# taz.de -- Mehr Antisemitismus seit dem 7. Oktober: Lieber ohne Kippa
       
       > Die Anfeindungen, die jüdische Menschen erleben, nehmen immer weiter zu.
       > Es wird Zeit, dass sich die schweigende Mehrheit hinter sie stellt.
       
 (IMG) Bild: Demonstrierende auf einer pro-israelischen Demo setzten sich gegen Antisemitismus ein
       
       Es dürfe niemals sein, dass Bürgerinnen und Bürger jüdischen Glaubens in
       Deutschland in Angst und Schrecken leben müssten, dass Juden sich nicht
       mehr trauen könnten, mit Kippa aus dem Haus zu gehen oder an Hochschulen
       lieber nicht mehr sagten, dass sie jüdisch sind. So sprach Bundeskanzler
       [1][Olaf Scholz] am Sonntag zum Jahrestag [2][des Hamas-Massakers vom 7.
       Oktober].
       
       Scholz hat zweifellos recht, aber den Konjunktiv hätte er sich sparen
       können. Tatsache ist, dass ich keinen Juden kenne, der es noch wagt, mit
       Kippa das Haus zu verlassen, aber viele, die an der Uni lieber
       verschweigen, dass sie jüdisch sind. Tatsache ist auch, dass Deutschland
       Schauplatz der mächtigsten Welle antisemitischer Straftaten seit 1945 ist.
       
       Ein Massaker an Zivilisten wird bejubelt. Eine Terrorgruppe wird zum
       Befreier erklärt, während ihre Opfer zu Tätern gemacht werden. Deutsche
       Juden werden in Haftung genommen für das, was eine Regierung am östlichen
       Mittelmeer unternimmt. Wenn das kein Israel-bezogener [3][Judenhass] ist,
       was bitte soll es sonst sein? Vielleicht Antiimperialismus für Vollidioten?
       
       Es ist nicht so, als würden die Bundesregierung und der Staat dieser
       Entwicklung tatenlos zusehen. Sie drohen, sie strafen ab, sie schimpfen und
       sie appellieren. Der Erfolg solcher Interventionen ist gering. Doch der
       Einfluss des Staats auf das Denken seiner Bürger ist bekanntlich generell
       begrenzt.
       
       ## Kein Zeichen der Empathie
       
       Das Problem sind nicht alleine die Judenhasser, seien es nun arabische
       Migranten, deutsche Rechtsradikale oder irregeleitete angebliche Linke. Das
       Problem ist die schweigende Mehrheit. Von ihr ist kein Zeichen der Empathie
       für die Bedrohten zu hören. Für sie gehören Juden offenbar nicht zu den
       Menschen, deren Leben und Würde schützenswert ist.
       
       Der Zulauf zu judenfreundlichen Demonstrationen blieb weitgehend auf die
       selbst Betroffenen beschränkt. Der deutsche Michel sitzt lieber hinter dem
       warmen Ofen und ängstigt sich vor dem Flächenbrand im Nahen Osten und
       steigenden Benzinpreisen. Es ist zum Verzweifeln. Nicht nur für Juden.
       
       7 Oct 2024
       
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 (DIR) Klaus Hillenbrand
       
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