# taz.de -- Konkurrenz unter Leihfahrrädern: Piep, piep, piep, wir haben alle den Wettbewerb lieb
       
       > Das Leihradunternehmen Lime schreibt saftige schwarze Zahlen, Konkurrenz
       > gibt es kaum. Doch es gibt es gute Gründe, mehr Anbieter zu haben.
       
 (IMG) Bild: Limetten, Tiere, Chaos? Mehr Leihradanbieter bringen auch Vorteile mit sich
       
       Es zwitschert in Berlin. Den Soundtrack des Sommers liefert weder die Amsel
       noch die Blaumeise, sondern die blecherne Warnanlage der [1][weiß-grünen
       Lime-Leihfahrräder]. Das penetrante Piepen fräst sich direkt ins Gehirn,
       während Jugendliche an einem vorbeidüsen. Seit einigen Wochen geben sich
       User*innen auf Tiktok Tipps, wie man Lime-Räder nutzen kann, ohne zu
       zahlen. Wer Kids beobachtet, wie sie Fahrräder anheben und aufs Hinterrad
       fallen lassen: Da wird gerade eine Radsperre zerstört.
       
       Die Entdeckung ist an sich nicht neu, schon vor zwei Jahren unterhielten
       sich User*innen auf Reddit, wie Lime-Räder in London gehackt werden. Das
       Piepen nervt, der Trend stachelt zu Diebstahl und Sachbeschädigung an.
       Alles ganz schön uncool.
       
       Wie stark der Trend dem Unternehmen schadet, ist unklar, Lime hat den
       größten E-Scooter-Marktanteil in Europa und den Vereinigten Staaten. 2023
       fuhren 150 Millionen Mal ein gestresster Politiker (Armin Laschet, es
       geht um dich) oder zwei gefährlich wankende Jugendliche auf einem E-Scooter
       oder einem Rad des Unternehmens durch die Innenstädte dieser Welt. Lime
       machte 558 Millionen Euro Umsatz. Und das ist auch der Grund, warum die
       piepsenden Räder durch die Innenstädte düsen: Es gibt kaum mehr andere
       Anbieter.
       
       Gut so? Oder sollte der Staat stärker eingreifen, damit wir bald wieder
       mehr Tiers, Bolts, Voi E, bitte überfahr mich nicht, siehst du nicht, dass
       ich nicht ausweichen kann, [2][auf den Straßen rumrollen haben?] Auch neben
       dem persönlichen Wohlbefinden gibt es gute Gründe, mehr Anbieter auf den
       Straßen zu haben. Auch wenn die E-Scooter-Hate-Gang an dieser Stelle
       widersprechen würde.
       
       Denn mehr Marktteilnehmer [3][führen zu Wettbewerb]. Gibt es mehr Anbieter,
       müssen sie sich um ihre Kundschaft bemühen: mit besseren Preisen, Produkten
       und Ideen. Wenn die Konkurrenz aber abnimmt, wird’s kritisch. Dann steigen
       die Preise, die Qualität sinkt, und der Fortschritt bleibt stehen.
       
       ## Der Staat regelt
       
       Genau deshalb passt der Staat auf. Das Bundeskartellamt prüft, ob Firmen zu
       viel Macht anhäufen. Etwa durch Fusionen, Preisabsprachen oder schlicht
       Marktverdrängung. Die Idee kommt von der Freiburger Schule, den
       Erfinder*innen des Ordoliberalismus. Er bildet die Grundlage für eine
       soziale Marktwirtschaft.
       
       Der Staat soll nicht selbst eingreifen, aber für faire Spielregeln sorgen.
       Der Ökonom Joseph Schumpeter nannte das mal „schöpferische Zerstörung“,
       wenn neue Ideen veraltete Strukturen ersetzen. Warum das wichtig ist? Zum
       Beispiel bei der Produktion und beim Verkauf von Medikamenten – wenn nur
       ein Hersteller eine lebenswichtige Pille produziert, kann sie teuer oder
       plötzlich knapp werden. Oder bei digitalen Plattformen – Google dominiert
       die Suche, Amazon den Handel, Alternativen gibt’s, aber niemand nutzt sie,
       weil der Vorsprung zu groß ist. So entsteht Marktmacht, die kaum noch zu
       brechen ist.
       
       Aber Wettbewerb ist nicht überall gut. Im Gesundheitswesen kann zum
       Beispiel zu viel Konkurrenz gefährlich werden. Wenn Kliniken wie Start-ups
       kalkulieren müssen, wird am Personal gespart. Und bei Bahn, Post oder
       Stromnetz bringen mehr Anbieter wenig, wenn die Schienen, Kabel oder
       Briefkästen trotzdem allen gehören. Da braucht es klügere Regulierung als
       möglichst viele Anbieter.
       
       Daher ist Wettbewerb natürlich nicht das Allheilmittel. Aber manchmal, wenn
       es unaufhörlich piept, merkt man erst, wie laut eine Welt mit Monopolen
       sein könnte.
       
       27 Jul 2025
       
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