# taz.de -- Kiesewetter fliegt aus Kontrollgremium: Abgestraft für eine klare Haltung?
       
       > Das Kontrollgremium der Geheimdienste wird neu gewählt. Nicht mehr dabei:
       > CDU-Mann Roderich Kiesewetter. Er hatte sich wiederholt gegen Merz
       > positioniert.
       
 (IMG) Bild: Friedrich Merz selbst soll dafür gesorgt haben, dass Roderich Kiesewetter künftig nicht mehr im Kontrollgremium sitzt
       
       BERLIN taz | Seit viereinhalb Jahren saß Roderich Kiesewetter im
       Parlamentarischen Kontrollgremium (PKGr) im Bundestag, das hinter
       verschlossenen Türen die Arbeit der Geheimdienste kontrolliert. Zuletzt war
       der CDU-Abgeordnete dort stellvertretender Vorsitzender. Und Kiesewetter
       sparte in der Zeit nicht an deutlichen Worten: Er warnte [1][vor
       kriegerischen Absichten Russlands], vor [2][Angriffen auf die Kritische
       Infrastruktur], vor [3][der rechtsextremen AfD] oder vor einer
       Moskau-Zugeneigtheit des BSW.
       
       Mit der neuen Legislaturperiode aber ist damit Schluss: Kiesewetter soll
       künftig nicht mehr dem Kontrollgremium angehören. Das bestätigten
       Unionsfraktionskreise der taz. Ein Unions-Abgeordneter sagte der taz, die
       Entscheidung sei seines Wissens nach von Bundeskanzler Friedrich Merz
       persönlich verfügt worden. Einen solchen Eingriff der Exekutive in
       parlamentarische Angelegenheiten habe es seit vielen Jahren nicht gegeben.
       
       Kiesewetter selbst hatte zuletzt signalisiert, dass er gerne erneut ins
       Kontrollgremium gehen würde. Zur Entscheidung, dass es nun nicht so kommt,
       sagte der 61-Jährige auf taz-Anfrage nur: „Das ist der Preis, wenn man eine
       Haltung hat.“
       
       Haltung und einen eigenen Kopf auch jenseits der Fraktionsdisziplin hat
       Kiesewetter in den vergangenen Jahren tatsächlich immer wieder bewiesen. So
       war er vor der Bundestagswahl einer von wenigen aus der Unionsfraktion,
       [4][die nicht mit der AfD für einen Unions-Antrag zur Verschärfung der
       Migrationspolitik stimmten]. Ebenfalls als einer von wenigen aus seiner
       Fraktion hat sich Kieswetter für die Prüfung eines AfD-Verbotsverfahrens
       ausgesprochen. Auch steht er sehr konsequent für eine Unterstützung der
       Ukraine, auch mit Waffenlieferungen wie dem Taurus, über den Merz
       inzwischen nicht mehr gerne spricht.
       
       ## SPD reagiert verwundert
       
       Statt ins Kontrollgremium zu gehen, soll Kiesewetter nun Obmann der Union
       im Auswärtigen Ausschuss im Bundestag werden. Neuer Vorsitzender des PKGr
       soll sein Parteikollege Marc Henrichmann werden, [5][der seit einem Jahr im
       Gremium sitzt]. Neu für die Union ins Gremium gehen soll der Innenpolitiker
       Alexander Throm. Zuerst hatte der Stern darüber berichtet.
       
       In der SPD-Fraktion wurde verwundert auf den Schritt der Union reagiert.
       „Ich habe mit Roderich Kiesewetter immer gut und vertrauensvoll
       zusammengearbeitet“, sagte der SPD-Abgeordnete Dirk Wiese der taz.
       „Letztlich ist das aber eine Personalentscheidung der Union.“
       
       Den Vorsitz des PKGr hatte zuletzt der Grüne Konstantin von Notz inne.
       Seine Fraktion hat die Nominierung fürs Gremium noch nicht vorgenommen. Es
       läuft aber wieder auf von Notz hinaus – der künftig wieder einfaches
       Mitglied wäre. Auch die SPD hat ihre Kandidierenden noch nicht nominiert.
       Zuletzt saßen für die Partei neben Wiese noch Marja-Liisa Völlers,
       Sebastian Hartmann und Ralf Stegner im Gremium. Gewählt werden sollen die
       PKGr-Mitglieder kommende Woche im Bundestagsplenum.
       
       ## Für die Linke will Heidi Reichinnek ins Gremium
       
       Neu ins Gremium will die Linken-Fraktionschefin Heidi Reichinnek. [6][Die
       Linke hatte dort zuletzt ihren Sitz verloren], nachdem sie nach dem Abgang
       des Wagenknecht-Lagers ihren Fraktionsstatus einbüßte. Nun gibt es den
       Fraktionsstatus wieder. Reichinneks Wahl aber ist ungewiss, denn in der
       Union sehen sie viele wegen ihrer harten Kritik an der Bundesregierung und
       am Kapitalismus skeptisch. Sie sei aber „sehr zuversichtlich“, dass sie
       gewählt werde, sagte Reichinnek der taz. „Ich habe immer meine
       Gesprächsbereitschaft gegenüber allen demokratischen Fraktionen betont. Und
       ich denke spätestens am Tag der Kanzlerwahl ist auch der Union klar
       geworden, dass eine vertrauensvolle Zusammenarbeit mit mir problemlos
       möglich ist.“ Sie werde „kritisch und konstruktiv“ im Gremium mitarbeiten,
       um die demokratische Kontrolle der Geheimdienste zu sichern.
       
       Sehr sicher wieder nicht dabei sein wird die AfD. Schon zuletzt hatten ihre
       Kandidierenden fürs Gremium keine Mehrheit erhalten. Nun haben alle anderen
       Fraktionen erneut signalisiert, keinen Vertreter der inzwischen bundesweit
       als rechtsextrem eingestuften Partei in das Gremium zu wählen, das auch den
       Verfassungsschutz kontrolliert.
       
       Für Diskussion sorgt noch, dass das Gremium von 13 auf 9 Mitglieder
       verkleinert werden soll. Für Grüne und Linke bliebe dann nur noch ein Sitz,
       für die AfD zwei. Würden Linke und AfD erneut nicht gewählt, wäre der
       Grünen-Vertreter der einzige Oppositionelle im Gremium. Von Notz bezeichnet
       das „als eher schwierige Konstellation“. „Das würde außerdem eine sehr hohe
       Anwesenheitsdisziplin aller Beteiligten in den viele Stunden langen
       Sitzungen bedeuten, umso mehr angesichts der angespannten Sicherheitslage.
       Wir werden hier nochmal ins Gespräch gehen.“
       
       4 Jun 2025
       
       ## LINKS
       
 (DIR) [1] /Roderich-Kiesewetter-ueber-Ukrainekrieg/!6022054
 (DIR) [2] /Russischer-Einfluss-auf-Anschlaege-Der-Verdacht-ist-plausibel/!6081430
 (DIR) [3] /Die-CDU-und-die-AfD/!6079392
 (DIR) [4] /Die-CDU-und-die-AfD/!6079392
 (DIR) [5] /Bundestagsaufsicht-ueber-Geheimdienste/!5994010
 (DIR) [6] /Bundestagsaufsicht-ueber-Geheimdienste/!5994010
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Sabine am Orde
 (DIR) Konrad Litschko
       
       ## TAGS
       
 (DIR) Parlamentarisches Kontrollgremium
 (DIR) Konstantin von Notz
 (DIR) CDU/CSU
 (DIR) Friedrich Merz
 (DIR) Social-Auswahl
 (DIR) Die Linke
 (DIR) Parlamentarisches Kontrollgremium
 (DIR) Geheimdienst
 (DIR) Geheimdienst
 (DIR) St. Petersburg
 (DIR) Friedrich Merz
 (DIR) Sabotage
       
       ## ARTIKEL ZUM THEMA
       
 (DIR) Grüner von Notz kritisiert Union: „Das ist ein politischer Fehler und eine Dummheit“
       
       Wer kontrolliert die Geheimdienste? Die Union lehnte die Linken-Kandidatin
       Clara Bünger ab. Der Grüne Konstantin von Notz hält das für einen Fehler.
       
 (DIR) Geheimdienst-Gremium ohne Linke und AfD: Heidi Reichinnek fällt durch
       
       Nur ein Kandidat der Opposition wurde ins Gremium zur
       Geheimdienst-Kontrolle gewählt: der Grüne Konstantin von Notz. Die Linke
       droht mit Konsequenzen.
       
 (DIR) Parlamentarisches Kontrollgremium: Zu geheim für Stegner und Reichinnek
       
       Russland-Manifest-Unterzeichner Stegner (SPD) wird kein Mitglied der
       Kontrollkommission mehr sein. Linke-Fraktionschefin Reichinnek könnte bei
       der Wahl durchfallen.
       
 (DIR) Nach Russland-„Manifest“: Ralf Stegner soll Parlamentarisches Kontrollgremium verlassen
       
       Er unterzeichnete das Abrüstungs-Manifest und traf sich mit Vertretern
       Russlands. Nun soll der SPD-Politiker das Kontrollgremium der Geheimdienste
       verlassen.
       
 (DIR) Petersburger Dialog im Geheimen: Stegner verteidigt Gesprächskontakte nach Russland
       
       Der SPD-Abgeordnete Ralf Stegner traf mit ehemaligen SPD- und
       CDU-Politikern in Baku russische Vertreter. Dafür erntet er nun scharfe
       Kritik.
       
 (DIR) Umgang mit der AfD: Merz und die lästige Frage
       
       Nach der Einstufung der AfD als gesichert rechtsextrem flammt die Debatte
       um ein Verbot wieder auf. Wie verhält sich der künftige Kanzler Merz dazu?
       
 (DIR) Anschläge vor Bundestagswahl: „Der Verdacht ist plausibel“
       
       Sicherheitsbehörden prüfen, ob Russland mit den Anschlägen vor der
       Bundestagswahl zu tun hatte. Abgeordnete fordern mehr Gegenwehr der
       Neuregierung.