# taz.de -- Mitgründerin über Pro-Gendern-Ini: „Wir sind gegen Sprachverbote“
       
       > In Hamburg fordert eine Volksini ein Gender-Verbot. „Die Mitgemeinten“
       > wollen dagegen für Vielfalt werben. Christina Maria Huber erklärt die
       > Strategie.
       
 (IMG) Bild: Guerrilla-gegendert: Schild mit Zusatz „:innen“
       
       taz: Frau Huber, wer sind „Die Mitgemeinten“? 
       
       Christina Maria Huber: Wir sind ein [1][Bündnis aus Verbänden,
       Gewerkschaften und Privatpersonen], das sich aus der Diskussion und dem
       Engagement für sprachliche Vielfalt gegründet hat. Bei uns sind diejenigen
       willkommen, die im generischen Maskulinum nur mitgemeint sind. Menschen,
       die sich dadurch nicht benannt fühlen und alle, die sich mit ihnen
       solidarisieren.
       
       Mit welchem Ziel? 
       
       Mit dem Ziel, für unser Thema, die Aufklärung über geschlechtersensible
       Sprache, öffentliche Aufmerksamkeit zu gewinnen und in den Hamburger
       Diskurs einzutreten. Wir wollen die Debatte nicht nur den Gegner:innen
       des Genderns überlassen. Deswegen ist die Kampagne „In Hamburg darfst du
       gendern“ jetzt das Herzstück unserer Tätigkeit. Auch um Menschen abzuholen,
       die Gendern nicht schön oder hilfreich finden. Das heißt aber eben nicht,
       dass sie gezwungen sind, auf eine bestimmte Art zu sprechen. Es heißt nur,
       Räume zu markieren, in denen das erlaubt ist.
       
       Mit einem Fokus auf die Freiwilligkeit zu gendern? 
       
       Ja, damit Vielfalt in der Sprache nicht verboten wird. Meiner Erfahrung
       nach wird Menschen, die für Vielfalt werben, oft unterstellt, dass sie
       alles Mögliche verbieten wollen. Tatsache ist aber, dass die
       Verbotsforderungen von anderen Seiten kommen, die sich gegen inklusive
       Sprache stellen. Das von der [2][Anti-Gender-Initiative geforderte Verbot
       gendersensibler Sprache] in der Hamburgischen Verwaltung richtet sich gegen
       ein vermeintliches Gebot, das es so gar nicht gibt.
       
       Verstehen sich „die Mitgemeinten“ als aktive Gegenbewegung zu der Hamburger
       Volksinitiative gegen das Gendern? 
       
       Wir haben es durchaus aus politischem Anlass für vorteilhaft gehalten, uns
       zusammentun und zu zeigen, dass viele Menschen in Hamburg das Gendern gut
       finden. Wir definieren unser Bündnis als grundlegend positiv. Nicht gegen
       etwas oder jemanden, sondern für die Vielfalt in der Sprache.
       
       Klingt, als würden Sie bewusst Abstand halten von einem Feindbild und dem
       dazugehörigen Kulturkampf. 
       
       Wir glauben, dass der Kulturkampf, wie Sie ihn nennen, einfach nicht
       zielführend ist. Und dass es uns als Gesellschaft voranbringt, wenn wir
       Vielfalt auch in unserer Sprache zulassen.
       
       Empfinden Sie die Anti-Gender-Bewegung Hamburgs als gefährlich für den
       offenen Diskurs? 
       
       Ich erlebe, dass das Thema durchaus von antidemokratischen Kräften benutzt
       wird. Dass diese Debatten auch benutzt werden, um von tatsächlichen Dingen,
       die politischer Handlung bedürfen, abzulenken. Gerade im Kontext von
       Vielfalt in der Gesellschaft könnte man so viel tun, statt ständig über
       gendersensible Sprache zu diskutieren. Unserer Wahrnehmung nach ist der
       Hamburger Diskurs sehr von den Gegner:innen des Genderns bestimmt. Die
       vielen Stimmen für eine inklusive Sprache sind so noch nicht sichtbar
       genug.
       
       Ist das ein Nährboden für rechte Politik? 
       
       Ich will nicht alle Menschen, die gegen gendersensible Sprache sind, über
       einen Kamm scheren. Gleichzeitig kann das für Stimmungsmache genutzt
       werden: Wir merken immer wieder, dass antifeministische Stimmungsmache ein
       Einfallstor für weitere rechte Politik ist. Deshalb ist es wichtig, uns
       sprachliche Vielfalt nicht verbieten zu lassen. Ich halte ein solches
       Sprachverbot für rückständig. Es gibt bei antifeministischer Stimmung das
       Risiko, dass sie als Scharnier für weiteren Rechtspopulismus wirkt. Das ist
       kein vages Gefühl von mir, sondern in Studien so belegt.
       
       Sie planen eine öffentlichkeitswirksame Kampagne, die den Slogan „hier
       darfst du gendern“ bewirbt, in Institutionen, Vereinen, Läden. Auf
       Bierdeckeln, Werbetafeln oder Stickern. Das wirkt eher kommerziell als
       aktivistisch. Mehr Werbung als Demonstration. 
       
       Uns geht es einmal darum, über das Thema aufzuklären. Auf der Website, die
       bald online geht, wollen wir Menschen erreichen, die sagen: „Ich finde
       gendersensible Sprache gut, aber mir fehlen in Diskussionen die Argumente.“
       Wir unterstützen, indem wir Argumente anbieten. Aber wir planen auch, in
       die Öffentlichkeit zu gehen, wo von Gegner:innen mit sehr platten
       Aussagen Stimmung gemacht wird; hier eine einfache positive Botschaft
       daneben zustellen, nicht dagegenzustellen. Und doch, wir wollen auch
       aktivistisch arbeiten und uns weiter an Demonstrationen beteiligen. Wir als
       „Mitgemeinte“ haben bisher eine [3][Demonstration rund um die Anhörung vor
       dem Gleichstellungsausschuss] in der Hamburger Bürgerschaft vor zwei Wochen
       organisiert.
       
       Ist es anstrengend, strategische Positivität aufrechtzuerhalten und sie der
       ständigen Negativität entgegenzustellen? 
       
       Manchmal ist es natürlich anstrengend, wir erfahren auch jetzt schon viel
       Hass im Netz. Ein einziger Post reichte aus dafür. Aber wir kommen damit
       klar, dafür haben wir einander. Wir haben auch innerhalb des Bündnisses
       eine Vielfalt an Meinungen. Demokratie ist eben anstrengend, aber das
       halten wir gut aus.
       
       5 Dec 2023
       
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