# taz.de -- Anschlag auf Pipelines 2022: Tatverdächtiger für Angriff auf Nordstream verhaftet
       
       > Ein Mann, der die Sprengung der Ostsee-Pipelines koordiniert haben soll,
       > ist in Italien festgenommen worden. Viel deutet auf eine Verstrickung der
       > Ukraine hin.
       
 (IMG) Bild: Gasblasen in der Ostsee bei Bornholm, 29. September 2022
       
       Berlin taz | Die italienischen Behörden haben einen Ukrainer festgenommen,
       der 2022 maßgeblich an der Sprengung der Nordstream-Pipelines in der Ostsee
       beteiligt gewesen sein soll. Die Festnahme geschah im Auftrag der deutschen
       Generalbundesanwaltschaft. Serhii K. wird gemeinschaftliche Herbeiführung
       einer Sprengstoffexplosion, verfassungsfeindliche Sabotage und Zerstörung
       von Bauwerken vorgeworfen. Der Fall ist brisant, weil der ukrainische Staat
       im Verdacht steht, [1][an der Aktion beteiligt gewesen zu sein.]
       
       Der 49-jährige K. wurde nahe Rimini gefasst, wo er offenbar Urlaub mit
       seiner Familie machte. Laut Generalbundesanwalt soll es sich bei ihm
       „mutmaßlich um einen der Koordinatoren“ des Angriffs auf die
       Nordstream-Pipelines handeln. Er und seine Mittäter*innen sollen im
       September 2022 mit falschen Papieren in Rostock die Segelyacht „Andromeda“
       gemietet haben, mit der sie in die Nähe der dänischen Insel Bornholm
       gesteuert seien. Dort sollen sie hinabgetaucht sein und drei der vier Rohre
       der Unterwasserpipelines [2][mit Sprengsätzen unterbrochen haben.] Die
       Andromeda wurde später von Ermittler*innen durchsucht, die dabei
       Sprengstoffspuren fanden.
       
       Die Tat warf heikle Fragen auf. Die USA und andere Verbündete sahen schon
       in der Pipeline Nordstream 1 ein Instrument Russlands, Deutschland von
       Energieimporten abhängig zu machen und die osteuropäischen Staaten zu
       umgehen. Den Bau von Nordstream 2 hatte Deutschland dann ab 2018 nur noch
       gegen starken Widerstand der westlichen Partnerstaaten durchgedrückt. Die
       USA drohten beteiligten Unternehmen zeitweilig gar mit Sanktionen. Zusammen
       hätten durch die beiden Pipelines 55 Milliarden Kubikmeter Gas pro Jahr
       nach Deutschland fließen können. Daraus wurde nichts. Zwar wurde Nordstream
       2 noch zu Ende gebaut, doch ging die Pipeline wegen des russischen Angriffs
       auf die Ukraine nicht mehr in Betrieb. Auch die Lieferungen von Gas durch
       Nordstream 1 stellte Russland Anfang 2022 ein. Der Anschlag folgte dann
       einige Monate später.
       
       Zunächst wurde weithin von einer russischen Sabotageaktion ausgegangen, die
       die Unterstützer*innen der Ukraine schwächen und vorführen sollte.
       Seitdem kamen aber immer mehr Details ans Licht, die eher Ukrainer*innen
       hinter der Tat vermuten lassen. Recherchen verschiedener Medien legen nahe,
       dass auch staatliche ukrainische Stellen verstrickt gewesen sein könnten.
       
       ## Geostrategische Verwicklungen
       
       Für die Bundesregierung droht mit der Festnahme vom Donnerstag also eine
       unangenehme Situation, sollten neue Belege für Hinterleute in Kyjiw ans
       Licht kommen. Immerhin unterstützt Deutschland die Ukraine seit Jahren mit
       milliardenschweren Finanzhilfen und Militärtechnik. Die Bundesregierung gab
       sich nach der Verhaftung am Mittwoch zurückhaltend. Für
       Bundesjustizministerin Stefanie Hubig (SPD) war es ein „sehr
       beeindruckender Ermittlungserfolg“. Die Sprengung der Pipelines müsse
       „aufgeklärt werden, auch strafrechtlich“.
       
       Dass die Ermittlungen [3][geostrategische Interessen] nicht nur
       Deutschlands, sondern auch der europäischen Nachbarn und der USA berühren,
       hatte sich schon im vergangenen Jahr gezeigt. Damals hatten die deutschen
       Stellen einen der beteiligten Taucher in Polen aufgespürt. Allerdings
       konnte der Mann entkommen, bevor die polnischen Behörden ihn festnehmen
       konnten. Der Spiegel berichtete damals, polnische Stellen hätten den
       Verdächtigen gewarnt. Er sei in einem Auto mit Diplomatenkennzeichen in die
       Ukraine geflüchtet.
       
       Zuletzt hatten russische Stellen angedeutet, dass im Zuge der
       russisch-amerikanischen Verhandlungen über ein Ende des Ukrainekriegs auch
       über den Betrieb von Nordstream gesprochen werde. Die Betreiberfirma Nord
       Stream 2 AG stand zwischenzeitlich kurz vor dem Bankrott, existiert aber
       noch.
       
       Der Verhaftete K. sitzt nun in einem italienischen Gefängnis. Über seine
       Auslieferung nach Deutschland müssen noch italienische Richter*innen
       entscheiden.
       
       Aktualisiert und ergänzt am 21.08.2025 um 16:25 Uhr. d. R.
       
       21 Aug 2025
       
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