# taz.de -- Österreich arbeitet NS-Zeit auf: Schluss mit den braunen Geschichten
       
       > Österreich ringt mit der NS-Vergangenheit: In Braunau wird das
       > Hitler-Geburtshaus zur Polizeistation, Städte wollen Straßennamen
       > umbenennen. Reicht das?
       
 (IMG) Bild: Ansichtskarte von Braunau in der NS-Zeit, mit Blick auf die damalige Adolf Hitler-Straße
       
       In der Salzburger Vorstadt 15 wird gehämmert, gebohrt, gebaut. Hinter dem
       Bauzaun verschwinden die Spuren jenes Hauses, das sich so mancher lieber
       auf die andere Seite des Inns wünschen würde – also nach Deutschland.
       [1][Doch Adolf Hitler kam hier zur Welt], 1889, mitten in Braunau. Hier
       verbrachte er auch seine ersten drei Lebensjahre, bevor seine Familie nach
       Passau umzog.
       
       In Hitlers Geburtshaus geschahen zwar keine Verbrechen. Auch spielte es
       keinerlei Rolle im NS-Apparat. Nirgends aber wird [2][der schwierige Umgang
       Österreichs mit seinem nationalsozialistischen Erbe] so deutlich wie hier.
       In einem Land, das sich jahrzehntelang als erstes Opfer Hitlers sah und das
       erst 1991 seine Mitverantwortung am Zweiten Weltkrieg und Holocaust
       eingestanden hat.
       
       Seit den 1990er Jahren ist viel geschehen. Die Aufarbeitung wurde in vielen
       Bereichen, etwa im Schulunterricht, konsequent nachgeholt. Auch über die
       „heiße Kartoffel“ in Braunau gibt es endlich eine Einigung: Nach
       jahrelangen Verzögerungen [3][wird dort kommendes Jahr die lokale
       Polizeiinspektion einziehen]. Dies entschied am Ende nicht das Braunauer
       Rathaus, sondern das Innenministerium in Wien.
       
       Durch diese Nutzung solle ein unmissverständliches Zeichen gesetzt werden,
       dass das Haus einer Erinnerung an den Nationalsozialismus entzogen ist,
       sagte im Jahr 2019 der damalige Innenminister Wolfgang Peschorn bei der
       Bekanntgabe der Entscheidung. Ein Argument, das manche nicht gelten
       lassen, denn Geschichte lässt sich nicht ausradieren. Viele Braunauer
       hätten zudem eine sozial-karitative Nutzung des Hauses bevorzugt.
       
       Doch nicht nur beim Hitler-Geburtshaus, auch bei Braunauer Straßennamen
       gerät etwas in Bewegung. Zwei Straßen stehen zur Umbenennung an: die
       Josef-Reiter-Straße und die Franz-Resl-Straße. Beide Namenspatrone waren
       hochrangige Nationalsozialisten. Der Komponist Reiter war glühender
       Antisemit und SS-Sturmbannführer. Resl wiederum war SA-Obersturmführer und
       Linzer NS-Ratsherr. Er verbreitete in seinen Dialektkolumnen übelste
       antisemitische Propaganda. Dass ihre Namen noch heute Straßen zieren, ist
       nun unhaltbar geworden.
       
       ## Nicht alle stimmten für die Straßenumbenennung
       
       Das hat gedauert. Schon seit Jahren gab es entsprechende Debatten, denn die
       Biografien der beiden Namenspatrone waren bekannt. Erst vor drei Jahren
       schließlich bat Braunaus Bürgermeister Johannes Waidbacher (ÖVP) das
       Landesarchiv Oberösterreich, alle Straßennamen auf NS-Bezüge zu überprüfen.
       
       Es folgte ein weiteres Gutachten, dem der Gemeinderat in einer geheimen
       Abstimmung Anfang Juli mehrheitlich folgte: Von 37 Gemeinderäten stimmten
       28 für die Umbenennung der beiden Straßen. Die restlichen neun stimmten
       dagegen oder enthielten sich. Beim Besuch der taz in Braunau zeigt sich
       Bürgermeister Waidbacher über die breite Mehrheit erleichtert.
       
       Schon vor 25 Jahren hat sich Florian Kotanko, Gymnasiumsdirektor im
       Ruhestand und Vorsitzender des Vereins für Zeitgeschichte in Braunau, für
       eine Debatte über die Straßennamen eingesetzt. Das Vorhaben sei aber an der
       damaligen SPÖ-geführten Stadtregierung gescheitert. „Die Zeit war noch
       nicht reif, das muss man ganz offen sagen“, sagt Kotanko.
       
       Bei den direkt Betroffenen – an die 200 Personen, die in den beiden Straßen
       leben – gab es durchaus Bedenken. Bei einer Anwohnerversammlung äußerten
       vor allem Grenzgänger, die in Deutschland arbeiten, Sorge vor
       bürokratischen Problemen bei Adressänderungen. Manche befürchten, dass
       Pensionszahlungen oder andere wichtige Post an die alte Adresse geschickt
       und dann zurückgesendet werden könnte. Inhaltlich hatte aber, so
       Bürgermeister Waidbacher, niemand ein Problem mit der Umbenennung.
       
       Von der rechtsradikalen Freiheitlichen Partei (FPÖ) kann man das nicht
       behaupten. Ihre Abgeordneten waren es wohl, die im Braunauer Gemeinderat
       gegen die Umbenennung gestimmt haben. Eine taz-Anfrage zu den Gründen dazu
       ließ die Braunauer FPÖ unbeantwortet. In früheren Stellungnahmen berief
       sich Christian Bachinger, Fraktionsobmann der Ortsfraktion, auf vorgebliche
       Interessen der Anwohner und den großen Aufwand, den Adress- und
       Grundbuchänderungen mit sich brächten.
       
       Dabei ist die Parteilinie der FPÖ bei NS-belasteten Straßennamen
       österreichweit konsistent: Widerstand gegen Umbenennungen und stattdessen
       die Forderung nach „Kontextualisierung“ durch Zusatztafeln oder QR-Codes.
       In Linz argumentierte FPÖ-Stadtrat Michael Raml etwa, dass eine Umbenennung
       und die damit verbundene Tilgung der Namensgeber aus dem kollektiven
       Bewusstsein eine Kontextualisierung verunmögliche. Diese Position teilt die
       FPÖ etwa auch in Salzburg und Wels.
       
       Strittig bleibt, wie die Straßen in Braunau künftig heißen sollen.
       Mittlerweile sind mehr als 30 Vorschläge im Rathaus eingegangen. Die
       Braunauerin Lea Olczak, die polnische Zwangsarbeiter unterstützt hat, steht
       ebenso zur Diskussion wie die Widerstandskämpferinnen Maria Stromberger und
       Maria Hafner. Doch auch Namenspaten ohne Bezug zur NS-Zeit wurden
       vorgeschlagen. Die Entscheidung darüber fällt im Herbst.
       
       ## „Man will mit dem NS-Thema nichts mehr zu tun haben“
       
       Ganz ähnliche Debatten gibt es anderthalb Autostunden entfernt, in der
       kleinen Gemeinde Gallneukirchen im Linzer Speckgürtel. Auch hier gibt es
       eine Josef-Reiter Straße, die nun umbenannt werden soll. Anders als in
       Braunau hat der Gemeinderat hier einstimmig dafür gestimmt. Offen bleibt
       aber noch der künftige Name, wie Bürgermeister Sepp Wall-Strasser, ein
       Sozialdemokrat, erzählt.
       
       Am liebsten würde er sie nach Frauen mit Courage aus der Region benennen.
       Etwa nach Hanni Rittenschober, die während des Zweiten Weltkriegs in der
       Nähe der Bergkristall-Stollenanlage gearbeitet und KZ-Häftlingen heimlich
       Essen zukommen ließ. „Eigentlich müssten wir stolz auf Frauen wie sie
       sein“, sagt Wall-Strasser.
       
       Doch die FPÖ habe ihn spüren lassen, dass sie absolut gegen eine solche
       Umbenennung ist, sagt der Bürgermeister. Auch die ÖVP habe Vorbehalte
       geäußert. Ebenso hatten sich die betroffenen Anwohner – es geht um nur
       sieben Häuser – in einem gemeinsamen Brief für einen „neutralen“
       Straßennamen ausgesprochen, „Birkenweg“ oder „Schulweg“ etwa. Wall-Strasser
       ärgert diese Haltung, er sieht einen Vorwand. „Man will mit dem NS-Thema
       nichts mehr zu tun haben.“
       
       Ihm geht es vor all um eines: eine korrekte Haltung zur eigenen Geschichte.
       Die Gemeinde sei doch selbst ein Schauplatz gewesen, von der „Mühlviertler
       Menschenhatz“ im Februar 1945. Als damals rund 500 Inhaftierten im nahen
       [4][KZ Mauthausen] die Flucht gelang, machten die Bewohner der umliegenden
       Dörfer Jagd auf sie. Fast alle der Geflüchteten wurden ermordet. Ein
       Mahnmal in Gallneukirchen erinnert an die rund 20 Personen, die allein hier
       ums Leben kamen.
       
       Die Diskussionen in Braunau und Gallneukirchen könnten der Anfang von etwas
       Größerem sein. Ein neues Gutachten des Linzer Juristen Markus Vašek,
       veröffentlicht im Juni, kommt zu dem Schluss, dass NS-belastete
       Straßennamen verfassungswidrig sind. Es entstand im Auftrag des
       Oberösterreichischen Netzwerks gegen Rassismus und Rechtsextremismus sowie
       des Mauthausen Komitees Österreich (MKÖ). Das Papier stützt sich unter
       anderem auf Artikel 9 des österreichischen Staatsvertrages von 1955, in dem
       Österreich sich verpflichtet hat, alle Spuren des Nazismus zu entfernen.
       Auch der renommierte Verfassungsexperte Heinz Mayer hat sich dem Gutachten
       angeschlossen und die Argumentation für richtig befunden.
       
       Robert Eiter, Netzwerksprecher, MKÖ-Vorstandsmitglied und seit Jahrzehnten
       im Einsatz gegen Rechtsextremismus, will zunächst den Weg der Überzeugung
       gehen. „Alle demokratischen Parteien wissen jetzt, dass es
       verfassungswidrig ist, solche Straßennamen beizubehalten. Das sollte
       eigentlich ausreichen, um aktiv zu werden.“ Das Mauthausen Komitee werde
       versuchen, mit dem Gutachten die Bürgermeister und Bürgermeisterinnen
       betroffener Gemeinden zu Umbenennungen zu bewegen. Der Städtebund hat sich
       bereits gemeldet, sagt Eiter. Vor den Verfassungsgerichtshof ziehen will er
       aber nur als Ultima Ratio.
       
       Mancherorts könnte das aber durchaus notwendig werden. In Wels etwa, wo die
       FPÖ den Bürgermeister stellt, gibt es noch immer drei schwer belastete
       Straßennamen, benannt nach Franz Resl, Richard Kuhn und Karl Heinrich
       Waggerl. Eine Umbenennung kam für die Stadt bisher aber nicht in Frage –
       wegen des „Verwaltungsaufwands“, wie es heißt. Warum genau Bürgermeister
       Andreas Rabl gegen eine Umbenennung ist, beantwortete er auf taz-Anfrage
       nicht.
       
       Wels liegt, wie auch Braunau und Gallneukirchen, in Oberösterreich. Seit
       2015 regiert im Bundesland die FPÖ als Juniorpartner mit. Und immer wieder
       fielen Parteifunktionäre mit einem Näheverhältnis zum Nationalsozialismus
       auf. Kein Wunder, wurde der Parteivorgänger VdU (Verband der Unabhängigen)
       1949 als Auffangbecken für Alt-Nazis gegründet. Entsprechend schwer tun
       sich die Blauen mit der NS-Aufarbeitung. Hinzu kommen zahlreiche
       rechtsextreme „Einzelfälle“ aus den Reihen der FPÖ: Von Parteichef Herbert
       Kickl, der sich im Wahlkampf als „Volkskanzler“ – ein Nazibegriff –
       inszenierte, bis hin zu Kontakten zur rechtsextremen Identitären Bewegung.
       
       Zurück nach Braunau, einen Ort, an dem man bei diesem Thema nicht
       umhinkommt. Immer wieder [5][kommen Gruppen oder Einzelne, die das
       ansonsten unscheinbare Hitler-Geburtshaus, ein Biedermeierbau,
       fotografieren]. Besuche von Neonazis dürften früher ein deutlich größeres
       Problem gewesen sein als heute. Dennoch gibt es immer wieder Menschen, die
       etwa an Hitlers Geburtstag eine Kerze vor dem Haus abstellen.
       
       ## Alles andere als ein braunes Nest
       
       Dabei verfügt die Stadt über eine wache Zivilgesellschaft und ist alles
       andere als ein braunes Nest. Entsprechend kritisch sieht man den
       derzeitigen Umbau des Hitler-Geburtshauses. „Ein Museum über die Zeit des
       Faschismus wäre besser gewesen. Auch für Schulklassen, die derzeit noch
       keine Anlaufstelle im Ort haben“, sagt Barbara Humer, die in unmittelbarer
       Nachbarschaft arbeitet. Auch Peter Kobler, Mitarbeiter eines angrenzenden
       Bekleidungsgeschäfts, sieht es ähnlich. „Man hätte das Haus belassen
       sollen, wie es war.“ Er hätte eine Nutzung durch eine Sozialeinrichtung,
       wie es sie auch jahrelang schon gab, bevorzugt.
       
       Doch die Entscheidung ist gefallen. Der Umbau zur Polizeistation stößt auch
       bei Experten auf Kritik: Symbolisch sei die Nutzung durch die Exekutive
       nicht eben ideal. „Wenn es schon die Polizei sein muss, dann als
       Ausbildungsstätte für soziale Trainings, Antirassismus, Demokratiebildung“,
       sagt Lokalhistoriker Kotanko. „Aber eine solche Nutzung wird laut den
       bekannten Plänen nicht der Fall sein.“ Bürgermeister Waidbacher gibt sich
       diplomatisch, aber auch nicht begeistert von der Polizeilösung.
       
       Der Historiker Bertrand Perz von der Universität Wien hat einen
       pragmatischen Blick darauf. Eine banale Nutzung als Polizeistation sei
       prinzipiell eine gute Idee, um mit der bisherigen Bedeutung zu brechen. Die
       ursprünglich geplante Neutralisierung durch architektonische Veränderungen
       hält er jedoch für verfehlt: „Die Geschichte des Hauses vergessen machen zu
       wollen, ist absurd. Es kann nicht funktionieren.“ Es handle sich ja auch
       nicht um NS-Architektur und keineswegs um ein ikonisches Gebäude.
       
       Einzig der 1989 aufgestellte Mahnstein vor Hitlers Geburtshaus bleibt wie
       er ist. Dafür ging die Braunauer Zivilgesellschaft mehrfach auf die Straße,
       denn auch er hätte nach den ursprünglichen Plänen aus Wien verschwinden
       sollen. Der Stein stammt aus Mauthausen, wo Zwangsarbeiter zur NS-Zeit
       Granit abbauen mussten und dabei tausendfach zugrunde gingen. Die Inschrift
       lautet: „Für Frieden Freiheit und Demokratie – Nie wieder Faschismus –
       Millionen Tote mahnen“.
       
       ## Österreich sah sich lange als Opfer von NS-Deutschland
       
       Die schleppende Aufarbeitung der NS-Vergangenheit in Österreich hat
       tiefliegende Ursachen – etwa, dass die „Entnazifizierung“ nach Kriegsende
       deutlich weniger rigoros umgesetzt wurde als in Deutschland. Dazu kommt der
       im Nachkriegsösterreich tief verankerte Opfermythos, wonach Österreich
       durch den „Anschluss“ an Deutschland im März 1938 zum ersten Opfer Hitlers
       wurde.
       
       Anders als in Deutschland gab es in Österreich auch keine nennenswerte
       1968er-Bewegung – erst in den 1980er Jahren wurde die eigene Geschichte
       hinterfragt. Ein grundsätzliches Problem ist laut Historiker Perz zudem,
       dass Österreich mit der konservativen Volkspartei (ÖVP) eine Großpartei im
       Parlament habe, deren Vorgänger selbst eine Diktatur etabliert hätten: den
       austrofaschistischen Ständestaat von 1933 bis 1938, der nahtlos vom
       Nationalsozialismus abgelöst worden war.
       
       Trotz aller Widerstände ist mittlerweile vieles passiert. „Ich finde, dass
       Österreich relativ schnell aufgeholt hat“, sagt der Historiker Marcus
       Gräser, ursprünglich aus Frankfurt/Main und seit 2011 an der Universität
       Linz. Nachdem man jahrelang zurückhaltend gewesen sei, habe es seit den
       1990er und 2000er Jahren eine ganze Reihe wertvoller Initiativen gegeben.
       Gräser verweist auf die Historikerkommission der 1990er Jahre, die
       systematisch die NS-Politik in Österreich aufgearbeitet habe – das habe es
       in Deutschland in dieser Weise nicht gegeben.
       
       Doch es gibt nach wie vor Probleme, auch institutioneller Art. Robert
       Eiter, Vorstand des Mauthausen Komitees, kritisiert insbesondere den Umgang
       der österreichischen Justiz mit rechtsextremen Straftaten. Diese Delikte
       haben sich von 2005 bis 2024 versiebenfacht, doch es gebe keine wirksamen
       Gegenmaßnahmen. „Die Staatsanwaltschaften stellen Ermittlungsverfahren sehr
       schnell ein, es kommt auch zu haarsträubenden Freisprüchen“, sagt Eiter.
       
       Als Beispiel benennt er einen aktuellen Fall aus Wels, wo ein
       Magistratsmitarbeiter als Adolf Hitler aufgetreten sei und mit seinem
       Dienststellenleiter Neonazi-Grüße gezeigt habe. Die Staatsanwaltschaft Wels
       ließ die Ermittlungen fallen, weil der Hitler-Auftritt „Belustigung“ und
       der Kühnen-Gruß „Satire“ gewesen sei. Ein Skandal, findet Eiter, denn so
       werde der antifaschistische Verfassungsauftrag geradezu verhöhnt.
       
       ## Braucht es neue Museen?
       
       Offene Fragen gibt es auch in Wien. Nach jahrzehntelangen Debatten
       eröffnete 2018 das „Haus der Geschichte Österreich“ in einem Trakt der
       Wiener Hofburg. Zu seinen Schwerpunkten zählen Austrofaschismus und
       Nationalsozialismus, aber auch die Aufarbeitung im Nachkriegsösterreich.
       Das Museum ist sorgfältig kuratiert und deckt eine klaffende Lücke ab.
       Aufgrund fehlenden Platzes und Budgets ist es bis dato aber stark in seiner
       Arbeit eingeschränkt.
       
       Das Haus soll demnächst vom Heldenplatz ins nahegelegene Museumsquartier
       umziehen – eine Entscheidung, die unter Historikern umstritten ist.
       Historiker Perz kritisiert dieses „kleinliche Herumgeschiebe“ und hätte
       sich einen eigenständigen Symbolbau gewünscht. Gräser befürchtet, dass das
       Museum im Museumsquartier „versteckt“ werde. Nicht wenige fordern, ein
       solches Museum müsse am Heldenplatz bleiben – jenem Ort, an dem Hitler nach
       dem „Anschluss“ von Hunderttausenden euphorisch empfangen wurde.
       
       Immer wieder gibt es auch Überlegungen für ein eigenes Holocaustmuseum,
       etwa auch im aktuellen Koalitionsvertrag der schwarz-rot-liberalen
       Bundesregierung. Sowohl Perz als auch Gräser haben nichts gegen neue
       Museen. Sie plädieren aber dafür, lieber bestehende Institutionen zu
       stärken und abzusichern, als neue „Luftschlösser“ zu bauen – gerade in
       Zeiten klammer Budgets.
       
       Dennoch gibt es ein dezidiertes Holocaustmuseum in Österreich nicht. Die
       Erinnerungslandschaft fokussiert stark auf Mauthausen, dem größten
       österreichischen Konzentrationslager mit Dutzenden Nebenlagern. Dass nun
       auch das [6][KZ Gusen] zur Gedenkstätte ausgebaut wird, liegt allein an
       Druck von außen. Die polnische Regierung hatte gedroht, das Gelände zu
       kaufen, falls sich Österreich nicht um ein würdiges Gedenken kümmert. Erst
       daraufhin kam Bewegung in die Sache. Dieses reaktive Vorgehen ist in
       vielerlei Hinsicht symptomatisch für Österreichs Aufarbeitung.
       
       In Gallneukirchen zieht nun Bürgermeister Sepp Wall-Strasser eine
       Online-Abstimmung in Erwägung, um ein Stimmungsbild zu bekommen, wie die
       bald umbenannten Straßen heißen sollen. Auch in Braunau wird im Herbst über
       die neuen Straßennamen entschieden. Die Entscheidungen in diesen Gemeinden
       könnten Signalwirkung für ganz Österreich haben – und zeigen, ob
       Erinnerungskultur oder Geschichtsvergessenheit obsiegt.
       
       5 Aug 2025
       
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