# taz.de -- Demonstrationen in Ungarn: Orbán immer unglaubwürdiger
       
       > Die Proteste in Budapest richten sich nicht nur gegen die äußerlich
       > maroden Zustände im Bildungssystem. Orbáns Propaganda kommt immer weniger
       > an.
       
 (IMG) Bild: Protest auf der Freiheitsbrücke in Budapest
       
       Endlich mal erfreuliche Nachrichten aus Ungarn: Zehntausende ziehen in
       Budapest auf die Straße, um ihrem Unmut über die Bildungspolitik Luft zu
       machen. Die ist wahrlich wenig rühmlich für die Regierung von Viktor Orbán.
       Vor allem die Schulen sind in einem desolaten Zustand sowohl bezüglich der
       Ausstattung als auch der Lehrkräfte: Völlig überfordert und chronisch
       unterbezahlt dürfen sie nicht mehr streiken und müssen sich mit einer
       aufgeblasenen Bürokratie herumschlagen.
       
       Wer protestiert, wird kurzerhand gefeuert. Doch bei den [1][Protesten] geht
       es nicht nur um ein paar Forint mehr für die Lehrer*innen oder darum,
       Schulen mit Schwämmen und Toilettenpapier auszustatten. Denn das Vorgehen
       der Regierung folgt auch noch anderen Gesetzmäßigkeiten. Für Orbán und
       seine Getreuen ist Bildung vor allem auch ein Politikum.
       
       So ist es auch kein Zufall, dass dieser Bereich seit der [2][Wahl im
       vergangenen April] – Orbán und seine Fidesz besorgten sich eine
       Zweidrittelmehrmeit im Parlament – dem Innenministerium untersteht. So kann
       das nationalistisch grundierte „Ungarn-zuerst-Programm“ direkt
       durchgereicht werden. Junge Menschen zu kritischen, eigenständig denkenden
       Staatsbürgerinnen erziehen? Gehört nicht zum Lehrplan.
       
       Wir erinnern uns an die Central European University des US-Milliardärs
       [3][George Soros], die Orbán 2019 des Landes verwies. Besonders perfide
       ist, dass die Regierung der Bevölkerung die Politik als Folge von
       EU-Entscheidungen zu verkaufen versucht. Dabei geht es um Fördergelder, die
       Brüssel nicht an Ungarn auszahlen will. Dass der Grund dafür die korrupten
       Machenschaften von Orbán und seiner Entourage sind – nun ja.
       
       Ob diese gewohnt platte Anti-EU-Rhetorik bei den Menschen noch verfängt,
       ist jedoch fraglich angesichts der großen Enttäuschung, die sich angestaut
       hat, und der Tatsache, dass Verbesserungen nicht in Sicht sind. Es könnte
       auch in Budapest ein heißer Herbst werden.
       
       24 Oct 2022
       
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 (DIR) Barbara Oertel
       
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