigkeit und Respekt verlieren.
19 Dec 2025
## LINKS
(DIR) [1] /S-Bahn-Chaos-in-Berlin/!6105180
(DIR) [2] /Amazon-Beschaeftigte-warnen-vor-KI/!6135282
(DIR) [3] https://www.fhr.fraunhofer.de/de/newsletter/Fraunhofer-FHR-Newsletter/Newsletter-03-2024/Verbesserte-Aufklaerungsleistung-durch-multidimensionale-Radarbildgebung.html
(DIR) [4] https://www.bussgeldkatalog.org/
(DIR) [5] /Lehren-aus-der-Verkehrspolitik/!6131156
(DIR) [6] /Vordenker-der-Smart-City/!6117289
## AUTOREN
(DIR) Kerstin Finkelstein
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