# taz.de -- Bremens CSD lädt die FDP aus: Ein Fest für Toleranz muss seine Feinde nicht begrüßen
       
       > Bremens FDP fühlt sich diskriminiert, weil sie nicht mit einem eigenen
       > Truck am CSD teilnehmen darf. Der Grund ist aber ihre eigene
       > Verbotspolitik.
       
 (IMG) Bild: Und die FDP ist auch nicht willkommen
       
       Alle, wirklich alle dürfen mitlaufen bei der großen Bremer
       [1][Christopher-Street-Day-Demo] am 23. August. Alle, sogar die FDP:
       [2][Das deutsche Versammlungsrecht] lässt den Anmelder*innen – hier dem
       [3][CSD-Verein] – da wenig Spielraum. Sie müssen Teilnehmer*innen mit
       abweichenden, ja sogar gegensätzlichen Meinungen tolerieren. An einer
       Kundgebung gegen Mietwucher dürfte auch der komplette Vonovia-Vorstand
       teilnehmen. Er tut es bloß in der Regel nicht.
       
       Die Bremer FDP will aber partout zum CSD. Also soll sie auch. Anders als
       die örtliche CDU darf sie sich aber nicht mit einem eigenen Truck
       einreihen. Das zuzulassen oder eben nicht, gehört zu den Pflichten der
       Organisator*innen. Die Absage hatte das Team nach langer interner Beratung
       beschlossen, auch nach Gesprächen mit den Betroffenen, die fruchtlos
       blieben.
       
       ## Die FDP will Aufmerksamkeit
       
       Was zu erwarten war. Denn die FDP ist vor allem an einem interessiert: mal
       wieder medial stattzufinden. Da kam ihr der Ausschluss gerade recht, dank
       seiner konnte sich der Vorsitzende der örtlichen Fraktion instamäßig in
       bester AfD-Manier als Opfer inszenieren. Folge: Sein Name tauchte endlich
       mal im Nachrichtenkanal der Deutschen Presse-Agentur auf und wurde von dort
       auf die Sites von Spiegel, Süddeutscher und Tagesspiegel gespült.
       
       Die Bild delirierte gar wahrheitswidrig von einem „strikten CSD-Verbot“ für
       die Angehörigen der FD-Partei und ließ den erwähnten Vorsitzenden
       ausführlich über fehlende Toleranz jammern. Dabei wird er sonst selbst in
       Bremen immer vergessen, obwohl die FDP lokal doch so viel irrelevanter
       nicht ist als das [4][Wasser, das aus einer Regentonne in Spaichingen,
       Baden-Württemberg, geklaut wurde], das war aber auch 15 Cent wert.
       
       Anlass für die Truck-Absage war, dass die FDP in der Bürgerschaft ein Jahr
       zuvor – aber damals wollte sie halt noch nicht zum CSD – [5][ein
       Gender-Verbot beantragt] hatte: Sie forderte den rot-grün-roten Senat auf,
       „die Nutzung von Sonderzeichen als Wortbestandteil in [6][der offiziellen
       Kommunikation] sowie in der Schule zu unterbinden“, statt sie, wie bisher,
       liberal [7][zuzulassen].
       
       Hatte sie im Antrag selbst noch gesäuselt, ihr liege die „respektvolle
       Kommunikation mit allen Menschen, gleich welcher geschlechtlichen
       Identität“, am Herzen, verfiel die FDP in der Pressemitteilung ins
       Populistische: „Kein Gender-Unsinn mehr in Schulen und im öffentlichen
       Dienst“, blökte es da, und, lexikalisch stümperhaft: „die deutsche Sprache
       wird so [8][verunglimpft]“, ach!, wenn die Sprachkritiker*innen
       wenigstens die Bedeutung der Wörter kennten, die sie missbrauchen!
       Jedenfalls sei das Gendern grüne Ideologie. Und im Zweifel müsse halt „die
       Verwendung des weiblichen und des männlichen Begriffs“ reichen. Nichts
       dazwischen.
       
       ## Rechtsextreme Methodik
       
       Und nichts außerhalb: Diese [9][sonst] vor allem von rechten und
       [10][rechtsextremen] Parteien herbeigesehnte [11][verpflichtende]
       amtssprachliche Unsichtbarmachung nonbinärer Personen [12][haben] diverse
       [13][Obergerichte] als unvereinbar mit dem Gleichbehandlungsgesetz erkannt.
       Folgt man der Darstellung der Antidiskriminierungsbeauftragten des Bundes,
       muss das, was die FDP in Bremen angezettelt hat, als Kampf gegen queere
       Menschen gelten, gegen [14][ihr Grundrecht auf Nichtdiskrimierung und gegen
       ihren personalen Achtungsanspruch].
       
       Also gegen alles, wofür der CSD in Bremen steht – und demonstrieren will:
       „Unsere Rechte werden in Frage gestellt und unsere Sichtbarkeit wird
       angegriffen“, [15][erinnert die Homepage] an die verschärften Bedingungen,
       [16][unter denen sich das Team bemüht], eine Feier der Vielfalt zu
       gestalten. Niemand muss [17][Herbert Marcuse gelesen haben], um zu
       kapieren: Die Angreifer extra einzuladen, das wäre falsche Toleranz.
       
       14 Aug 2025
       
       ## LINKS
       
 (DIR) [1] /Christopher-Street-Day/!t5034790
 (DIR) [2] https://www.bmi.bund.de/DE/themen/verfassung/staatliche-ordnung/versammlungsrecht/versammlungsrecht-node.html
 (DIR) [3] /Polizei-demonstriert-gegen-Polizeiwillkuer/!5435625
 (DIR) [4] https://www.tagesschau.de/inland/regional/badenwuerttemberg/swr-spaichingen-polizei-ermittelt-wegen-diebstahls-von-40-liter-regenwasser-100.html
 (DIR) [5] https://www.bremische-buergerschaft.de/drs_abo/2024-07-22_Drs-21-659_b7f5d.pdf
 (DIR) [6] /Wolfram-Weimers-Gender-Verbot/!6101942
 (DIR) [7] https://www.staatsanzeiger.de/debatten-im-landtag/gender-zwang-kein-einziger-fall-bekannt/
 (DIR) [8] https://www.dwds.de/wb/verunglimpfen
 (DIR) [9] https://www.maz-online.de/brandenburg/brandenburgs-afd-startet-volksinitiative-fuer-ein-gender-verbot-in-behoerden-und-schulen-C32AER73M5CSLM6FFUFZPGCCPA.html
 (DIR) [10] https://katapult-mv.de/artikel/cdu-bringt-genderverbot-mit-afd-unterstuetzung-durch/
 (DIR) [11] https://www.bundesverfassungsgericht.de/SharedDocs/Entscheidungen/DE/2017/10/rs20171010_1bvr201916.html
 (DIR) [12] https://openjur.de/u/2434757.html
 (DIR) [13] https://openjur.de/u/2385124.html
 (DIR) [14] https://www.antidiskriminierungsstelle.de/SharedDocs/downloads/DE/publikationen/Standpunkte/05_genderverbot.pdf?__blob=publicationFile&v=5
 (DIR) [15] https://www.csd-bremen.org/
 (DIR) [16] /Massnahmen-gegen-Queerfeindlichkeit-/!6095777
 (DIR) [17] https://www.marcuse.org/herbert/pubs/60spubs/65reprtoleranzdt.htm
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Benno Schirrmeister
       
       ## TAGS
       
 (DIR) wochentaz
 (DIR) Schwerpunkt Stadtland
 (DIR) Bremen
 (DIR) Christopher Street Day
 (DIR) Liberalismus
 (DIR) Gender
 (DIR) FDP
 (DIR) Toleranz
 (DIR) Populismus
 (DIR) Schwerpunkt LGBTQIA
 (DIR) Schwerpunkt Neonazis
 (DIR) Christopher Street Day
 (DIR) Pride Parade
       
       ## ARTIKEL ZUM THEMA
       
 (DIR) Nicht-binärer Geschlechtseintrag: Zweitpass gegen Diskriminierung auf Reisen
       
       Für nicht-binäre Menschen kann der geschlechtsneutrale Eintrag im Pass zur
       Gefahr werden. Deutsche Behörden stellen daher vereinzelt Zweitpässe aus.
       
 (DIR) Rückreise vom CSD Bautzen: Polizei will nicht vor Nazis schützen
       
       Berliner Rechtsextreme bedrohten auf der Rückreise vom CSD eine Vielzahl
       von Menschen. Der Polizei war das an vielen Stellen kein Eingreifen wert.
       
 (DIR) Christopher Street Day: 260.000 Menschen feiern bei CSD in Hamburg
       
       Die große CSD-Demo in Hamburg hat am Wochenende so viele Menschen erreicht
       wie nie zuvor. Die bunte Parade musste diesmal eine andere Route nehmen.
       
 (DIR) Rekorde bei CSD: Raus aus der Blase, rauf auf die Straße
       
       Queer sein ist politisch. In Zeiten des Rechtsrucks werden CSDs zu
       wichtigen Zeichen für die Demokratie. Das verstehen auch nicht-queere
       Personen.