# taz.de -- Krise in Ostdeutschland: Die Grünen wollen jetzt auf den Osten hören
       
       > Ein neuer Beirat berät den Parteivorstand zu Ostfragen. Mit dabei sind
       > altgediente Grüne wie Marianne Birthler und Externe wie Ilko-Sascha
       > Kowalczuk.
       
 (IMG) Bild: Sie soll es richten: Marianne Birthler
       
       Berlin taz | Die Grünen suchen nach einem Ausweg aus ihrer Krise im Osten –
       und ergreifen jetzt erste Maßnahmen. Am kommenden Dienstag tagt erstmals
       ein neuer Beirat, der den Bundesvorstand zu ostdeutschen Fragen beraten
       soll. Das Gremium soll „Impulse für den Prozess zur Neuaufstellung und
       Stärkung als gesamtdeutsche Orientierungs- und Bürgerpartei machen“, heißt
       es in einem Papier, das Parteichef Felix Banaszak und sein Vize Heiko Knopf
       am Dienstag vorgestellt haben.
       
       Der Beirat soll vierteljährlich tagen. Der taz liegen die Namen von 17
       Mitgliedern vor, nicht alle von ihnen haben ein grünes Parteibuch. Zu den
       externen Berater*innen gehören der Historiker Ilko-Sascha Kowalczuk
       ([1][der in seinem Buch „Freiheitsschock“ kritisierte], dass sich viele
       Ostdeutsche zu stark in einer Opferrolle eingerichtet hätten) und die
       Politikwissenschaftlerin Judith Enders (einst Mitbegründerin der Initiative
       „Dritte Generation Ostdeutschland“, die Stimmen von Wendekindern
       vereinte).
       
       Dazu kommen altgediente Grüne wie Katrin Göring-Eckardt und Marianne
       Birthler sowie aktuelle Funktionär*innen aus den Ländern wie Franziska
       Schubert (Fraktionschefin in Sachsen) und Susan Sziborra-Seidlitz
       (Parteichefin in Sachsen-Anhalt). Stefan Fassbinder aus Greifswald ist als
       einziger grüner Oberbürgermeister des Ostens dabei, Grit Friedrich als
       DDR-Bürgerrechtlerin.
       
       Aus der jüngeren Generation nehmen unter anderem Tammo Westphal
       (Vorstandsmitglied Grüne Jugend) und Lukas Mosler (ausgebildeter
       Industriekaufmann, bei der Bundestagswahl 2021 Direktkandidat in Bautzen)
       teil.
       
       ## Reaktion auf Wahlniederlagen
       
       Heiko Knopf, einziger Ostdeutscher im sechsköpfigen Grünen-Vorstand, hat in
       den letzten Wochen an der Zusammensetzung der Runde gearbeitet. „Es gab
       großes Interesse an Plätzen im Beirat“, sagt er. „Mir war bei der Besetzung
       wichtig, dass wir viele verschiedene Perspektiven einbinden. Ehrenamtliche,
       hauptamtliche Personen, intern und extern, die nicht regelmäßig miteinander
       im Austausch sind.“
       
       Der Beirat ist nicht in der Parteisatzung verankert, soll aber langfristig
       tätig sein. „Ziel ist unter anderem, dass Vorschläge und Gedanken aus den
       Diskussionen im Beirat in Wahlprogramme in die laufende Parteiarbeit
       einfließen“, so Knopf.
       
       Die Grünen waren 2024 in Brandenburg und Thüringen aus den Landtagen, in
       Sachsen aus der Regierung geflogen. 2026 droht das Aus in Sachsen-Anhalt
       und Mecklenburg-Vorpommern. Der Bundesvorstand hatte schon im Frühjahr
       Gegenmaßnahmen angekündigt. In ihrem Impulspapier greifen Banaszak und
       Knopf mehrere davon auf.
       
       ## Auch Banaszak wird ostdeutsch
       
       So brauche es in Zukunft „mehr ostdeutsche Köpfe an entscheidenden Stellen“
       in der Partei. Eine formale Quote soll es nicht geben, helfen soll aber ein
       Mentoringprogramm für Nachwuchskräfte. Im Herbst soll ein Ostkongress in
       Wittenberg „grüne und grünen-nahe Akteure“ aus Ost und West vernetzen.
       
       Abgeordnete und Vorstandsmitglieder aus dem Bund sollen in einer
       „Präsenzoffensive“ generell öfters vor Ort sein. Parteichef Banaszak,
       einziges Mitglied des Ostbeirats ohne eigene Ostbiografie, geht mit gutem
       Beispiel voran: [2][Wie der Tagesspiegel zuerst berichtete], wird er ein
       neues Wahlkreisbüro fernab seines Duisburger Wahlkreis eröffnen – in
       Brandenburg an der Havel.
       
       Schon kurz nach der Bundestagswahl hatte es aus den ostdeutschen
       Landesverbänden der Grünen Forderungen nach mehr Unterstützung gegeben. So
       forderte im März [3][eine Gruppe um die Thüringer Grüne Madeleine Henfling
       in einem Papier einen „radikalen Kurswechsel“.]
       
       Jetzt lobt Henfling die neuen Ankündigungen aus der Bundespartei. „Ich
       finde es gut, dass es eine Lernkurve gibt und die Diskussionen der letzten
       Monate offenbar gewirkt haben“, sagte sie der taz. „Jetzt kommt es auf die
       Umsetzung an. Dazu gehört, dass die Gesamtpartei Vorschläge aus dem
       Ostbeirat wirklich ernst nehmen muss.“
       
       15 Jul 2025
       
       ## LINKS
       
 (DIR) [1] /Buch-ueber-Ostdeutschland/!6030790
 (DIR) [2] https://www.tagesspiegel.de/politik/grune-im-osten-in-der-krise-parteichef-banaszak-eroffnet-buro-in-brandenburg-14019074.html
 (DIR) [3] /Gruene-nach-Wahlniederlagen-im-Osten/!6073417
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Tobias Schulze
       
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