# taz.de -- AfD-Prozess in Münster: Kommt bald das Urteil?
       
       > Die AfD versucht weiter mit allen Mitteln, den Prozess gegen den
       > Verfassungsschutz zu verzögern. Doch das Gericht will zum Ende kommen.
       
 (IMG) Bild: Berufungsverfahren zur Einstufung der AfD durch den Verfassungsschutz, hier am 13. März 2024
       
       Münster taz | Gegen Mittag plötzlich klang der AfD-Anwalt Christian Conrad
       schließlich verdächtig nach dem DDR-Staatsratsvorsitzenden Walter Ulbricht,
       verantwortlich für den Mauerbau: „Niemand hat das Interesse an einer
       Prozessverschleppung“, behauptete er kühn – wohlgemerkt nach dem bereits
       zweiten abgelehnten Befangenheitsantrag gegen das Gericht nur an diesem
       Vormittag. Dabei war die AfD bereits mit zwei Befangenheitsanträgen am
       ersten Prozesstag im März gescheitert. Danach hatte sie Beweisanträge zur
       Vernehmung von Mitarbeiter*innen des Verfassungsschutzes mühsam und
       schleppend Wort für Wort gleichlautend vorgetragen, teils nur mit
       geänderten Namen.
       
       Heute sagt Conrad: „Bis heute kann mir keiner erklären, was Sinn und Zweck
       einer Prozessverschleppung wäre.“ Dann verlangte er eine Erklärung für den
       Vorwurf, warum die AfD das Interesse haben sollte, das Verfahren schieben
       zu wollen – „dann können wir auch aufhören, allgemeine Beweisanträge zu
       stellen“, so Conrad. Danach folgten allein bis zur Mittagspause: ein Antrag
       auf Vertagung, ein Antrag auf Akteneinsicht, ein weiterer allgemeiner
       Beweisantrag.
       
       Dabei ist nicht schwer zu erklären, warum die AfD ein Urteil scheut: Sie
       wehrt sich juristisch gegen ihre Einstufung als rechtsextremer
       Verdachtsfall von 2021. Im März 2022 gab das Verwaltungsgericht Köln dem
       Verfassungsschutz recht und [1][selbst in der AfD rechnet sich niemand
       wirklich gute Chancen] in der Berufungsinstanz vor dem
       Oberverwaltungsgericht Münster aus. Die Partei strickt zwar eifrig an ihrer
       Opferlegende von einem instrumentalisierten Verfassungsschutz, tatsächlich
       kommt dieser aber seiner gesetzlich definierten Aufgabe nach: Er
       beobachtete verfassungsfeindliche Tendenzen. Und die gibt es in der AfD nun
       mal zuhauf.
       
       Deswegen gilt es auch als relativ sicher, dass vom Verfahren in Münster
       auch die drohende [2][Hochstufung zu einer gesichert rechtsextremistischen
       Bestrebung] abhängt. Das Ziel der AfD im Superwahljahr 2024 ist, bei den
       Landtagswahlen in Sachsen, Thüringen und Brandenburg aus der politischen
       Isolation herauszukommen und [3][ein drohendes Verbotsverfahren möglichst
       lange aufzuschieben]. Schon jetzt will keine der demokratischen Parteien
       mit der AfD zusammenarbeiten, eine behördlich besiegelte Hochstufung zur
       gesichert rechtsextremen Partei auf Bundesebene würde den Graben eher
       vertiefen und etwaige Koalitionspartner wie der FDP und der CDU in noch
       größere Erklärungsnöte bringen als ohnehin schon.
       
       ## Anträge der AfD „rechtsmissbräuchlich“
       
       Das Mammutverfahren umfasst mittlerweile tausende Aktenseiten
       Belegsammlungen rechtsextremer Ausfälle der sich [4][seit zehn Jahren
       kontinuierlich radikalisierenden Partei]: ob nun der gerade parallel wegen
       SA-Parolen angeklagte Höcke schon 2019 in seinem Buch ein großangelegtes
       „Remigrationsprojekt“ mit „wohltemperierter Grausamkeit“ forderte oder
       EU-Spitzenkandidat Maximilian Krah davon spricht, dass das Land „bunt wie
       eine Müllhalde“ werde, multikulturell auch „multikriminell heiße“ und
       Verschwörungsideologien vom „Großen Austausch“ verbreitet.
       
       Dass auch das Gericht die Belegsammlung des Verfassungsschutzes für eine
       Einstufung als rechtsextremer Verdachtsfall für ausreichend hält, hatte
       sich bereits am Prozesstag zuvor angedeutet. Vor einer Woche hatte der
       vorsitzende Richter Gerald Buck es abgelehnt, dass die AfD alle rund 470
       Beweisanträge der AfD mündlich vorträgt und darum gebeten, diese
       schriftlich einzureichen. Dann verwarf er sie teils als „unerheblich“,
       andere seien darauf ausgerichtet, den Verfassungsschutz auszuforschen und
       daher ebenfalls abzulehnen. Tatsachenbehauptungen der AfD seien teils aus
       der Luft gegriffen. Zudem gebe es genügend Hinweise bei der AfD, die auf
       Bestrebungen gegen die freiheitlich-demokratische Grundordnung hinweisen
       würden.
       
       Ähnlich erfolglos war die AfD auch an diesem Montag: Auch die neuen
       Befangenheitsanträge lehnte Richter Buck ab. Sie seien
       „rechtsmissbräuchlich“, begründete das Gericht, und „gänzlich untauglich“
       und „daher ungeeignet“, die Befangenheit des 5. Senats des OVG zu belegen.
       
       Die AfD beantragte dann noch eine weitere Vertagung, um Zeit zu bekommen,
       um sich zu allen rund 470 abgelehnten Beweisanträge einzeln äußern zu
       können. Doch das Gericht lehnte auch eine Vertagung für einen Extra-Termin
       ab. Der vorsitzende Richter Buck sagte: „Wir sehen keinen Anlass für eine
       Unterbrechung und eine schriftliche Formulierung, Rechtsauffassungen
       gehören in die mündliche Verhandlung.“ Die Vertagung wurde ebenso wie zwei
       weitere Beweisanträge abgelehnt.
       
       AfD-Bundesvorstand Roman Reusch war am Nachmittag entsprechend wenig
       optimistisch. Er sagte der taz: „In dieser Instanz haben wir keinen
       Blumentopf mehr zu gewinnen. Das ist ja kein Geheimnis. Wir arbeiten nur
       noch für die nächste Instanz.“ Der vorsitzende Richter Buck sagte wenig
       später, er sehe kein Grund für weitere Sachaufklärung und nannte die Sache
       „entscheidungsreif“.
       
       Man merkte auch am Montag, dass das Gericht gerne rasch zum Urteil kommen
       würde, auch wenn Prozesstage bis zum Juni angesetzt sind. Der Senat ist mit
       seiner Gliederung durch; das Einzige, was dem Urteil noch im Weg steht:
       weitere luftige Anträge der AfD. Aber in der extrem rechten Partei hat ja
       niemand die Absicht, einen Prozess zu verzögern.
       
       6 May 2024
       
       ## LINKS
       
 (DIR) [1] /Rechtsextremismus/!5994465
 (DIR) [2] https://www.sueddeutsche.de/politik/afd-rechtsextremismus-verfassungsschutz-gutachten-1.6394686?reduced=true
 (DIR) [3] /Diskussion-ueber-AfD-Verbotsverfahren/!5997151
 (DIR) [4] /10-Jahre-AfD/!5910563
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Gareth Joswig
       
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