# taz.de -- Umstrittene Shopping-Plattform Temu: Online-Marktplatz im Visier
       
       > Verbraucherschützer haben Temu bereits abgemahnt. Nun fordert auch
       > die Bundesregierung, das Recht durchzusetzen. Doch es gibt einen Haken.
       
 (IMG) Bild: Verbraucherschützer sind angesichts der Praktiken der Plattform Temu alarmiert
       
       Berlin taz | Der Druck auf den Online-Marktplatz Temu nimmt zu. Nachdem
       bereits Ende März der Verbraucherzentrale Bundesverband (VZBV) die
       Plattform abgemahnt hatte, hat sich nun auch die Bundesregierung
       eingemischt: „Spiele, Glücksräder, Rabatt-Countdowns et cetera suggerieren
       unglaubliche Rabatte und Schnäppchen“, sagte
       Verbraucherschutz-Staatssekretärin Christiane Rohleder der dpa. Angesichts
       der jungen Zielgruppe, die Temu vor allem anspreche, sei es um so
       wichtiger, die geltenden Regeln gegen manipulative Gestaltung von Webseiten
       durchsetzen.
       
       Temu funktioniert wie ein klassischer Online-Marktplatz: Er bringt die
       Kund:innen mit den Händlern oder Herstellern in China zusammen. Wer
       kauft, bestellt direkt in China, von dort werden die Waren ohne
       Zwischenhändler an die Kund:innen versandt.
       
       Laut [1][einer Umfrage der Marktforschungsplattform Appino] vom Dezember
       hat in Deutschland jede:r Vierte zwischen 16 und 65 Jahren in den
       vergangenen sechs Monaten bei Temu eingekauft. Dem Branchenportal
       Absatzwirtschaft zufolge liegt der Marktplatz damit an den Nutzerzahlen
       gemessen in einer Größenordnung mit Anbietern wie Otto.
       
       Rohleder bezieht sich nun mit ihrer Kritik auf eines der
       EU-Plattformgesetze, den [2][Digital Services Act (DSA)]. Dessen Vorgaben
       sind im Februar vollständig wirksam geworden und sehen unter anderem Regeln
       gegen manipulatives Design vor. Dieser Punkt ist es, den Rohleder
       kritisiert, auch die Abmahnung des VZBV stützt sich unter anderem darauf.
       Der Verband bemängelte unter anderem, dass die Plattform während des
       Bestellens zahlreiche Hinweise zeige wie „Beeile dich! Über 126 Personen
       haben diesen Artikel in ihrem Warenkorb“. Laut der zuständigen
       VZBV-Referentin Rosemarie Rodden hat Temu auf die Abmahnung reagiert und
       eine Unterlassungserklärung angeboten. Diese prüfe man derzeit.
       
       ## Schwierige Aufsichtsfrage
       
       Komplizierter wird es bei der staatlichen Aufsicht für die europäischen
       DSA-Regeln. Denn noch ist nicht klar, wer in dieser Sache letztlich für
       Temu zuständig ist. Die EU-Kommission kann die Aufsicht an sich ziehen,
       indem sie den Marktplatz als „Very Large Online Platform“ einstuft.
       Ansonsten weist eine Sprecherin des Verbraucherschutzministeriums auf
       Anfrage darauf hin, dass die Zuständigkeit bei Irland liegt – hier hat Temu
       eigenen Angaben zufolge seinen Sitz.
       
       Temu ist nicht nur in Deutschland im Visier. [3][In Frankreich hatten im
       März die Abgeordneten der Nationalversammlung einem Gesetz zugestimmt], das
       gegen den Ultra-Fast-Fashion-Sektor vorgehen soll. In diesem
       Billigst-Modesegment spielen Plattformen wie Shein oder Temu eine wichtige
       Rolle. Das Gesetz sieht unter anderem Werbeverbote und Zuschläge für
       Unternehmen mit niedrigen Umwelt- und Sozialstandards vor. Unklar ist noch,
       wie letzteres durchgesetzt werden soll, weil Temu nicht als Hersteller oder
       Verkäufer, sondern als Marktplatz auftritt.
       
       Temu widerspricht gegenüber der taz den Manipulations- und
       Preisdumpingvorwürfen: „Die angezeigten Bestands- und Kaufaktualisierungen
       spiegeln den tatsächlichen Lagerbestand wider.“ Viele der Lieferanten seien
       Hersteller, die traditionell stationäre Geschäfte belieferten. Auf der
       Plattform würden deren „empfohlene Verkaufspreise, die auf den Ladenpreisen
       basieren, als Referenzpunkt“ verwendet.
       
       8 Apr 2024
       
       ## LINKS
       
 (DIR) [1] https://www.appinio.com/de/pressemitteilungen/temu
 (DIR) [2] /Digital-Markets-und-Digital-Services-Act/!5992274
 (DIR) [3] /Fast-Fashion-in-Frankreich/!5996190
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Svenja Bergt
       
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