# taz.de -- Ringen um Termin für Neuwahl: Wann ist denn endlich wieder Wahltag?
       
       > Olaf Scholz wird seinen Plan, die Vertrauensfrage erst am 15. Januar zu
       > stellen, wohl nicht durchhalten können. Der Druck wird immer größer.
       
 (IMG) Bild: Keine Vertrauensfrage, kein vertrauensvoller Blick: Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) verlässt das Schloss Bellevue
       
       BERLIN taz | Olaf Scholz hat sich erneut festgelegt. „Der Bundeskanzler
       wird am Mittwoch nicht die Vertrauensfrage stellen“, so sein Sprecher
       Steffen Hebestreit am Montag. Klar ist also, wann der Bundestag ihm NICHT
       das Vertrauen entzieht, nämlich nicht mehr in dieser Woche. Unklar bleibt,
       wann Scholz die Frage tatsächlich stellt und wann Neuwahlen stattfinden.
       
       [1][Eigentlich hatte Scholz bereits einen Termin genannt]. Er werde am 15.
       Januar im Bundestag die Vertrauensfrage stellen, Ende März könnten dann
       Neuwahlen stattfinden, erklärte er am Mittwoch vergangener Woche, als er
       die Ampel-Koalition für gescheitert erklärte. Zuvor wolle er aber noch
       Gesetzentwürfe durch den Bundestag bringen, die keinen Aufschub duldeten,
       etwa der Ausgleich der kalten Progression, die Stabilisierung der Rente
       oder Sofortmaßnahmen für die Industrie. Und dafür auf die Union zugehen.
       
       Doch die erteilte ihm umgehend eine Absage. Scholz sollte sich noch ein
       paar Wochen als Anführer einer Minderheitsregierung beweisen dürfen?
       Nimmer. Unionskanzlerkandidat Friedrich Merz forderte Scholz auf, sich
       schon diese Woche im Bundestag zur Abstimmung zu stellen – und am 19.
       Januar neu wählen zu lassen.
       
       Auch andere Parteien, darunter die FDP, das Bündnis Sahra Wagenknecht und
       Politiker:innen der Grünen forderten Scholz auf, rascher für klare
       Verhältnisse zu sorgen und die Vertrauensfrage vorzuziehen. Der Druck auf
       den Kanzler wurde zu groß, er kündigte am Freitag am Rande des
       EU-Ratsgipfels in Budapest an, dass er sich auch einen früheren Zeitpunkt
       vorstellen könne. Man solle über den Wahltermin „unaufgeregt diskutieren“.
       Am Sonntag bekräftigte er [2][in der Sendung Caren Miosga]: „Dass ich noch
       vor Weihnachten die Vertrauensfrage stelle, ist für mich überhaupt kein
       Problem.“ Abhängig machte er es davon, dass sich SPD-Fraktionschef Rolf
       Mützenich mit Oppositionsführer Friedrich Merz einig werde. „Daran werde
       ich mich orientieren.“
       
       ## Union lässt nicht locker
       
       Besonders souverän wirkte das nicht. Zum einen, weil Scholz sich binnen 48
       Stunden korrigierte. Und zum zweiten, weil der Kanzler, der das Verfahren
       zur Auflösung des Bundestags in Gang setzen muss, die Verantwortung aus der
       Hand gibt. Der Ball liegt jetzt im Bundestag, die Union ist allerdings
       nicht bereit, den Kanzler schnell aus der Zwickmühle zu entlassen.
       
       Verschiedene Unionspolitiker drängten am Montag weiterhin darauf, dass der
       Kanzler bei seiner Regierungserklärung am Mittwoch auch die Vertrauensfrage
       stelle. „Scholz sollte jetzt keine weiteren Nebelkerzen werfen“, sagte etwa
       Thorsten Frei, Parlamentarischer Geschäftsführer der Unionsfraktion, der
       Bild. „Bei diesem Verfahren liegt es allein am Kanzler, das Drama zu
       beenden und die Tür zum Neuanfang zu öffnen.“ Aus der Fraktion heißt es
       allerdings auch, die Lage sei dynamisch. Die SPD sei am Zug, mit konkreten
       Vorschlägen auf die Union zuzukommen. Die CDU/CSU setze sich weiter für
       eine sehr schnelle Festlegung von Bundeskanzler Scholz für die Abstimmung
       über die Vertrauensfrage in diesem Jahr ein. Wenn dieses Datum festgelegt
       wurde, könnten Gespräche über etwaige noch zwingend zu behandelnde Themen
       im Bundestag beginnen.
       
       Hinter den Kulissen wird nun verhandelt. SPD-Fraktionschef Mützenich führe
       derzeit vertrauliche Gespräche, bestätigt der Sprecher der Fraktion.
       „Deswegen wird er sich öffentlich nicht äußern.“ Aha.
       
       Unterdessen hat Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier seine vertraulichen
       Gespräche mit Spitzenpolitikern fortsetzt. Am Montagnachmittag empfing er
       Vizekanzler Robert Habeck (Grüne). Am Freitag war bereits SPD-Chef Lars
       Klingbeil bei ihm, am Dienstag wird Mützenich und am Donnerstag
       CSU-Landesgruppenchef Alexander Dobrindt in Schloss Bellevue erwartet.
       
       ## Bundeswahlleiterin warnt vor Hektik
       
       Steinmeier kommt eine Schlüsselstellung zu. Nachdem der Kanzler im
       Bundestag die Vertrauensfrage gestellt und verloren hat, kann der
       Bundespräsident innerhalb von 21 Tagen den Bundestag auflösen. Binnen 60
       Tagen danach muss die vorgezogene Bundestagswahl stattfinden. Würde Scholz
       also in der nächsten Sitzungswoche am 27. November die Vertrauensfrage erst
       ankündigen und dann fristgerecht nach 48 Stunden stellen, dann hätte
       Steinmeier bis zum 20. Dezember Zeit, zu entscheiden, ob der Bundestag
       aufgelöst wird. Gewählt würde dann am 16. Februar. Auch im Dezember gibt es
       noch zwei Sitzungswochen, der Wahltermin verschöbe sich nach hinten.
       
       Im Bundeswahlgesetz und in der Bundeswahlordnung gibt es zahlreiche
       Fristen, die den spätesten Zeitpunkt etwa für die Einreichung von
       Unterstützungsunterschriften durch kleine Parteien oder die Aufstellung von
       Wahllisten vor dem Wahltag regeln. Bei einer vorgezogenen Neuwahl kann das
       Bundesinnenministerium diese Fristen per Verordnung verkürzen.
       
       Bundeswahlleiterin Ruth Brand warnte allerdings vor zu großer Hektik. Nach
       einem Treffen mit den Landeswahlleitungen erklärte sie am Montag, der
       Zeitraum von 60 Tagen zwischen der Auflösung des Bundestags und der Neuwahl
       sollte ausgeschöpft werden, um „Herausforderungen bei der Wahlorganisation
       bestmöglich zu begegnen.“
       
       In einem Brief an den Bundeskanzler hatte sie am Freitag Alarm geschlagen.
       Fielen die Fristen in die Weihnachts- und Neujahrszeit, wäre der ohnehin
       knappe Zeitraum maßgeblich verkürzt und könnte gar zu „unabwägbaren Risiken
       auf allen Ebenen, insbesondere auf Gemeindeebene, führen“, schrieb Brand.
       So müssten Wahlhelfende geschult, Wahlräume ausgestattet, Wahlausschüsse
       berufen und die notwendige IT-Infrastruktur bereitgestellt werden.
       
       Die Union hielt ihr deswegen vor, sich vom Kanzler instrumentalisieren zu
       lassen, was Sprecher Hebestreit zurückwies: „Die Bundeswahlleiterin agiert
       unabhängig und ihre Argumente sind zu berücksichtigen.“
       
       SPD-Generalsekretär Matthias Miersch warnte davor, die demokratischen
       Institutionen zu beschädigen. Auch er nannte noch Vorhaben, die man im
       Parlament verabschieden könne – etwa die Kindergelderhöhung und die
       [3][Deutschlandticket-Fortsetzung]. Doch zentral sei jetzt, „dass Neuwahlen
       ordnungsgemäß stattfinden und sorgfältig vorbereitet werden können.“ Offen
       bleibt, wann. Und damit zurück an Olaf Scholz.
       
       11 Nov 2024
       
       ## LINKS
       
 (DIR) [1] /Ampelkoalition-zerbricht/!6047487
 (DIR) [2] https://www.ardmediathek.de/video/caren-miosga/wie-geht-es-weiter-herr-bundeskanzler/das-erste/Y3JpZDovL2Rhc2Vyc3RlLmRlL2NhcmVuLW1pb3NnYS8yMDI0LTExLTEwXzIxLTQ1LU1FWg
 (DIR) [3] /Deutschlandticket-wird-2025-teurer/!6035447
       
       ## AUTOREN
       
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 (DIR) Anna Lehmann
 (DIR) Amelie Sittenauer
       
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