# taz.de -- Petition für Schwangerschaftsabbrüche: Christdemokrat appelliert an CDU
       
       > Gynäkologe Joachim Volz fordert eine sachliche Debatte über
       > Schwangerschaftsabbrüche. Er ist geschockt über die Hetzkampagne gegen
       > Brosius-Gersdorf.
       
 (IMG) Bild: Nach Paragraf 218 (StGB) sind Schwangerschaftsabbrüche in Deutschland grundsätzlich verboten, bleiben aber in Ausnahmen straffrei
       
       Berlin taz | Joachim Volz ist ein Konservativer und Mitglied in der CDU.
       Träfe er seinen Parteifreund Friedrich Merz, dann würde er ihn duzen, so
       erzählt er es der taz. Doch Volz ist auch Gynäkologe, Chefarzt an einer
       Klinik in Lippstadt und [1][befürwortet eine Legalisierung von
       Schwangerschaftsabbrüchen.]
       
       Ein Thema, welches in der Debatte um die nominierte Verfassungsrichterin
       Frauke Brosius-Gersdorf enorm an Aufmerksamkeit gewonnen hat. Nach einer
       massiven Kampagne von Abtreibungsgegnern wurde die Wahl aller drei
       Verfassungsrichter:innen vor einer Woche von der Tagesordnung des
       Bundestags gestrichen. Zu viele Abgeordnete der [2][Union hatten Bedenken
       wegen Brosius-Gersdorfs] liberaler Position zum Schwangerschaftsabbruch.
       
       Am Montag darauf startete Volz seine Petition unter der Überschrift: „Ich
       bin Arzt & meine Hilfe ist keine Sünde: Stoppt die Kriminalisierung von
       Schwangerschaftsabbrüchen!“ Innerhalb weniger Tage [3][unterschrieben
       117.000 Menschen]. Volz’ Botschaft an den Bundeskanzler: „Es würde der CDU
       sehr guttun, wenn sie diese Abhängigkeit von Abtreibungsgegnern losbekommen
       würde.“
       
       Er sei geschockt von der „rechten Hetzkampagne“ gegen Brosius-Gersdorf,
       sagt Volz. Er empfinde sie als „hochintegere Frau, die ganz gute logische,
       auch für einen Gynäkologen nachvollziehbare Argumente für ihre Einstellung
       hat, die sich auch großteils mit meinen Vorstellungen decken“. Und er
       betont: „Ihre Ideen sind null radikal oder links.“
       
       ## Große Mehrheit für liberales Abtreibungsrecht
       
       Entgegen der polarisierten Debatte ist die Mehrheit der Deutschen für ein
       liberaleres Abtreibungsrecht. Laut einer [4][repräsentativen Befragung] für
       das Familienministerium (2024) halten es 80 Prozent für falsch, dass ein
       Schwangerschaftsabbruch rechtswidrig ist. Ebenfalls 80 Prozent finden
       sogar, dass das Recht darauf in die Verfassung aufgenommen werden sollte.
       Knapp 78 Prozent der Befragten befürworten die deutschlandweite
       Ermöglichung eines Abbruchs in Wohnortnähe und 83 Prozent finden, dass die
       Debatten über Schwangerschaftsabbrüche sachlich und mit wissenschaftlichen
       Fakten diskutiert werden sollen.
       
       Dass die Debatte nicht entlang von Fakten, sondern häufig auf Basis von
       Emotionen und Moral geführt wird, war für Volz ein Grund seine Petition zu
       starten. Er hat viele Jahre in der Frauenklinik in Lippstadt
       Schwangerschaftsabbrüche vorgenommen, bis im Februar dieses Jahres ein
       katholischer Träger das Krankenhaus übernahm. Seitdem verbieten die neuen
       Träger jedwede Art von Schwangerschaftsabbrüchen, selbst wenn die physische
       oder seelische Gesundheit der Mutter gefährdet ist.
       
       „Das widerspricht meinem ärztlichen Verständnis, wie ich mit meinem
       Patienten umzugehen habe“, sagt Volz. Dennoch hat er lange überlegt, ob er
       diese Petition starten soll. Das sei „kein scharfes Schwert“ und könne nur
       wenig verändern. Er glaubt aber, dass allein die Aufmerksamkeit wichtig
       sei.
       
       „Dass die katholische Kirche in einen wesentlichen Bereich meines Faches
       ohne fachliche Kompetenz reinregieren möchte, das geht nicht.“ Auch weil
       die Konsequenzen für seine Patientinnen, die oft mit tödlichen, fetalen
       Erkrankungen zu ihm kommen, verheerend sein können. Er sei daher zum
       Schluss gekommen, dass Ärzte für ihre Patienten aufstehen müssen.
       
       Volz geht aber auch den juristischen Weg und klagt gegen das Verbot von
       Abbrüchen an seiner Klinik. Bislang ohne Erfolg. Er sei aber bereit, bis
       vor den Europäischen Gerichtshof zu ziehen, sagt Volz. Spätestens vor
       dieser Instanz rechne er mit guten Chancen zu gewinnen.
       
       17 Jul 2025
       
       ## LINKS
       
 (DIR) [1] /Verbot-von-Schwangerschaftsabbruechen/!6091881
 (DIR) [2] /Richterin-Frauke-Brosius-Gersdorf/!6100622
 (DIR) [3] https://innn.it/keinmord
 (DIR) [4] https://www.bmfsfj.de/resource/blob/246478/9b685f150c5734ef76efa909234f9285/umfrage-reproduktive-selbstbestimmung-data.pdf
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Marc Tawadrous
       
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