# taz.de -- Bezahlkarte soll ausgeweitet werden: Erst Geflüchtete, dann Deutsche
       
       > Künftig sollen in Hamburg auch Jugendliche, die Sozialleistungen
       > erhalten, Geld nur noch über die Karte bekommen. Das schafft Raum für
       > Schikanen.
       
 (IMG) Bild: Eigenes Geld: hat schon was
       
       Bezahlkarte statt Bargeld: Dass diese Maßnahme bei Geflüchteten auch
       repressiv wirkt und wirken soll, ist nicht einfach ein Vorwurf von
       Asylverbänden, sondern [1][erklärte Politik]. 2023 hatten die Länder sich
       auf die Einführung geeinigt, neben Entbürokratisierung war immer eines der
       Ziele: Geflüchtete abschrecken.
       
       In den meisten Bundesländern bekommen
       Asylbewerberleistungsempfänger*innen ihr Geld seit einigen
       Monaten auf eine extrem beschränkte Visakarte. Geld ins Ausland überweisen:
       Nicht möglich. Onlinekäufe und Überweisungen: hängt am Gutdünken der
       Landesregierungen. Und Bargeld abheben: nur stark begrenzt, die meisten
       Länder erlauben 50 Euro im Monat. Flohmärkte, Charity-Shops, kleine
       Gemüseläden – viel bleibt dafür nicht.
       
       Umso erschreckender wirkte dieser Tage eine Meldung, dass Hamburg [2][die
       Bezahlkarte auf weitere Personengruppen ausweiten] will. Das Ding heißt in
       Hamburg Social Card, die Möglichkeit war von Anfang an mitgedacht. Neu ist,
       das hat eine Kleine Anfrage der Linken gerade ergeben, dass die
       Landesregierung bereits in einem „Vorprojekt“ die Nutzung prüft.
       
       Was da passiert, bleibt schwammig. Offenbar geht es um Geld für betreute
       Jugendliche; nicht sie selbst, sondern ihre Betreuer*innen bekommen die
       Karten: „Die Sozialarbeitenden können nun direkt vor der Taschengeldausgabe
       in einer Wohngruppe Bargeld an einem Automaten abholen“, heißt es. Haben
       sie sich dafür etwa bisher gemeinsam mit den Asyl- und
       Sozialleistungsbeziehenden ohne Konto bei den Ausgabestellen der
       Sozialämter anstellen müssen?
       
       ## Akt der Erleichterung
       
       Die Hamburger Sozialbehörde feiert die Erweiterung auf neue Zielgruppen als
       einen Akt der Erleichterung. Schließlich ist die reine Bargeldauszahlung
       für Menschen ohne Konto aufwendig. „Grundsätzlich“, so schreibt die
       Finanzbehörde, gehe es nicht um Beschränkungen, sondern um ein „Mehr an
       Ermöglichung“. „Grundsätzlich“ ermögliche die Karte „das gleiche
       Leistungsspektrum wie eine guthabenbasierte Debitkarte“.
       
       „Grundsätzlich“ lässt sich als Wort in zwei Richtungen lesen: Erstens als
       Regel ohne Ausnahme, zweitens als Regel mit Ausnahmen. Es wird gerne
       verwandt von Behörden, die sich nicht ganz festlegen wollen. „Was harmlos
       mit der Abschaffung von Bargeldauszahlungen beginnt, schafft die
       Möglichkeit für Einschränkungen der Geldnutzung wie bei Geflüchteten“,
       warnt die fluchtpolitische Sprecherin der Hamburger Linken-Fraktion.
       
       Ihr Argument: Auch für Geflüchtete ist es ja gesetzlich nicht verboten,
       Geld ins Ausland zu überweisen; es wird durch die Karte nur unmöglich
       gemacht. Statt mühsam Gesetze zum Sozialabbau durch die Parlamente zu
       bringen, könnten mit der Social Card Einschränkungen für
       Sozialleistungsbezieher*innen einfach durchgedrückt werden.
       
       Die Sorge ist in dieser Form wohl übertrieben, sagt Karl-Jürgen Bieback,
       emeritierter Professor für Sozialrecht der Uni Hamburg. Im
       Asylbewerberleistungsgesetz ist die Möglichkeit verankert, dass nur
       Sachleistungen ausgezahlt werden. Bei Sozialleistungen geht das nicht.
       
       ## Karten sind stigmatisierend
       
       Kein Problem also mit der Social Card? Eine praktische Lösung sogar für
       alle ohne Konto? Rechtsexperte Bieback sieht die Karten trotzdem kritisch,
       schon weil sie stigmatisierend seien. Und: weil sie die echte
       Herausforderung nicht lösen.
       
       Wer einen Hammer hat, sieht in jedem Problem einen Nagel. Und wer als
       Behörde eine tolle „Social Card“ aushändigen kann, der glaubt vielleicht,
       ein anderes Problem damit gar nicht mehr angehen zu müssen: kostenlose
       Kontos für alle.
       
       24 Jul 2025
       
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