# taz.de -- Bettel-Verbote in Städten: Ungeklärte Rechtslage
> Viele Städte verbieten das Betteln auf rechtlichen Umwegen. Dabei
> tendiert das Bundesverfassungsgerichts dazu, dass Betteln ein Grundrecht
> sein könnte.
(IMG) Bild: Unrecht oder Grundrecht? Eine bettelnde Frau am Hamburger Jungfernstieg
Betteln ist im öffentlichen Raum grundsätzlich erst mal erlaubt. Ungeklärt
ist allerdings bisher, ob es so etwas wie ein Grundrecht auf Betteln gibt.
Was es aber sehr wohl gibt, sind [1][diverse verwaltungsgerichtliche
Entscheidungen], die generelle Bettelverbote als rechtlich unzulässig
kassiert haben.
Unerwünschtes Verhalten bleibt das Bitten um Geld im öffentlichen Raum oder
in öffentlichen Verkehrsmitteln aber trotzdem, und darum versuchen Städte
wie Hamburg auch auf Umwegen, beispielsweise über das Straßen- und
Wegerecht, dagegen vorzugehen. Ziel ist immer, dass alle, die genug Geld
haben und niemanden auf der Straße um Hilfe bitten müssen, möglichst
störungsfrei von A nach B kommen.
Das ist auch das Anliegen der Hamburger Hochbahn, die das Bettelverbot in
U-Bahnen und an Bahnhöfen per Hausrecht [2][konsequenter kontrollieren und
gegen Verstöße vorgehen will]. Auch hier ist das Ziel klar: Den zahlenden
Fahrgästen soll bloß keine Störung zugemutet werden. Um Problemlösung geht
es nicht.
Unterschieden wird in der Verbotsdebatte zwischen passivem und aggressivem
Betteln. Das stille Bitten um Hilfe ist für viele noch tolerabel, da kann
man die Augen verschließen und den Hilfesuchenden vorbeiziehen lassen.
Gegen das aggressive Betteln, bei dem der Weg versperrt oder das Gegenüber
angefasst oder mehrmals angesprochen wird, würde zwar im Zweifel auch ein
einfacher Platzverweis der Polizei reichen. Es wird stattdessen gern als
Argument für ein generelles Bettelverbot genutzt.
Aber darf das so sein? Ein Blick in die Spruchpraxis des
Bundesverfassungsgerichts deutet darauf hin, dass Betteln sehr wohl ein
Grundrecht sein könnte. Da heißt es etwa: „Ein vom Elend der Welt
unbeschwertes Gemüt des Bürgers ist kein Belang, zu dessen Schutz der Staat
Grundrechtspositionen einschränken darf. Unerheblich sind folglich
Belästigungen Dritter, die darin liegen, dass diese mit ihnen unliebsamen
Themen konfrontiert werden.“ (BVerfGE 102, 347)
Betteln ist sicher ein solch unliebsames Verhalten und dürfte demnach von
der Handlungs- und Meinungsfreiheit gedeckt sein. Wieso sollten Sätze wie
„Ich habe Hunger, haben Sie ein paar Cent für mich?“ auch nicht unter den
Schutz der Meinungsfreiheit fallen?
Der menschenwürdige Ansatz wäre also zu erkennen, dass [3][jemand Hilfe
braucht] und zu schauen, wie diese Hilfe aussehen könnte. Und nicht
abweichendes und unerwünschtes Verhalten zu verbieten, in der irrigen
Annahme, es löse sich dann einfach in Luft auf.
24 May 2024
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## AUTOREN
(DIR) Ilka Kreutzträger
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