# taz.de -- Starkregen in Europa: Brandenburg vor Wahl und Welle
       
       > An der Oder und an der Elbe rechnen sie mit Hochwasser und stellen sich
       > auch auf den Katastrophenfall ein. Berlin ist vom Spreewald besser
       > geschützt.
       
 (IMG) Bild: Die Pegelstände steigen weiter: an der Elbe, der Oder und – wie hier in Guben – an der Neiße
       
       BERLIN taz | In Brandenburg starren sie derzeit nicht nur auf
       Diagrammbalken zu Wahlumfragen, sondern auch auf Pegelstände. Wegen der
       [1][extremen Niederschläge in Polen und Tschechien] bereiten sich das Land
       und die Kommunen auch hier auf Hochwasser vor. Das Land hat für den
       gesamten Osten an Elbe, Neiße, Oder, aber auch Dahme, Spree und Berste
       bereits am Wochenende Hochwasserwarnungen herausgegeben.
       
       Besonderes Augenmerk liegt derzeit auf der Oder: „Alarmstufe 3 werden wir
       hier sicher erreichen, möglicherweise auch Stufe 4“, sagte ein Sprecher des
       Landesamts für Umwelt (LfU) am Montag der taz. Für genauere Vorhersagen sei
       es noch zu früh, auch die Datenübermittlung aus den Hochwassergebieten in
       Polen liefe teils stockend. Er rechne damit, dass am Dienstag genauere
       Prognosen möglich seien. Alarmstufe 3 ruft das LfU aus, wenn das Wasser bis
       zur halben Deichhöhe geht und absehbar weiter steigt. Dann wird ein
       ständiger Wachdienst auf den Deichen eingerichtet. Alarmstufe 4 ist die
       „Katastrophenabwehr“, bei der damit zu rechnen ist, dass das Wasser größere
       Flächen und Straßen überflutet.
       
       In Frankfurt (Oder) war der [2][Pegelstand am Montag] laut LfU-Daten rund
       60 cm höher als noch am Freitag, Tendenz weiter steigend. Die Stadt sei
       vorbereitet, sie seien mit den Landesbehörden in Kontakt und hätten für
       Dienstag einen Krisenstab einberufen, sagte ein Sprecher der taz. „Die
       großen Wassermassen erwarten wir erst ab Mittwoch“, sagte er. Beim LfU
       rechnen sie damit, dass die Hochwasserwelle aus Polen am Mittwoch die
       Oder-Neiße-Mündung bei Ratzdorf passiert, von wo aus es noch ein bis zwei
       „Fließtage“ bis Frankfurt (Oder) seien.
       
       „Im Moment sieht es nicht nach besonders hohen Wasserständen aus. Konkret
       wird es auch davon abhängen, wie die Hochwasserwellen der Neiße und anderer
       Zuflüsse zeitlich aufeinandertreffen“, sagt Sergiy Vorogushyn,
       Wissenschaftlicher Mitarbeiter in der Hydrologie beim Deutschen
       Geoforschungszentrum Potsdam (GFZ).
       
       ## Sandsäcke liegen bereit
       
       Auch die Elbe sei vom Hochwasser betroffen, allerdings rechnet Brandenburg
       derzeit damit, dass es hier mit einer langgestreckteren Welle und einem
       abgeschwächten Scheitel durchfließen wird. Es könnte sich auf einen
       längeren Fluss-Abschnitt verteilen und daher weniger heftig ausfallen. „Die
       Saale, die 2002 auch Hochwasser geführt hatte, ist jetzt nicht betroffen,
       auch das entschärft die Situation“, sagte der LfU-Sprecher.
       
       Laut Brandenburgs Innenminister Michael Stübgen (CDU) sind 2,6 Millionen
       Sandsäcke verfügbar. Technisches Hilfswerk, Feuerwehr und Bundeswehr seien
       darauf vorbereitet, bei Bedarf zu unterstützen. „Wir müssen sehr wachsam
       sein“, sagte Landesumweltminister Axel Vogel (Grüne) am Wochenende. Klar
       sei aber auch, dass durch [3][die vom Menschen verursachte Erderwärmung]
       solche Extremwettereignisse künftig häufiger auftreten werden – mit den
       entsprechenden Folgen.
       
       „Die Forschung zeigt, dass [4][Extremwetterereignisse wie das aktuelle
       wahrscheinlicher werden], auch wenn wir den Faktor erst im Nachgang genauer
       berechnen können“, sagt GFZ-Mitarbeiter Vorogushyn. Schon jetzt ließe sich
       sagen, dass die sommerliche Hitzewelle im Mittelmeerraum und die extremen
       Temperaturen, die mit ursächlich für die aktuelle Wetterlage sind, ohne die
       Klimaveränderung quasi unmöglich gewesen wären. „Das ist tatsächlich ein
       Präzedenzfall“, betont Vorogushyn.
       
       ## Spree wird in Berlin nicht überlaufen
       
       Berlin dürfte übrigens [5][bis auf Weiteres zumindest von einem
       Flusshochwasser verschont] bleiben: „Eine Ausuferung der Spree ist hier
       nicht das Problem“, sagt der Wissenschaftler. Wenn es Niederschläge im
       Oberlauf der Spree gegeben habe, seien diese nie nennenswert in der Stadt
       angekommen – „weil beispielsweise der Spreewald wie ein Schwamm wirkt und
       das Hochwasser abpuffert“.
       
       Bedeutende menschengemachte Puffer kommen hinzu, etwa [6][die Überleitungen
       in die ehemaligen Tagebaue bei Cottbus], die geflutet und in Seen
       verwandelt werden, oder der Spree-Dahme-Umflutkanal. Auch Müggelspree und
       Müggelsee können große Wassermassen aufnehmen.
       
       Abgesehen von den Überschwemmungen im Jahr 1945, für die zahlreiche
       gesprengte Brücken und ein folgende Eisstau verantwortlich waren, trat die
       Stadtspree zuletzt 1905 aufgrund eines Hochwassers über ihre Ufer. Für die
       Hauptstadt sind laut Vorogushyn dagegen Starkniederschläge wie etwa im
       Sommer 2017 die größere Gefahr. Wenn heftige Wolkenbrüche in einzelnen
       Stadtteilen die Kanalsysteme überfordern, kann es zur Überschwemmung von
       Unterführungen, Autobahnabschnitten oder Kellern kommen.
       
       16 Sep 2024
       
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