# taz.de -- Dauergezerre um Bürohochhäuser: Der Senat übernimmt am Gleisdreieck
       
       > Der Bezirk Friedrichshain-Kreuzberg hat nach einem Beschluss der
       > Landesregierung beim Projekt „Urbane Mitte“ nun gar nichts mehr zu sagen.
       
 (IMG) Bild: So könnte es am Gleisdreieckpark einer Simulation zufolge einmal aussehen
       
       Berlin taz | Der schwarz-rote Senat hat beim Bauprojekt „Urbane Mitte“ am
       Gleisdreieckpark den grün-geführten Bezirk Friedrichshain-Kreuzberg
       komplett entmachtet und auch die Planung für das nördliche Teilstück an
       sich gezogen. Bereits 2024 war das für den Südteil passiert. Laut
       Stadtentwicklungssenator Christian Gaebler (SPD) geht es darum, Verträge zu
       erfüllen, Bebauung zu ermöglichen und Gerichtsverfahren zu vermeiden.
       
       Dem Bezirk warf Gaebler vor, an der vereinbarten Nutzung nicht interessiert
       zu sein, unseriös vorzugehen und „nach Kreuzberger Landrecht“ zu verfahren.
       Linke und Grüne im Abgeordnetenhaus kritisierten das: Der Senats
       missbrauche das Planungsrecht, das Vorhaben sei „aus der Zeit gefallen“.
       
       In der Pressekonferenz nach der Senatssitzung sah Gaebler das Land in der
       Pflicht, einen Vertrag aus dem Jahr 2005 zu erfüllen. Der sieht unter
       anderem vor, dass das Land jene früheren Bahnflächen erhält, auf denen der
       Gleisdreieckpark seither entstanden ist und die der Eigentümer am Rande
       bebauen darf – und zwar vorwiegend mit Büros. Letzteres steht noch aus.
       
       Wichtig für Gaebler: „Es werden keine Häuser im Park gebaut, es geht um
       versiegelte Flächen am Rand.“ Die würden derzeit gewerblich genutzt. Dass
       dabei mehrere Hochhäuser entstünden – laut Gaebler sind im südlichen
       Teilstück vier möglich, für den nördlichen Teil nannte er keine Zahl –, war
       für den Senator am Dienstag kein Problem: Wenn man nur auf bereits
       versiegelten Flächen bauen wolle, dann sei es konsequent und nachhaltig,
       mehr in die Höhe zu bauen. Bislang war von bis zu 90 Meter hohen Türmen zu
       lesen. Laut Gaebler enthält der Vertrag keine Höhenbegrenzung, sondern
       schreibt die Geschossfläche fest.
       
       ## Gaebler: Keine Lust auf Rechtsstreit
       
       Gaebler wies Forderungen nach Änderungen zurück: Natürlich könne der Senat
       etwas anderes beschließen und wegen viel Büroleerstands vorgeben, dass eine
       solche Nutzung nicht mehr erlaubt sei. „Aber wir leben in einem
       Rechtsstaat, glücklicherweise“, sagt er. Er habe keine Lust auf einen
       Rechtsstreit darüber, den Gleisdreieckpark wieder räumen und die Flächen
       zurückgeben zu müssen. Dass das Land laut einem Gutachten bei Änderungen
       gar keine Entschädigung zahlen müsste, war für Gaebler nachrangig gegenüber
       dem Vertrauensschaden gegenüber Investoren.
       
       Die Kritiker sehen das anders. „Eine Anpassung der Pläne ist dringend
       geboten“, reagierte Julian Schwarze, der Stadtentwicklingsexperte der
       Grünen-Fraktion, auf den Senatsbeschluss. Er sieht einen Trend: „Wenn die
       Bezirke nicht gehorchen, dann wird ihnen einfach die Zuständigkeit
       entzogen.“ Der Senat konnte das Projekt mit dem [1][„Gesetz zur Ausführung
       des Baugesetzbuchs“ und dem dortigen Paragraph 9] sich ziehen, in dem er es
       zum Vorhaben von gesamtstädtischer Bedeutung erklärte. Dieses
       An-sich-Ziehen fällt in [2][die Schlussphase der Debatte über eine
       Verwaltungsreform], bei der Regierungschef Kai Wegner (CDU) die Stimmen von
       Grünen und Linken braucht.
       
       Niklas Schenker von der Linksfraktion sieht sogar einen „Missbrauch des
       Planungsrechts für Partikularinteressen“ und „einen weiteren Tiefpunkt in
       der Stadtentwicklungs Berlins“. Hinnehmen werde die Linksfraktion das
       nicht: „Wir werden gegen die Pläne im Abgeordnetenhaus vorgehen.“
       
       Zeit dazu gibt es: Als Zeitpunkt für einen Baubeginn gab Gaebler für den
       südlichen Bereich „noch in diesem Jahrzehnt“ an, mit Blick auf den
       Nordteil, [3][wo es Planungen für die S-Bahn-Linie 21 gibt], hieß es: „in
       den 30er-Jahren“. Aus dem außerparlamentarischen Raum reagierte die FDP,
       die bei der Wahl im Herbst 2026 wieder ins Abgeordnetenhaus will, mit einer
       Radikalforderung auf das Gezerre um die „Urbane Mitte“: Regierungschef
       Wegner solle „die Bezirke abschaffen“.
       
       3 Jun 2025
       
       ## LINKS
       
 (DIR) [1] https://gesetze.berlin.de/bsbe/document/jlr-BauGBAGBEpP1
 (DIR) [2] /Grossprojekt-Verwaltungstreform/!6084709
 (DIR) [3] https://www.berlin-s21.de/home.html
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Stefan Alberti
       
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