# taz.de -- Angriff auf Kultursenator: Radikalisierung vor der Haustür
       
       > Die Anti-Israel-Szene wird immer übergriffiger. Zuletzt sprühte man
       > „Genocide Joe Chialo“ ans Haus des Kultursenators. Radikalisierung, die
       > nur konsequent ist.
       
 (IMG) Bild: Wurde schon zum zweiten Mal angegriffen: Berlins Kultursenator Joe Chialo
       
       Es ist schwer zu begreifen, wie es so weit kommen konnte. Dass Grenzen fast
       ein Jahr nach dem 7. Oktober auch hier in Deutschland immer und immer
       wieder überschritten werden und die Radikalisierung einer
       propalästinensischen Szene, die ihren Israelhass offen vor sich herträgt,
       voranschreitet.
       
       Schon zum zweiten Mal wurde der [1][Berliner Kultursenator Joe Chialo]
       angegriffen. Diesmal hatten die Täter die Fassade seines Wohnhauses mit
       blutroter Farbe beschmiert und „Genocide Joe Chialo“ darauf gesprüht. Ein
       abscheulicher Eingriff in die Privatsphäre des CDU-Politikers, der nicht
       nur ihn, sondern auch seine Familie in Angst versetzen soll. Noch sind die
       Täter nicht ermittelt. Doch die Handschrift, die diese Attacke trägt, legt
       nahe, dass sie im antiisraelischen Milieu zu finden sind.
       
       Erst wenige Tage zuvor war Chialo bei der [2][Eröffnung eines Kunstzentrums
       von einer in Kefijes gehüllten Menschenmenge bedrängt] worden. In Chialos
       Richtung flog ein Mikrofonständer. Er blieb unverletzt, konnte den Ort aber
       nur mit Polizeischutz verlassen.
       
       ## Die Angriffe sollen einschüchtern
       
       Die Message solcher Angriffe ist klar: Wer sich nicht dem Druck der Szene
       beugt, sich nicht erpressen lässt, und in ihren Augen „auf der falschen
       Seite steht“, also sich zu Israel bekennt, wird zum Angriffsziel gemacht
       und soll sich nicht mehr sicher fühlen dürfen. Diese Taten, sie sollen
       einschüchtern, nicht nur Politiker wie Chialo und seine Familie, sondern
       alle, die sich gegen den aggressiven Antisemitismus aussprechen und die
       einen autoritär geführten Diskurs über Israel und den Krieg in Gaza
       ablehnen.
       
       Es zeigt sich einmal mehr, wie radikal Teile der israelfeindlichen Szene
       geworden sind, wie sie bewusst Grenzen überschreiten, und Gewalt als
       legitimes Mittel ihres politischen Protests erachten. Auf ihren
       Demonstrationen gehören Gewaltaufrufe gegen Juden und Israel sowie Angriffe
       gegen Journalist:innen mittlerweile zum festen Repertoire. Erst im Juli
       war Bild-Reporter [3][Iman Sefati nach einer Demonstration vor seinem
       Wohnhaus mit einem Messer bedroht] worden.
       
       Bei genauerer Betrachtung ist diese Radikalisierung nicht überraschend,
       sondern nur konsequent. Wer zu Gewalt aufruft, wird auch nicht davor
       zurückschrecken, diese irgendwann selbst anzuwenden. Wem es nur um die
       eigenen aggressiven Gefühle geht, der wird bald selbst zur Barriere, hinter
       der traurigerweise die wichtigen politischen Anliegen verschwinden.
       
       ## Es gibt auch echten Mut
       
       Die Schreihälse der Palästinasolidarität verstehen sich als Unterdrückte,
       die gegen die Mächtigen protestieren. In dieser Weltsicht kann auch eine
       Attacke gegen einen Politiker oder einen Journalisten zu einer mutigen Tat
       umgedeutet werden. Doch mutig ist keiner dieser selbsternannten
       Freiheitskämpfer.
       
       Mutig hingegen ist für mich [4][Hamza Howidy], Aktivist und Flüchtling aus
       Gaza. Howidy, heute in Deutschland, kennt die Brutalität der
       Hamas-Terroristen. Weil er gegen die schlechten Lebensbedingungen in Gaza
       demonstrierte, ein Produkt der Hamas-Herrschaft, wurde er von diesen
       Herrschern gefoltert. Howidy spricht öffentlich darüber, dass er lange den
       in Gaza propagierten Judenhass glaubte. Er ist einer, der glaubhaft gemacht
       hat, dass er diese Ansichten abgelegt und reflektiert hat.
       
       Howidy ist Aktivist und setzt sich für Zivilisten in Gaza ein. Er vergisst
       dabei nicht, dass die Forderung nach einem Waffenstillstand auch die nach
       der Freilassung der israelischen Geiseln beinhalten muss. Howidy kritisiert
       die israelische Regierung hart – die Terroristen der Hamas klammert er aber
       nicht aus. In Deutschland sieht sich Howidy im Visier von Islamisten. In
       seiner Asylbewerberunterkunft und auf der Straße. Und trotzdem verstummt er
       nicht. Das ist Mut.
       
       27 Sep 2024
       
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