# taz.de -- Lobbyregister für Hamburg: Mehr Transparenz gefordert
> Transparency International und Mehr Demokratie wollen in Hamburg ein
> Lobbyregister einführen. Rot-Grün ist nicht abgeneigt, aber etwas
> skeptisch.
(IMG) Bild: So transparent soll künftig die Politik werden: Durchblick aufs Hamburger Rathaus
Hamburg taz | Hamburg soll das beste Lobbyregister Deutschlands bekommen.
Mit diesem Anspruch haben der Landesverband Mehr Demokratie und
Transparency International jetzt einen ersten Gesetzentwurf vorgelegt, den
ihre Mitglieder nun diskutieren sollen. Es gehöre zum Wesen der Demokratie,
Interessen gegenüber der Politik artikulieren zu können, heißt es in dem
Aufruf. „Findet Interessenvertretung jedoch intransparent oder gar
ausschließlich hinter verschlossenen Türen statt, stellt das eine Gefahr
für die Demokratie dar.“
In einem Lobbyregister müssen sich alle Unternehmen, Verbände und Vereine
eintragen, die für sich selbst oder im Auftrag Dritter Einfluss auf die
Politik oder die Verwaltung zu nehmen versuchen. Während der Bund Anfang
dieses Jahres ein Lobbyregister eingeführt hat, gibt es das in ähnlichem
Umfang auf Länderebene nur in Bayern und Baden-Württemberg.
Dabei geht es weder qualitativ noch quantitativ um Kinkerlitzchen. Allein
im Bund waren [1][Stand August knapp 29.000 Personen als Lobbyisten
registriert,] wobei viele Organisationen mehrere Lobbyisten beschäftigen –
allein der VW-Konzern hat 52 Interessenvertreter benannt.
Die Sensibilität für das Thema ist [2][nicht zuletzt durch jüngere
Skandale] wie um den Zahlungsdienstleister Wirecard und den
Cum-Ex-Steuerbetrug gewachsen. Bei Cum-Ex sind Kontakte des ehemaligen
Hamburger Bürgermeisters Olaf Scholz (SPD) mit Managern der Warburg-Bank
Gegenstand eines Untersuchungsausschusses.
## Mecklenburg-Vorpommern führt im Norden
[3][Im 2022er Lobby-Ranking von Transparency International] stehen die
norddeutschen Bundesländer nicht gut da. Die Beurteilung richtet sich nicht
nur danach, ob es ein Lobbyregister gibt, sondern auch ob Verhaltensregeln
für Politiker und Beamte sowie Karenzzeiten bis zum Wechsel in die
Wirtschaft vorgeschrieben sind. Dazu kommt, ob der sogenannte legislative
Fußabdruck erfasst wird; das heißt, ob das Zustandekommen eines Gesetzes
dokumentiert wird.
Im Norden schneidet Mecklenburg-Vorpommern am besten ab, das 34 Prozent der
möglichen Punktzahl erreicht, dicht gefolgt von Schleswig-Holstein.
Niedersachsen und Hamburg sind nur halb so gut, Bremen ist weit
abgeschlagen. Der Bund erreicht 62 Prozent der Punkte. Ansätze eines
Lobbyregisters gibt es unter den Nord-Ländern nur in
Mecklenburg-Vorpommern, eines legislativen Fußabdrucks zudem noch in
Schleswig-Holstein.
In ihrem Koalitionsvertrag haben Hamburger Sozialdemokraten und Grüne
vereinbart, [4][ihr Werk fortzusetzen], das vor zehn Jahren mit dem
Transparenzgesetz begann. Im Vertrag heißt es, dass auf den Internetseiten
der Behörden nicht nur die Entwürfe der Gesetze, die in eine
Verbändeanhörung gehen, eingestellt werden, sondern auch die eingehenden
Stellungnahmen. „Damit wird der Gedanke des legislativen Fußabdrucks in
sachgerechter Weise aufgegriffen.“
[5][Bernd Kroll von Mehr Demokratie findet, das sei zu wenig]. Weil vom
Senat nichts kam, habe Mehr Demokratie zusammen mit Transparency
International selbst einen Gesetzentwurf formuliert, der ein Lobbyregister,
den legislativen Fußabdruck und Verhaltensregeln umfasst. Dabei hätten sich
die Autoren das Beste aus den bestehenden Gesetzen in Deutschland und der
EU herausgesucht.
„Das Schwierigste für uns war, die Schlupflöcher dicht zu machen“, sagt
Kroll. So sind Arbeitgeberverbände, Gewerkschaften und Kirche bisher von
Lobbyregistern ausgenommen. Bei den Hamburger Bebauungsplänen würden nur
von der Verwaltung zusammengefasste Stellungnahmen veröffentlicht und keine
Gutachten Dritter, sagt Kroll.
## Postgeheimnis müsste aufgehoben werden
Der legislative Fußabdruck soll dem Hamburger Entwurf zufolge nicht nur wie
bisher von der Exekutive, sondern auch von der Legislative genommen werden.
„Beide müssen sagen, wer ihnen geholfen hat, welche Stellungnahmen
eingeflossen sind und diese Stellungnahmen veröffentlichen“, sagt Kroll.
Dafür müsse das Postgeheimnis aufgehoben werden. Kroll formuliert das Ziel
so: „Sie können nachher an dem Dokument erkennen, wer zwischen dem Entwurf
und dem, was daraus geworden ist, wie Einfluss genommen hat.“
Die Hamburger Bürgerschaftsparteien zeigen sich durchaus aufgeschlossen,
allerdings mit Bedenken. „Das bringt jetzt Schwung in die Sache, und das
ist gut so“, sagt etwa Eva Botzenhart, Abgeordnete der Grünen. Allerdings
sei es nicht trivial, so ein Gesetz auszuarbeiten.
„Man bewegt sich dabei auf einem schmalen Grat“, sagt Botzenhart. „Schafft
man sich ein effektives Register oder legt man sich ein bürokratisches Ei?“
Sie könne sich schwer vorstellen, alle ihre Kontakte zu dokumentieren.
Dafür gebe es zu viel Irrelevantes, was am Ende eher zur Verschleierung als
zur Aufklärung beitrage. Ähnlich sieht das André Trepoll von der
CDU-Fraktion.
„Wir prüfen gerade, was man auf Landesebene tun kann“, sagt Urs Tabbert von
der SPD. Er sei „gesprächsbereit und offen“. Zugleich verweist Tabbert
darauf, dass Hamburg mit der Dokumentation der Verbändeanhörungen weiter
sei als andere Länder. Möglicherweise lasse sich das ja gesetzlich
verankern.
Weit gehende Berichtspflichten sieht er skeptisch: „Es wäre schwierig, wenn
man jeden einzelnen Kontakt dokumentieren müsste und auch dessen Einwirkung
auf das Gesetzgebungsverfahren.“ Im übrigen würden die wirklich brisanten
Gesetze in Berlin gemacht.
6 Dec 2022
## LINKS
(DIR) [1] /Einflussnahme-im-Bundestag/!5873724
(DIR) [2] /Lobbyismus-und-Korruption/!5797198
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(DIR) [4] /Reform-des-Hamburger-Transparenzgesetzes/!5646376
(DIR) [5] https://hh.mehr-demokratie.de/presse/pressemitteilungen
## AUTOREN
(DIR) Gernot Knödler
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