# taz.de -- Friedrich Merz in München: Der Kanzler, seine Tränen und die Suche nach der Wahrheit
> Bei der Eröffnung einer Synagoge wirkt der Kanzler angefasst. War das
> echt? Die einen sagen so, die anders so.
(IMG) Bild: Friedrich Merz bei der Wiedereröffnung der Synagoge in München am 15.09.2025
War das echt? Kann man Friedrich Merz die Erschütterung und die Tränen, die
er bei der Eröffnung der Synagoge in München zeigte, abnehmen? Die einen
sagen so, die andern so.
Es ist aber auch wirklich kompliziert. Männer im Alter des Bundeskanzlers
sind in einer Zeit groß geworden, die klare Verhaltensstandards setzte:
Jungs weinen nicht, Mädchen ist es erlaubt, weinerlich sein. So in etwa
lässt sich grob zusammenfassen, wer damals die Gesellschaft zu Tränen
rühren durfte. Doch auch heute ist man sich – trotz aller
wissenschaftlicher Forschung und weitgehender Aufweichung der
Geschlechterstereotype – nicht einig darüber, was Mann so darf. Vielleicht
darf er weinen, vielleicht aber auch nicht. Schließlich ist ein Mann auch
nur ein Mensch, sogar einer mit Gefühlen. Und zu Gefühlen gehören ab und zu
auch Tränen.
Aber ist ein Bundeskanzler ein ganz normaler Mann oder ein ganz besonderer?
Die einen sagen so, die andern so.
Und dann gibt es da noch jene, die Merz raten, wenn er schon ergriffen und
tränenreich in der Synagoge steht, sich endlich ehrlich mit seinem Nazi-Opa
auseinanderzusetzen. Der soll, so hat [1][die taz herausgefunden,] nicht
zufällig in Nazi-Abgründe geraten sein, wie Merz betont, sondern war wohl
ein recht überzeugter SA-Mann. So jedenfalls belegt das seine Personalakte
aus dem Landesarchiv Nordrhein-Westfalen. Auch seine NSDAP-Mitgliedschaft
hat er offenbar persönlich und sogar früher beantragt, als lange bekannt
war. Haben Merz’ Tränen von heute direkt mit seiner Suche nach der Wahrheit
von damals zu tun? Die einen sagen so, die andern so.
Was Merz über seinen Opa denkt und ob die Angefasstheit des Kanzlers echt
war – wir wissen es nicht und werden es vermutlich nie erfahren. Merz’
Tränen sind so was wie die schwarzen Kassen der CDU reloaded.
Übrigens wäre es wünschenswert, wenn mehr Männer einfach mal weinen – ohne
rumzuheulen. Wenn sie emotional werden – ohne gefühlig zu sein. Wenn sie
ihre eigene Unsicherheit zulassen – ohne [2][sich ihrer Männlichkeit
beraubt] zu fühlen. Männer, die weinen, sind nicht nur angenehmere Partner,
Kollegen, Mitmenschen, sie gelten [3][laut einer frischen Studie] auch als
glaubwürdiger. Ist das Rätsel um Merz’ Tränen jetzt gelöst? Die einen sagen
so, die anders so.
20 Sep 2025
## LINKS
(DIR) [1] /Bundeskanzler-in-spe/!6081570
(DIR) [2] /Psychologe-ueber-Maennlichkeit/!5938867
(DIR) [3] https://journals.plos.org/plosone/article?id=10.1371%2Fjournal.pone.0324954
## AUTOREN
(DIR) Simone Schmollack
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