# taz.de -- Die Bundestagswahl in Zahlen: Wer hat wo wen gewählt?
       
       > Wie haben die Parteien abgeschnitten? Wo haben sie ihre Hochburgen? Wohin
       > sind die Wähler:innen gewandert? Alle Ergebnisse der Wahl in Grafiken.
       
 (IMG) Bild: Der braune Balken auf Platz 2: Endergebnis der Bundestagswahl
       
       Berlin taz | Bei der Bundestagswahl am 23. Februar 2025 gab es große
       Verschiebungen. Die an der bisherigen Ampelkoalition beteiligten Parteien
       haben alle verloren. SPD und FDP schnitten so schlecht ab wie bei keiner
       Bundestagswahl zuvor, die FDP flog sogar erneut aus dem Parlament.
       
       Das Wahlergebnis in vielen Details zeigen die folgenden Grafiken. Sie sind
       interaktiv, das heißt, sie lassen sich durch Mausklicks verändern. Per
       Mausklick lässt sich zum Beispiel beim Koalitionsrechner durchspielen,
       welche Bündnisse theoretisch eine Mehrheit hätten. Bei Wahlkreiskarten
       lassen sich die lokalen Ergebnisse abrufen.
       
       Prozentanteile bei den Zweitstimmen
       
       Entscheidend für die Sitzverteilung waren bei der Wahl wie immer die
       Zweitstimmen. Und die Auszählung blieb am Wahlabend spannend bis in die
       Nacht, weil das erstmals angetretene BSW mal knapp über, mal knapp unter
       der 5-Prozent-Hürde landete. Am Ende kam das BSW auf 2.468.670 Stimmen –
       das waren 4,972 Prozent der abgegebenen gültigen Stimmen. 13.453 Stimmen
       fehlten bis zur 5-Prozent-Hürde. Die Wagenknecht-Partei zieht damit nicht
       in den Bundestag ein.
       
       Draußen bleibt auch die FDP, die bei 4,3 Prozent landete. Das ist das
       schlechteste Wahlergebnis aller Zeiten für die Liberalen.
       
       CDU/CSU sind mit 28,5 Prozent zwar klare Sieger dieser Wahl. Doch
       Kanzlerkandidat Friedrich Merz ist ein Scheinriese. Tatsächlich war die
       Union nur ein einziges Mal schlechter – bei der letzten Wahl 2021. Mit der
       heute parteiintern vielfach kritisierten Angela Merkel als
       Kanzlerkandidatin war die Union stets deutlich über den eigentlich auch
       jetzt angepeilten 30 Prozent geblieben.
       
       Extrem stark hat die rechtsextreme AfD abgeschnitten. Sie konnte ihr
       Ergebnis von der letzten Bundestagswahl glatt verdoppeln und stieg von 10,4
       auf 20,8 Prozent. [1][Stärker war der rechte Rand nie zuvor in der
       Bundesrepublik].
       
       Die Grünen kommen trotz Verlusten auf für ihre Verhältnisse eigentlich
       recht passable 11,6 Prozent. Es ist ihr zweitbestes Ergebnis aller Zeiten.
       Stärker waren sie nur bei der letzten Wahl 2021 – und in den Umfragen
       zuvor.
       
       Die Linke ist die überraschende Siegerin dieser Wahl. Anfang Januar wurde
       sie in den Umfragen noch bei 3 Prozent gesehen. Am Wahlabend kam sie auf
       8,8 Prozent.
       
       Hat eine Klage der Auslandsdeutschen Aussicht auf Erfolg?
       
       Viele im Ausland lebende Deutsche konnten nicht an der Wahl teilnehmen,
       weil ihnen die Wahlunterlagen zu spät zugestellt worden waren. Da dem BSW
       nur 13.453 Stimmen zum Einzug in das Parlament fehlten, wird nun die Frage
       laut, ob Klagen der Auslandsdeutschen das Ergebnis noch anfechten könnten.
       
       Die Aussichten auf Erfolg sind aber gering, [2][hat
       taz-Justiz-Korrespondent Christian Rath erklärt]. Denn letztlich habe nicht
       der Gesetzgeber oder die Bundeswahlleiterin den massiven Zeitdruck
       verursacht, der die Briefwahl für viele Auslandsdeutsche verunmöglicht. Der
       Zeitdruck gehe vielmehr direkt auf das Grundgesetz selbst zurück. Die
       60-Tages-Frist zwischen Auflösung und Neuwahl des Bundestags ist in Artikel
       39 festgeschrieben. Und das Grundgesetz ist der Prüfungsmaßstab des
       Bundesverfassungsgerichts.
       
       Die Sitzverteilung im neuen Bundestag
       
       Eins war schon vor der Wahl klar: Der neue Bundestag wird deutlich kleiner
       werden als der bisherige. [3][Weil die 2024 beschlossene Wahlrechtsreform
       erstmals gegriffen] hat, gibt es keine Überhangmandate mehr. Die Zahl der
       Sitze blieb auf 630 begrenzt.
       
       Von denen gehen 208 an CDU/CSU. Die AfD wächst um 69 Abgeordnete auf 159.
       Auch die Linkspartei verbessert sich deutlich von 39 auf 64.
       
       Die SPD verliert 86 Sitze und schrumpft fast um die Hälfte auf 120. Die
       Grünen verlieren fast ein Viertel ihrer Mandate und fallen von 108 auf 85.
       
       Ein Sitz geht erneut an [4][den Südschleswigschen Wählerverband (SSW)], für
       den als Vertreter der dänischen Minderheit die 5-Prozent-Hürde nicht gilt.
       
       Der Koalitionsrechner
       
       Die folgende Grafik lässt erkennen, welche Koalitionen rein rechnerisch mit
       einer Mehrheit im künftigen Parlament möglich sind. Faktisch bleibt sie
       nach dem Wahlausgang ein theoretisches Spielzeug, da davon auszugehen ist,
       dass die einzig rechnerisch mögliche Zweierkoalition aus Union und SPD sich
       zusammenraufen wird.
       
       Wähler:innenwanderung von links nach rechts
       
       Laut einer Analyse der Wählerwanderungen durch das Institut infratest dimap
       hat die AfD vor allem von Zugewinnen von den bisherigen
       Nichtwähler:innen profitiert.
       
       In der Statistik wird sichtbar, wie die in Teilen rechtsextreme Partei die
       größte Bewegung in der Wähler:innenschaft einfährt: Fast 2 Millionen
       der AfD-Wähler:innen waren 2021 nicht zur Wahl gegangen. Deshalb profitiert
       die AfD erneut von der historisch hohen Wahlbeteiligung von diesmal 84
       Prozent: Sie nährt ihr gutes Wahlergebnis maßgeblich durch Menschen, die
       bei der letzten Bundestagswahl nicht gewählt haben.
       
       Die Union hat scharenweise Wähler:innen der einstigen Ampelparteien
       rübergezogen. Rund 1,8 Millionen enttäuschte Sozialdemokrat:innen
       und 1,3 Millionen Liberale wählten diesmal die Union.
       
       Die Selbstauflösung der FDP ist bemerkenswert: Nicht nur verlor sie sehr
       viele Wähler:innen an die Union, auch scheint die neoliberale Pipeline
       Richtung AfD weit offen zu sein: Ganze 800.000 ehemalige Wähler:innen
       der FDP wählten diesmal AfD. Die totalen Verluste der FDP sind damit nicht
       ganz erklärt. Viele ehemalige Wähler:innen dürften diesmal gar nicht
       gewählt haben. Hinzugewinnen konnten die Liberalen von keiner Partei.
       
       Die SPD verlor ebenfalls am meisten an die Union. Aber auch an Linke,
       Grüne, AfD und BSW – also eigentlich in alle Richtungen.
       
       Die Linke konnte vor allem ehemalige SPD- und Grünen-Anhänger:innen zu sich
       rüberziehen, aber auch viele Nichtwähler:innen zur Stimmabgabe
       motivieren.
       
       Weitere Analysen der Wähler:innenwanderung [5][finden Sie hier].
       
       Wie haben die Jungen gewählt, wie die Alten?
       
       Interessant ist auch ein Blick auf das Wahlverhalten der verschiedenen
       Altersgruppen. Die Jugend hat nach einer Alternative gesucht – und zwar
       [6][links der Mitte]. Bei den 18- bis 24-Jährigen wurde die Linke klar
       stärkste Partei.
       
       Die Mittelalten haben hingegen [7][der AfD ihr starkes Ergebnis]
       verschafft, besonders bei den 35- bis 44-Jährigen konnten die
       Rechtsextremen punkten.
       
       Die größte Wähler:innengruppe sind die Alten über 60. Sie stellen 42
       Prozent der Wahlberechtigten. Bei ihnen gab es einen klaren Schwenk von der
       SPD (-11) zur Union (+5).
       
       Eine ausführliche Analyse des Wahlverhaltens nach Alter [8][finden Sie
       hier].
       
       Die Länderkarte: Schwarz-braun ist die Haselnuss
       
       Die folgende Grafik zeigt das ganze Desaster der Bundestagswahl. Sie zeigt
       die jeweils stärkste Partei in den 16 Bundesländern. Demnach ist der Westen
       schwarz, der Osten braun. Nur die Stadtstaaten Hamburg, Bremen und Berlin
       sorgen für farbliche Abwechslung.
       
       Zwar übertreibt diese Darstellung eine wenig die Stärke der Rechten und
       Rechtsextremen, da sie vor allem in Flächenstaaten dominieren, in denen die
       Menschen und damit die Wähler:innen weniger gedrängt wohnen.
       
       Doch beim Mausklick auf einzelne Bundesländer werden extreme Perspektiven
       sichtbar. So kam die AfD in Mecklenburg-Vorpommern auf 35 Prozent der
       Zweitstimmen. Sie ist dort doppelt so stark wie die CDU auf Platz 2. Ein
       ähnliches Kräfteverhältnis ist in Sachsen, Sachsen-Anhalt und Thüringen
       erkennbar. Auch in Brandenburg liegt die AfD klar auf Platz 1.
       
       ## Die Wahlkreiskarte: rote und grüne Sprenkel
       
       Einen etwas detaillierten Blick erlaubt die Karte mit den Ergebnissen in
       den Wahlkreisen. Hier wird erkennbar, dass auch die SPD einige Erfolge
       erzielen konnte. Vor allem im östlichen Niedersachsen wie auch im
       Ruhrgebiet blieben die Sozialdemokraten stärkste Kraft.
       
       Einen Wahlkreis im Ruhrgebiet konnte die SPD aber nur mit Unterstützung von
       Anhänger:innen anderer Parteien gewinnen. In Gelsenkirchen landete der
       SPD-Kandidat mit 31,4 Prozent zwar recht deutlich vor dem der AfD mit 25,8.
       Aber bei den Zweitstimmen liegen beide Parteien gleichauf – mit leichtem
       Vorsprung für die Rechtsextremen. Offenbar konnte die SPD hier davon
       profitieren, dass das BSW in Gelsenkirchen keine:n Direktkandidat:in
       aufgestellt hatte. Bei den Zweitstimmen holte das BSW 5,1 Prozent. Bei
       allen anderen Parteien gibt es keine großen Abweichungen zwischen Erst- und
       Zweitstimmenergebnis.
       
       Die Wahlkreiskarte belegt erneut, dass die Grünen bei akademischen
       Großstädter:innen gut ankommen. Nur in den Universitätsstädten wie
       Köln, Freiburg, Stuttgart, Karlsruhe, Berlin und Hamburg konnten sie
       Direktmandate gewinnen. Ihr bei der letzten Wahl einziges Direktmandat in
       Bayern im Wahlkreis München-Süd verloren sie diesmal knapp an die CSU, die
       damit alle Wahlkreise in ihrem Bundesland gewinnen konnte.
       
       Die Münchner CSU-Kandidatin bleibt dennoch außen vor. Weil ihre Partei mehr
       Wahlkreise gewann, als ihr nach der Wahlrechtsreform durch die Zweitstimmen
       zustehen, ziehen ihre drei Wahlkreisgewinne:innen mit den schlechtesten
       Ergebnissen nicht in den Bundestag ein.
       
       Für die Linkspartei gilt das gleiche wie für die Grünen. Auch sie kann sich
       nur in liberal geprägten Städten durchsetzen. Vier Mandate holte sie in
       Berlin. Dazu konnte Sören Pellmann seinen Wahlkreis Leipzig-Süd
       verteidigen. Und Bodo Ramelow gewann in Erfurt.
       
       Auffällig ist – nicht nur bei den Kandidat:innen der Linken –, dass
       viele Wähler:innen ihre Erststimme auch genutzt haben, um einen Erfolg
       der AfD zu verhindern. Oft bekamen die Kandidat:innen mit den besten
       Aussichten deutlich mehr Erststimmen als ihre Partei Zweitstimmen.
       
       Die Hochburgen der Parteien
       
       Sehr aussagekräftig ist auch diese letzte Grafik, die die Hochburgen der
       Parteien erkennen lässt. An ihr kann man nämlich auch die Schwäche
       einzelner Parteien ablesen.
       
       So kam die SPD bundesweit nur in sechs Wahlkreisen auf mehr als 25 Prozent
       der Zweitstimmen. Links oben gilt allenfalls noch links oben: im
       nordwestlichsten Wahlkreis Aurich-Emden holte die SPD mit 28,6 Prozent ihr
       bestes Resultat. Selbst in den klassischen Ruhrgebietsstädten, in denen
       Sozialdemokraten einst auf stabile absolute Mehrheiten setzen konnten,
       liegen sie heute nur zwischen 20 und 25 Prozent. Ganz im Osten von Sachsen
       kommt die SPD mit gut 6 Prozent gerade noch über die 5-Prozent-Hürde.
       
       Dort dominiert längst die AfD. In Görlitz, der Sächsischen Schweiz und im
       Erzgebirge holte sie fast 50 Prozent der Zweitstimmen. Selbst das
       westfälische Münster, das sich zuletzt rühmen konnte, die einzige Stadt mit
       einem AfD-Ergebnis unter 5 Prozent zu sein, ist nicht mehr vollkommen
       stabil. Dort holte sie diesmal 6,9 Prozent.
       
       Die Grünen holten in Münster mit 26,6 Prozent ihr neben Freiburg bestes
       Ergebnis.
       
       Spannend ist an dieser Grafik auch ein Blick auf die Kleinstparteien. Die
       europafreundliche Volt kam selbst in ihrer Hochburg Hamburg nicht über 1,6
       Prozent. Die Tierschutzpartei, die hier und da mal an der 5-Prozent-Hürde
       gekratzt hatte, schafft es nur in wenigen Wahlkreisen knapp über 2 Prozent.
       Die Piraten, die sich einst aufgemacht hatten, die Republik zu entern, sind
       komplett versenkt bei Spitzenwerten von 0,3 Prozent. Der Satirepartei
       Partei dürfte das Lachen vergangen sein, da sie nur in einem Wahlkreis die
       Ein-Prozent-Marke überschreiten konnte.
       
       Wenigstens regionale Relevanz konnten die Freien Wähler erreichen. In ihrem
       Stammland Bayern holten sie in einer Handvoll Wahlkreise mehr als 7
       Prozent, in Rotttal-Inn sogar 10,5. Außerhalb von Bayern spielen sie aber
       keine Rolle. Nur in Bitburg in Rheinland-Pfalz kamen sie minimal über 5
       Prozent. In Großstädten wie Münster, Köln oder Berlin waren nur 0,2 Prozent
       so frei, ihnen ihre Zweitstimme zu geben.
       
       24 Feb 2025
       
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