# taz.de -- Tag der Pressefreiheit 2025: Wie Trumps Anti-Medien-Strategie Lokalzeitungen trifft
       
       > US-Präsident Donald Trump legt sich nicht nur mit renommierten Medien wie
       > AP an, sondern auch mit kleinen Zeitungen, die kritisch über ihn
       > berichten.
       
 (IMG) Bild: Das eine freie Presse wichtig ist, wusste schon der dritte US-Präsident Thomas Jefferson
       
       Den Des Moines Register gibt es seit 175 Jahren. Die Tageszeitung versorgt
       in Iowas Hauptstadt noch 27 000 Leser. Doch was die Lokalzeitung im letzten
       Dezember erlebte, gab es in ihrer Geschichte noch nicht: Der frisch
       gewählte Präsident Donald Trump verklagte den Register, dessen
       Mutterkonzern Gannett und die Meinungsforscherin J. Ann Selzer. Denn kurz
       vor der Wahl im November hatte der Register eine Umfrage veröffentlicht, in
       der Trump drei Prozentpunkte hinter seiner Konkurrentin Kamala Harris lag.
       Er gewann Iowa schließlich mit deutlichem Vorsprung.
       
       Doch dieser Sieg reichte dem neuen Präsidenten nicht. Seine Anwälte
       sprachen von einem „falschen Narrativ“ durch die Umfrage und Hilfe für die
       Demokraten. Trump klagte wegen eines Verstoßes gegen den Iowa Consumer
       Fraud Act. Der soll Verbrauchertäuschung unterbinden.
       
       Der Register wehrt sich gegen die Vorwürfe und hat die Datengrundlage der
       Umfrage veröffentlicht. Das Distriktgericht von Polk County hat noch nicht
       entschieden. Erstmals gerät eine Lokalzeitung in Trumps Visier.
       
       Laut der Chefredakteurin des Guardian US, Betsy Reed, gehören solche Klagen
       zu Trumps Strategie gegen kritische Medien. Weitere Schritte seien: Zugang
       einschränken, Redaktionen mit einer Ereignisflut überfordern, mit
       Regulierungen deren Wirtschaftsmodelle untergraben, Menschen gegen die
       Medien bis hin zu Gewalt aufhetzen und Journalistinnen und Journalisten die
       Visa entziehen. „Die Medien zu attackieren, ist das autoritäre Playbook“,
       sagt Reed. Treffen diese Strategien neben dem Register auch andere
       Lokalmedien?
       
       ## Schon die Drohung mit Klagen ist ein Problem
       
       Das Ziel dieser Klagen ist nicht unbedingt Schadenersatz. Es geht Trump
       darum, dass die Medien hohe Anwaltskosten haben und sich künftig vielleicht
       einmal mehr überlegen, an welche Geschichten sie sich herantrauen.
       
       Dass dieses Szenario viele Verleger beschäftigt, bestätigt Tim Franklin.
       Der Professor forscht an der Northwestern University in Illinois zu lokalen
       Medien. Allein die Drohung mit Klagen sorge schon wegen der angespannten
       wirtschaftlichen Lage solcher Medien für Probleme, sagt er.
       
       Diese Situation kennt Sarah Alvarez nur zu gut. Sie ist Chefredakteurin der
       lokalen Nachrichtenplattform [1][Outlier Media (OM) in Detroit]. Diese
       Non-Profit-Organisation schreibt vor allem für Menschen mit niedrigem
       Einkommen. Die anderen Zeitungen kümmerten sich hauptsächlich um reichere
       Menschen in den Vorstädten, sagt sie. OM stünden jährlich etwa 3,7
       Millionen Dollar zur Verfügung.
       
       Seit Trump an der Macht ist, nähmen Verleumdungsklagen zu. „Wir geben einen
       signifikanten Betrag für Anwälte aus“, sagt Alvarez. Die Klagen kämen nicht
       aus der Politik, sondern aus der Wirtschaft.
       
       Trotzdem macht Alvarez den Präsidenten für den Trend verantwortlich.
       „Trumps Message ist: Wenn du mit Berichterstattung unzufrieden bist, selbst
       wenn sie stimmt, solltest du klagen“, sagt sie. Das binde neben Geld
       weitere Ressourcen – und beeinflusse die Arbeit der Redaktion, auch wenn
       die Klagen alle erfolglos blieben. (Zu diesen so genannten
       [2][Slapp-Klagen] siehe Seite III dieser Beilage)
       
       ## Die Attacken und Anfeindungen nehmen zu
       
       Von physischen Angriffen seien sie nicht betroffen, so Alvarez. OM sei sehr
       gut in der Community verwurzelt. Aber Franklin sieht allgemein einen
       Anstieg solcher Vorfälle. Eine TV-Journalistin in Texas habe etwa nach
       einem Bericht über die Randalierer des 6. Januar 2020 am Capitol eine
       wütende Meute vor ihrem Haus gehabt. Das New Yorker [3][Committee to
       Protect Journalists (CPJ)] berichtet von einer landesweiten Zunahme solcher
       Attacken. Auch Anfeindungen im Internet werden mehr.
       
       Das Problem des Zugangs zu Informationen betrifft OM aber täglich. Wer
       Auskunft von Behörden will, muss in den USA oft Anfragen nach dem
       Informationsfreiheitsgesetz stellen. Die Antwort habe früher schon Wochen
       gedauert, sagt Alvarez. Heute seien es Monate.
       
       Politiker äußerten sich zudem eher über Social Media, als Interviews zu
       geben. Und auch wenn lokale Medien nicht wie die Nachrichtenagentur AP
       zeitweise von Pressekonferenzen ausgeschlossen würden, sei der Zugang zu
       manchen Events schwierig. So hinderte die Campus-Polizei einen
       Studentenzeitungsjournalisten an der Berichterstattung über Proteste an der
       Universität in Wayne County. „Das ist ein Problem für die Pressefreiheit“,
       sagt sie.
       
       ## Besonders gefährdet: Reporter ohne US-Staatsbürgerschaft
       
       Gefährlicher wird es, wenn die Reporter keine US-Staatsbürger sind. Mit
       diesem Problem kämpft Maritza Felix. Sie leitet die spanischsprachige
       Nachrichtenseite [4][Conecta Arizona] (CA). Die liefert Inhalte für die
       hispanische Community auf beiden Seiten der Grenze zu Mexiko. Bei CA
       arbeiten rund 40 feste und freie Journalisten. Nur zwei haben einen
       US-Pass, aber alle eine Arbeitsgenehmigung, so Felix.
       
       Trotzdem überlege sich die Redaktion sehr genau, wen sie zu welchen
       Terminen schicke. Bei Anti-Abschiebe-Protesten könne es rau zu gehen. Auch
       Journalisten kämen da schnell in Kontakt mit der Polizei. Sie besprächen
       intern, was in solchen Situationen zu tun ist. Aber als Nicht-Staatsbürger
       bleibe immer die Gefahr einer Festnahme – oder gar einer Abschiebung.
       
       „Wir sind braun, wir haben einen starken Akzent, wir sind das perfekte
       Ziel“, sagt Felix. Früher sei ihr Ratschlag gewesen, dass sich ihre
       Mitarbeiter vor so einem Termin gut mit Sonnenschutz eincremen. Heute rate
       sie dazu, sich die Nummer eines Anwalts auf den Arm zu schreiben. Die
       Situation sei journalistisch wie auch emotional belastend.
       
       Wie OM basiert auch CA auf einem Non-Profit-Modell. Beide bekommen Spenden,
       zahlen keine Steuern. Die Inhalte sind kostenlos. Und auch wenn Alvarez und
       Felix mit dem Problem noch nicht konfrontiert wurden, gibt es laut Franklin
       die Befürchtung, dass Trump kritischen Non-Profit-Medien diesen Status
       entziehen könnte, zum Beispiel wegen vorgeblich fehlender Neutralität.
       
       Damit wäre deren wirtschaftliche Basis weg. Zwar gebe es einen
       verfassungsrechtlichen Schutz, erklärt Franklin. Trump würde mit dem
       Vorstoß vermutlich nicht durchkommen. „Aber könnte er in der Zwischenzeit
       Schaden anrichten? Sicher“, sagt er.
       
       ## Zeitungslose „News Desert“ breiten sich aus
       
       Auf das Non-Profit-Modell setzten in den letzten fünf Jahren viele neue
       lokale Medien. Mehr als die Hälfte der knapp 260 neuen Plattformen
       finanzieren sich laut Franklin so. Das liegt auch daran, dass klassische
       lokale Medien es wirtschaftlich schwer haben: geringere Auflage, niedrigere
       Abo- und Werbeeinnahmen. Der Des Moines Register verkaufte zu Hochzeiten
       täglich 250 000 Zeitungen. Heute ist es etwa ein Zehntel davon. Das
       Non-Profit-Modell schien für manche ein Ausweg aus der Misere zu sein.
       
       Trotzdem geht das Zeitungssterben voran. Laut dem Verband [5][Rebuild Local
       News (RLN)] haben in den letzten 20 Jahren 3200 Lokalzeitungen dicht
       gemacht. Knapp 6000 gibt es noch, der Großteil Wochenzeitungen. Laut einer
       Studie der Northwestern University haben 208 Counties gar keine Zeitungen
       mehr. „News Deserts“ nennt RLN diese Gebiete. Mehr Geldverschwendung der
       Verwaltung, mehr Korruption oder eine stärkere Polarisierung zitiert RLN
       Studien zu Auswirkungen dieser Nachrichtenwüsten.
       
       Und manchmal schadet Trump Lokalzeitungen sogar unabsichtlich. Trumps
       Zölle, die er in Höhe von 25 Prozent kurzzeitig für Kanada plante, zeigten
       auch bei Lokalzeitungen ihre Wirkung, wie Franklin erklärt. Denn das Papier
       für die Print-Ausgaben komme aus dem nördlichen Nachbarland.
       
       Zumindest für eine Zeitung reichte schon die Androhung der Zölle aus, um
       sie in den Abgrund zu stürzen. Der ohnehin finanziell angeschlagene
       Cortland Standard aus dem Nordwesten des Bundesstaats New York musste wegen
       der zusätzlichen Kosten seinen Betrieb einstellen – nach 157 Jahren.
       
       ## „News Deserts“ wählen Trump
       
       Aber was hat Trump von alldem? Der habe rund 90 Prozent dieser
       News-Desert-Counties gewonnen, sagt Franklin. Außerdem wolle Trump, dass
       niemand den Medien glaubt, wenn sie ihn kritisieren. „Es geht um Macht“,
       ist sich Felix sicher. Medien wie CA bedrohten den Status Quo.
       
       Um dieser Herausforderung zu begegnen, müssten sich lokale Medien besser
       vernetzen, fordert Alvarez. Denn neben den schon seit Jahren bekannten
       wirtschaftlichen Problemen kommt ein neues Problem hinzu: Eine Regierung,
       welche die Pressefreiheit lokaler Medien attackiert.
       
       Wie sich der Präsident gute Journalisten vorstellt, zeigte sich bei einem
       Wahlkampf-Event in Oaks, Pennsylvania im letzten Oktober. Bevor Trump dort
       nach medizinischen Notfällen im Publikum eine halbe Stunde auf der Bühne –
       unter anderem zu Musik von Guns’N’Roses oder der Village People – tanzte,
       mussten die etwa 6000 Besucher in der Halle mehrere Stunden auf ihn warten.
       
       In der Zwischenzeit stimmte ein Mann vom Pressepodest aus „USA“- und
       „Fight“-Sprechchöre an. Es handelte sich dabei um Brian Glenn. Der arbeitet
       für den Trump-freundlichen Sender [6][Real America’s Voice]. Er ist mit der
       Rechtsaußen-Republikanerin [7][Marjorie Taylor Green] liiert. Mittlerweile
       ist Glenn für seinen Sender Korrespondent im Weißen Haus. Er bekam dort den
       Platz, der durch den Ausschluss von AP frei wurde. Glenn nutzt seine neue
       Stellung, um die wirklich wichtigen Fragen zu stellen. Er hakte bei
       Wolodymyr Selenskyjs Besuch beim US-Präsidenten nach, warum der im Oval
       Office keinen Anzug trug. Kritische Nachfragen bei Trump? Fehlanzeige.
       
       Felix Biermayer ist freier Lokaljournalist im Schwarzwald und war 2024 mit
       dem Daniel-Haufler-Stipendium der taz Panter Stiftung in den USA. 
       
       Dieser Artikel ist am 3. Mai 2025 als Teil einer gemeinsamen Sonderbeilage
       der [8][taz Panter Stiftung] und Reporter ohne Grenzen zum Tag der
       Pressefreiheit erschienen.
       
       3 May 2025
       
       ## LINKS
       
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