# taz.de -- Krise der Grünen in Ostdeutschland: Grüne, hört die Signale
       
       > Grünen-Chef Felix Banaszak will die Präsenz seiner Partei im Osten
       > stärken. Jetzt hat der Duisburger ein Abgeordnetenbüro in Brandenburg
       > eröffnet.
       
 (IMG) Bild: Lernort für Wessis: Felix Banaszak am Samstag bei der Eröffnung seines neuen Regionalbüros in Brandenburg an der Havel
       
       Die Grünen und der Osten – das ist eine Leidensgeschichte für sich.
       Unterdurchschnittliche Wahlergebnisse, schwache Strukturen, das Image der
       westdeutschen Akademikerpartei. Die Grünen hatten es im Osten noch nie
       leicht. In den vergangenen Jahren ist [1][ein nahezu flächendeckend
       verbreiteter Hass auf die Partei] dazugekommen. Dementsprechend düster sind
       die Aussichten für die Landtagswahlen in Sachsen-Anhalt und
       Mecklenburg-Vorpommern im kommenden Jahr.
       
       „An manchen Stellen ist es frustrierend“, sagt Sylvana Specht. Sie ist
       Grünen-Kreisvorsitzende in Brandenburg an der Havel, einer
       75.000-Einwohner-Stadt rund 60 Kilometer westlich von Berlin. Und sie hat
       den Absturz ihrer Partei bei Landtagswahlen schon hinter sich. Wie in
       Thüringen flogen die Grünen auch in Brandenburg 2024 nicht nur aus der
       Regierung, sondern auch gleich aus dem Landtag.
       
       Frust hin, Frust her, seit diesem Wochenende hat Spechts Kreisverband mit
       Grünen-Parteichef Felix Banaszak immerhin einen prominenten Abgeordneten im
       Bundestag, wenn auch nur im Rahmen eines „besonderen Mentoringprogramms“.
       Am Samstag hat der Duisburger Parlamentarier im beschaulichen, aber an
       diesem Nieselregentag recht menschenleeren Teil der Altstadt von
       Brandenburg ein eigenes „Regionalbüro“ eröffnet.
       
       ## Grüne Ostoffensive
       
       Rund 40 Interessierte sind im Hinterhof des Büros zusammengekommen, um
       genau das zu feiern. Die örtliche Linke schenkt Banaszak zur Eröffnung eine
       Grünpflanze, Sylvana Specht und Co-Kreischef Ronny Patz überreichen ihm ein
       schmales Bändchen mit dem Titel „120 Antworten. Hinweise für den Alltag in
       den neuen Bundesländern“, 1990 vom Bundesministerium für innerdeutsche
       Beziehungen herausgegeben. „Das haben wir beim Aufräumen gefunden“, sagt
       Patz. Augenzwinkern und so.
       
       Das Büro ist Teil einer grünen Ostoffensive. Nach der Bundestagswahl sei
       für ihn klar gewesen, er müsse etwas tun, sagt Banaszak. Es folgte die
       [2][Gründung eines Vorstandsbeirats „Bündnisgrüner Osten“], eine
       [3][Sommertour des Chefs durch ostdeutsche Gemeinden], ein [4][grüner
       Ostkongress in Sachsen-Anhalt] – und nun die Eröffnung eines zweiten
       Abgeordnetenbüros in Brandenburg neben seinem eigentlichen Wahlkreisbüro im
       fast 500 Kilometer entfernten Duisburg.
       
       Banaszak sagt, er verstehe das Büro als „Lernort“, als „mein Fenster in den
       Osten“, er wolle zuhören und reden. Bis zu dreimal im Quartal, so sein
       Plan. Den Rest der Zeit führt eine Mitarbeiterin die Geschäfte. Für ihn sei
       das Büro ein Stück weit „ein Experiment“, sagt der Grünen-Chef.
       
       Das Experiment ist im Grunde nur ein kleines Hinterzimmer in der ohnehin
       kleinen Grünen-Geschäftsstelle von Brandenburg. Freundlich hergerichtet und
       ordentlich abgetrennt vom Parteibüro. Schon aus formalen Gründen.
       Schließlich ist es nicht das Regionalbüro des Parteichefs Banaszak, sondern
       dessen zweites Abgeordnetenbüro, finanziert aus seinen Abgeordnetenmitteln.
       
       ## Banaszak: „Ein Signal“
       
       Warum ausgerechnet Brandenburg an der Havel? Die Nähe zu Berlin, sicher.
       Mit der Regionalbahn braucht er von Berlin eine Stunde. Banaszak sagt aber
       auch: „Es gibt hier schon Potenzial.“ In der Stadt gibt es etwas mehr als
       100 Mitglieder, vor ein paar Jahren waren es 40, der Verband wächst. Das
       ist immer noch wenig im Vergleich zu den mitgliederstarken Kreisverbänden
       in westdeutschen Städten vergleichbarer Größe. Es ist aber auch deutlich
       mehr als in anderen Gegenden Ostdeutschlands.
       
       Nach dem Start seiner Ostoffensive musste sich Banaszak Vorwürfe gefallen
       lassen, auch mit Blick auf das von ihm angeregte Mentoringprogramm. Die
       Rede war von Paternalismus und Ostsafari. „Dass es jetzt
       begründungspflichtig ist, dass sich ein Kind des Ruhrgebiets in den Osten
       verirrt, das habe ich nicht verstanden“, sagt er im Gespräch mit der taz.
       
       Sicher ist, dass das Zweitbüro des Wessis Banaszak im Osten ein Novum ist.
       Ob andere Grünen-Abgeordnete nachziehen und ebenfalls Dependancen im Osten
       eröffnen, da sei er „jetzt auch gespannt“, sagt Banaszak. Aber: „Wenn der
       Parteivorsitzende diesen Schritt tut, dann ist es ein Signal, dass die
       Partei ein ernsthaftes Interesse hat, dass wir im Osten besser werden.“
       
       2 Nov 2025
       
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 (DIR) Rainer Rutz
       
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