# taz.de -- Die CSU und der Koalitionsvertrag: Ein Bestseller mit Söders Handschrift
       
       > Mütter, Wirte, Pendler, Bauern und vor allem Bayern können mit dem
       > Koalitionsvertrag zufrieden sein, findet Markus Söder. Er selbst ist es.
       
 (IMG) Bild: Endlich wieder in Bayern: Markus Söder (CSU)
       
       München taz | [1][Markus Söder] ist gut gelaunt, nachdem er sich am
       Donnerstagnachmittag nach der Schalte des CSU-Vorstands mit Landesgruppe
       und Fraktion in München in einer Trachtenjacke vor die Presse stellt. Es
       sei einfach schön, wieder in Bayern zu sein. Berlin, so viel ist
       offensichtlich, mag der bayerische Ministerpräsident noch immer nicht. Aber
       mit dem, was er dort in den letzten Wochen mit den Partnern von CDU und SPD
       ausgehandelt hat, scheint er mehr als zufrieden. Es sei gut für
       Deutschland. Und für Bayern.
       
       Zuvor hatten die Gremien der CSU dem [2][Koalitionsvertrag] ihren Segen
       gegeben, eine Formsache zwar, aber zugleich die erste Hürde, die der
       Vertrag zu nehmen hatte. Jetzt müssen noch CDU und SPD dem Schriftstück
       zustimmen, damit Friedrich Merz – vermutlich Anfang Mai – zum Kanzler
       gewählt werden kann.
       
       Der Vertrag trage die „bayerische Handschrift“, sagt Söder und meint damit
       die Handschrift der CSU. Er sei „Reha-Kur und Fitnessprogramm für unser
       Land“ und bedeute einen „echten Richtungswechsel“. Das Ausgehandelte sei
       aber auch ein wichtiges Signal für die Demokratie. „Die Mitte kann es noch.
       Und: Die Mitte kann es doch.“ Er sei optimistisch, dass es Schwarz-Rot mit
       guter Regierungspolitik gelinge, die AfD zurückdrängen.
       
       Als Lesestoff mit dem Zeug zum „kleinen Bestseller“ hatte Söder den
       Koalitionsvertrag bei dessen Vorstellung am Mittwoch schon bezeichnet. Was
       ihm an dem 144 Seiten dicken Werk besonders gefallen dürfte: An nicht
       wenigen Stellen konnte sich seine CSU mit ihren Forderungen tatsächlich
       durchsetzen. Und wo dies nicht so eindeutig ist, lassen sich die
       entsprechenden Passagen mit Söders bewährtem Verkäufergeschick zumindest
       als Erfolg präsentieren.
       
       ## Der böse Wolf kommt auch vor
       
       Die Ausweitung der Mütterrente, die Erhöhung der Pendlerpauschale auf 38
       Cent vom ersten Kilometer an, die steuerliche Entlastung der Gastronomie,
       die Agrardiesel-Rückvergütung, steuerfreie Überstundenzuschläge, die
       Abschaffung von Lieferkettengesetz und die Einschränkung des
       Verbandsklagerechts – das sind aus CSU-Sicht Erfolge auf ganzer Linie.
       
       Auch bei Themen der Inneren Sicherheit – Stichwort: Vorratsdatenspeicherung
       – setzte sich die CSU-Position durch. Aber auch etwas speziellere Themen
       verschaffen dem CSU-Chef offensichtlich große Genugtuung: Die Bonpflicht
       wird wegfallen. Und, jetzt klingt es ein bisschen nach Märchenstunde: „Der
       Wolf muss sich fürchten.“
       
       Auch Bürgergeld und Heizungsgesetz wird es nicht mehr geben, wie von Söder
       stets lauthals gefordert. Bloß wie weit die Änderungen hier über das
       Semantische hinausgehen, ist noch offen. Da bleibt der Koalitionsvertrag im
       Vagen. Auch bei der künftigen Migrationspolitik ist die tatsächliche
       Ausgestaltung noch offen. Die Eindämmung des Familiennachzugs für
       Flüchtlinge mit subsidiärem Schutz stammt zwar aus dem christsozialen
       Forderungskatalog, ob die Zurückweisungen an der Grenze kommen, ist dagegen
       unklar – schließlich sollen sie „in Abstimmung mit unseren europäischen
       Nachbarn“ erfolgen.
       
       Mit der Forderung nach einer kompletten [3][Abschaffung des Grundrechts auf
       Asyl] konnten sich Söder und seine Leute jedoch nicht durchsetzen. Auch die
       Cannabis-Legalisierung und das Selbstbestimmungsgesetz der Ampel wird
       erstmal nicht abgewickelt, sondern soll lediglich evaluiert werden. Auch
       der Länderfinanzausgleich wird nicht abgeschafft; die Geberländer
       allerdings, von denen Bayern das gebendste ist, sollen entlastet werden.
       
       ## Söder als Nebenkanzler?
       
       An Posten dürfte die CSU mit drei Ministerien (Inneres, Landwirtschaft und
       Forschung) sowie einem Staatsminister im Auswärtigen Amt und vier weiteren
       Staatssekretären mindestens das bekommen haben, was sie sich erhofft und
       erwartet hatte. In der letzten Merkel-Regierung stellte die CSU noch einen
       Staatssekretär weniger.
       
       Söder selbst, der nur zu gern selbst Kanzler geworden wäre und dies auch
       lange Zeit die Welt mit Nachdruck wissen ließ, hat für sich selbst eine
       wichtige Rolle in der künftigen Bundesregierung definiert, der er formal
       gar nicht angehören wird. Vom „Nebenkanzler“ oder „heimlichen Vizekanzler“
       ist bisweilen schon die Rede. So soll der Koalitionsausschuss, ein aus den
       Vorsitzenden der an der Koalition beteiligten Parteien sowie deren
       Chefparlamentariern und Generalsekretären bestehendes Gremium, künftig
       regelmäßig alle paar Wochen tagen und das Regierungsschiff auf Kurs halten.
       
       Somit wäre auch der bayerische Ministerpräsident in Berlin – trotz aller
       Abneigung gegen die Hauptstadt – sehr präsent. Schwer vorzustellen, dass
       Söder diese Bühne nicht nützen wird, um sich bundespolitisch ins rechte
       Licht zu setzen. Auch das eine oder andere Störfeuer wäre dann nicht
       auszuschließen. Zur Tradition der CSU gehört es schließlich, aus Bayern
       heraus auch gegen Bundesregierungen, denen sie selbst angehört, Opposition
       zu betreiben. Und für den Fall, dass es seinen Zuhörern noch nicht klar
       geworden sein sollte, wie gern er in Bayern ist, ruft Söder noch: Ich bin
       wieder hier, in meinem Revier.“ Es ist ein Zitat, das er gerne mal bringt.
       Es ist von Marius Müller-Westernhagen, einem Düsseldorfer.
       
       10 Apr 2025
       
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