# taz.de -- Kulturzentrum vor dem Aus: Oyoun verliert Räumungsprozess
       
       > Das Neuköllner Kulturzentrum Oyoun soll bis Ende des Jahres seine Räume
       > verlassen. Unterdessen sucht die Kulturverwaltung schon einen neuen
       > Betreiber.
       
 (IMG) Bild: Das Haus in der Lucy-Lameck-Straße in Neukölln. Geht es nach der Kulturverwaltung, muss das Oyoun zum Jahresende raus
       
       Berlin taz | Das Kulturzentrum Oyoun muss seine Räumlichkeiten in Neukölln
       bis Ende des Jahres verlassen und an den landeseigenen
       Immobiliendienstleister BIM übergeben. Das hat das Landgericht Berlin
       bereits am Freitag entschieden, wie nun bekannt wurde. Allerdings ist das
       Urteil noch nicht rechtskräftig. Man werde eine Berufung vor dem
       Kammergericht prüfen, sagte [1][der Anwalt des Oyoun, Michael Plöse], im
       Vorfeld der Urteilsverkündung zur taz.
       
       Damit geht der Rechtsstreit wohl bald in eine weitere Runde. Bereits jetzt
       reiht sich die Räumungsklage in eine Vielzahl von Gerichtsverfahren rund um
       das Kulturzentrum ein. Hintergrund ist ein [2][Streit um
       Antisemitismusvorwürfe]. Nach einer Veranstaltung der propalästinensischen
       Gruppe „Jüdische Stimme für einen gerechten Frieden in Nahost“ in den
       Räumen des Oyoun im November 2023 hatte die CDU-geführte
       Senatskulturverwaltung die bis 2025 zugesicherte Förderung für den
       Kulturort gestrichen.
       
       ## Zweifel, ob Kündigung rechtens war
       
       Im Zuge dessen wurde dem Oyoun auch der Mietvertrag gekündigt. Laut Anwalt
       Michael Plöse handelt es sich hierbei aber um einen komplexen Fall. „Der
       Mietvertrag ist kein klassischer Gewerbemietvertrag“, so Plöse. Denn die
       BIM trete zwar als Vermieterin auf und die „Kultur NeuDenken gUG“, also das
       Oyoun, als Mieterin, aber die Senatsverwaltung übernehme durch die Zahlung
       der Miete eine Hauptleistungspflicht der Mieterin.
       
       Teil der mündlichen Verhandlung in dem Räumungsverfahren war deshalb auch
       die Frage, ob die Kündigung der BIM überhaupt wirksam sei, da sie nur
       gegenüber dem Oyoun erfolgte. Der Anwalt ist der Meinung, dass sie wegen
       des ungewöhnlichen Mietverhältnisses auch gegenüber der
       Senatskulturverwaltung hätte ausgesprochen werden müssen.
       
       ## Politische Motive
       
       Unterdessen deuten [3][Recherchen der Tageszeitung nd] darauf hin, dass der
       Entzug der Fördermittel durch Kultursenator Joe Chialo (CDU) aus
       politischen Motiven erfolgte. Die Zeitung hatte im Juli von Dokumenten
       berichtet, aus denen hervorgeht, dass eine interne Prüfung von Aussagen zum
       Nahostkonflikt aus dem Umfeld des Oyoun keinen Anlass zum Förderungsstopp
       bot.
       
       Daraufhin sei eine zweite Prüfung in Auftrag gegeben worden, um trotzdem
       einen Förderungsstopp zu erwirken. Es folgte ein mehrstufiges
       bürokratisches Verfahren, das letztlich zum Entzug der bereits
       zugesicherten Fördermittel führte. Die Senatskulturverwaltung will sich
       dazu auf taz-Anfrage nicht äußern.
       
       Das Oyoun hatte gegen den Entzug der Fördergelder geklagt – allerdings vor
       dem Verwaltungs- wie auch dem Oberverwaltungsgericht verloren. Ende Juli
       gab der Berliner Verfassungsgerichtshof dem Oyoun jedoch recht und verwies
       den Fall zurück zum Oberverwaltungsgericht – wo das Verfahren derzeit noch
       läuft. Bis zu einer Entscheidung können Monate bis Jahre vergehen.
       
       ## Neuausschreibung trotz laufender Verfahren
       
       Die Kulturverwaltung sucht derweil schon nach einem neuen Betreiber für die
       Räume in der Lucy-Lameck-Straße – trotz der laufenden Gerichtsverfahren.
       Das hatte sich in den vergangenen Wochen abgezeichnet. Spätestens ab Januar
       soll der Ort mit einem neuen Konzept wieder eröffnen.
       
       Laut einem Sprecher der Senatskulturverwaltung hat das Abgeordnetenhaus die
       für den Kulturort vorgesehenen Mittel für das laufende Jahr gesperrt, eine
       Freigabe sei an eine Neuausschreibung gekoppelt: „An der Erfüllung dieses
       Auftrages arbeiten wir. Im Übrigen ist es dem Oyoun selbstverständlich
       möglich, sich zu bewerben“, so der Sprecher zur taz. Das Oyoun war am
       Dienstag nicht für eine Stellungnahme zu erreichen.
       
       3 Sep 2024
       
       ## LINKS
       
 (DIR) [1] /Jurist-ueber-Palaestina-Kongress/!6004427
 (DIR) [2] /Kulturpolitik-im-Nahost-Konflikt/!5968435
 (DIR) [3] https://www.nd-aktuell.de/artikel/1183505.exklusiv-oyoun-foerdermittelaffaere-in-joe-chialos-kultursenat.html
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Martha Blumenthaler
       
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