# taz.de -- Streit um Magazin des Kulturministers: Weimer, der Vampir
       
       > Eine rechte Kampagne beschuldigt Wolfram Weimer des Textklaus. Ist das
       > ein Bruch zwischen dem Kulturstaatsminister und denjenigen, für die er
       > sonst Politik macht?
       
 (IMG) Bild: Weimers Nachttisch? Sein Magazin soll Texte von Dritten veröffentlicht haben
       
       Während im Louvre Napoleons Brillanten geklaut wurden, debattiert man in
       Deutschland über einen vermeintlichen Raub, der etwas trockener daherkommt.
       Das Magazin The European soll jahrelang [1][Reden und öffentliche Texte
       prominenter Personen ohne deren Einverständnis veröffentlicht haben]. Dabei
       kann es zumindest in der Online-Version der Texte zu dem Eindruck kommen,
       die jeweilige Person sei Autor*in des Blatts. Ein Blick auf die Website
       verrät jedoch: [2][Durch Titel und Untertitel] wird bei den meisten noch
       zugänglichen Artikeln der Kontext klargestellt.
       
       Alles halb so wild könnte man also meinen. Aber dass der Fall jetzt
       skandalisiert wird, zeigt einen Bruch zwischen Weimer und jenen Kräften,
       die er sonst zu beschwichtigen bemüht ist.
       
       Das selbsternannte Debattenmagazin gehört zur Weimer Media Group, das von
       Kulturstaatsminister Wolfram Weimer mitgegründet wurde. Gegen Weimer wurden
       bereits im Mai Vorwürfe erhoben, er habe in seinen Büchern [3][Zitate nicht
       gekennzeichnet]. The European weist die aktuelle Kritik in einem Statement
       auf der Website zurück und spricht von „dokumentarischen Texten“.
       
       Von betroffener Seite wird nun der Druck auf Weimer erhöht – jedoch nicht
       etwa von Brad Pitt, Annalena Baerbock oder Friedrich Merz, die alle als
       Autoren gelistet sind, sondern von Alice Weidel. Von der AfD-Politikerin
       sollen über hundert Reden und Artikel veröffentlicht worden sein.
       
       Weidel ließ bekannt geben, sie prüfe rechtliche Schritte. Ihr Sprecher
       spricht gegenüber t-online von einem „unredlichen Vorgehen“: „Weder war
       Frau Weidel als Autorin für ‚The European‘ aktiv, noch wurde sie um
       Erlaubnis gefragt, sie als Autorin mit den entsprechenden Texten auf der
       Plattform zu veröffentlichen.“
       
       ## Warum gerade jetzt?
       
       Aufgeworfen wurde der Fall vom AfD-nahen Blogger Alexander Wallasch. Aus
       seinem Eintrag geht hervor, dass er als ehemaliger Autor für The European
       die Anschuldigung schon länger in der Hinterhand hatte. Warum also
       entschied er sich ausgerechnet jetzt für eine Veröffentlichung?
       
       Als Weimer in sein Amt berufen wurde, war bereits klar, welche Rolle er in
       der erweiterten Regierung einnehmen sollte. Weimer, der in seinem Buch „Das
       konservative Manifest“ [4][offen über Kulturkreise und den Gegensatz
       zwischen „Westen“ und „Orient“ schwadroniert], sollte ein Vermittler und
       anknüpfungsfähig rechts der CDU sein.
       
       Und angeknüpft hat er. Rechte Kräfte bekamen von Weimer eigentlich alles,
       was sie sich von einem Kulturstaatsminister einer Regierung ohne
       AfD-Beteiligung erhoffen konnten: Für Genderverbot, [5][öffentliches
       Sinnieren über die Hufeisen-Theorie] und die Bezeichnung der GEZ-Gebühren
       als Zwangsabgabe mussten sie nicht mal einen Finger krümmen. Dazu zeigte
       die Absage eines Konzerts des Rappers Chefket [6][aufgrund eines
       konstruierten Antisemitismusvorwurfs], den das Medienportal Nius erhob, wie
       leicht sich Weimer mit seinem Gerede von Meinungsfreiheit wegduckt, wenn
       rechte Medien einmal ihre Zähne zeigen.
       
       ## Wunderlampe Weimer kaputt?
       
       Keine zwei Wochen darauf sahen sie bei Nius wieder die Gelegenheit: Im
       Vorfeld der Verleihung des Deutschen Verlagspreises warnte das Portal, der
       Kulturstaatsminister vergebe dort „zehntausende Euro Steuergelder an
       radikal linke Buchverlage“. Diesmal aber vergebens. Weimer ließ
       verlautbaren, es gebe „keine Verdachtsmomente“, [7][und bekannte sich auf
       der Preisverleihung vergangenen Mittwoch zu einer breiten Debattenkultur].
       
       Wie konnte das sein? Wunderlampe Weimer verwehrte doch sonst keinen Wunsch.
       Gut möglich, dass er also in diesem Moment beim sogenannten rechten Vorfeld
       in Ungnade gefallen ist. Hinzu kam, dass Weimer in seiner Eröffnungsrede
       zur Buchmesse die Macht US-amerikanischer und chinesischer KI-Konzerne und
       [8][deren Ideendiebstahl] als „geistigen Vampirismus“ kritisierte. Damit
       zog er den Groll des US-Beraters und Trump-Vertrauten Richard Grenell auf
       sich. Er bezeichnete Weimers Rede auf X als „massive Attacke auf die
       gesamte US-Digitalindustrie, mit dem Ziel, sie in Europa zu zerschlagen“.
       
       Gut möglich also, dass die rechte Szene die Zügel nun wieder etwas straffen
       wollte. Blogger Wallasch stellte seine Veröffentlichung auch direkt in den
       Kontext der Rede und drehte Weimers Vorwurf um: Dieser sei selbst ein
       „Vampir im Kulturminister-Gewand“, da er sich die Reden Prominenter ohne
       Einverständnis ins Blatt hole.
       
       Doch letztlich saugen alle irgendwie irgendwo: die KI-Unternehmen am Geist
       freier Kunst und Kultur, die Rechten an der Demokratie und Weimer an den
       Rechten – allerdings sind hier weniger „gestohlene“ Texte das Problem,
       sondern ideologische Kleptomanie: Was als kulturpolitische Brückenarbeit
       verkauft wird, ist in Wahrheit schlicht Ideenklau von jenen, die spalten.
       Er übernimmt Vokabular, Empörungslogik und Feindbilder der Rechten, glättet
       sie sprachlich und verleiht ihnen staatliche Legitimität. Das wiegt
       schwerer als jeder Zitierfehler.
       
       20 Oct 2025
       
       ## LINKS
       
 (DIR) [1] /Plagiatsvorwuerfe-gegen-Wolfram-Weimer/!6121919
 (DIR) [2] https://www.theeuropean.de/suche/artikel/botschaft-urbi-et-orbi-von-papst-franziskus
 (DIR) [3] https://www.zeit.de/kultur/2025-05/wolfram-weimer-kulturstaatsminister-publizist-literatur
 (DIR) [4] /Kulturstaatsminister-Wolfram-Weimer/!6081483
 (DIR) [5] /Kulturstaatsminister-Wolfram-Weimer/!6092417
 (DIR) [6] /Konzert-Absage-Jan-Boehmermann-knickt-vor-Wolfram-Weimer-ein/!6112772
 (DIR) [7] /Verlagspreisverleihung-in-Frankfurt/!6117769
 (DIR) [8] /Digitale-Bildwelten/!6076362
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Jannik Grimmbacher
       
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