# taz.de -- Streit in EU um Energiepolitik: Bremsen und nicht deckeln
       
       > Auch auf EU-Ebene werden weitere Maßnahmen gegen die steigenden
       > Energiepreise gefordert. Aber Deutschland versucht einen Gaspreisdeckel
       > zu verhindern.
       
 (IMG) Bild: Raffinerie in Karsto, Norwegen
       
       Brüssel taz | In der EU droht neuer Streit über Notmaßnahmen gegen die
       Energiekrise. 15 EU-Staaten, darunter die Schwergewichte Frankreich und
       Italien, haben sich für einen EU-weiten Gaspreisdeckel ausgesprochen, um
       die [1][Preisexplosion auf dem Gas- und Strommarkt einzudämmen]. Doch
       ausgerechnet Deutschland, das sich jetzt für eine nationale Preisbremse
       entschieden hat, sperrt sich dagegen. Auch die EU-Kommission hat Bedenken.
       Beim mit Spannung erwarteten Krisentreffen der EU-Energieminister am
       Freitag in Luxemburg ist Ärger programmiert.
       
       Einige der 15 Staaten, darunter Belgien und Griechenland, fordern bereits
       seit dem Frühjahr ein Preislimit für Gas. Sie haben zwar bereits
       kostspielige nationale Preisbremsen eingeführt, kommen jedoch an die
       Grenzen ihrer finanziellen Möglichkeiten. Deshalb erhöhen sie nun den
       Druck.
       
       Sie fordern, den Preis für Gaslieferungen aus dem Ausland sowie auf
       Transaktionen an Handelsplätzen innerhalb der EU zu deckeln. Das
       Preislimit könne „so gestaltet werden, dass die Versorgungssicherheit und
       der freie Fluss von Gas innerhalb Europas gewährleistet sind und
       gleichzeitig unser gemeinsames Ziel, die Gasnachfrage zu senken, erreicht
       wird“, heißt es in einem Brief an die EU-Kommission.
       
       Die Brüsseler Behörde wischt dieses Argument jedoch beiseite. Ein
       Preisdeckel könne dazu führen, dass das Angebot vor allem beim teuren
       Flüssiggas sinkt und die Versorgungssicherheit abnimmt, sagte ein
       Kommissionsexperte in Brüssel. Auch die praktische Umsetzung sei
       schwierig. Demgegenüber erklärte ein EU-Diplomat, man müsse nicht sofort
       ein zentralisiertes System schaffen, um den Großhandel zu ersetzen. Denkbar
       sei auch die schrittweise Einführung eines Preisdeckels auf Teilmärkten.
       Entscheidend sei, den Gaspreis schnell zu senken.
       
       ## Treibt Deutschland die Preise hoch?
       
       Dies liegt jedoch nicht unbedingt im deutschen Interesse. Das
       wirtschaftsstärkste EU-Land kauft im großen Stil Flüssiggas (LNG) auf dem
       Markt ein und treibt so die Preise in die Höhe. Darunter leiden nicht nur
       Schwellenländer etwa in Asien oder Afrika, sondern auch kleinere EU-Länder.
       „Für einige EU-Länder wäre es attraktiv, wenn die Deutschen nicht mehr das
       Gas wegkaufen können und die Preise nach oben treiben“, sagte der
       Energieexperte Georg Zachmann von der Brüsseler Denkfabrik Bruegel.
       Allerdings brauche Deutschland die Flexibilität, um seinen Bedarf zu
       decken.
       
       Der Vorschlag der EU-Kommission, den die Energieminister am Freitag
       diskutieren wollen, kommt Deutschland weit entgegen. Kommissionspräsidentin
       Ursula von der Leyen hatte schon ihren Plan für eine Übergewinnabgabe eng
       mit der Bundesregierung abgestimmt. Auch jetzt nimmt sie Rücksicht auf
       Berlin. „Wir müssen ein Modell finden, das für alle funktioniert“, heißt es
       in Brüssel.
       
       Die Kommission schlägt einen Preisdeckel ausschließlich für russisches Gas
       vor, ergänzt durch Preisverhandlungen mit „vertrauenswürdigen Partnern“ wie
       Norwegen. Außerdem will sie in den Markt für LNG eingreifen und die
       Spekulation eindämmen. „Unser Ziel ist es, den Preisanstieg zu begrenzen“,
       so der Kommissionsexperte.
       
       Damit vollzieht die Brüsseler Behörde eine Kehrtwende. Noch im Frühjahr
       hatte sie behauptet, die Energiemärkte arbeiteten tadellos. Nun heißt es,
       Russland manipuliere die Preise. Allerdings blendet die EU die Wirkung der
       Sanktionen aus. Auch das europäische „Marktdesign“, das den Strompreis an
       den Gaspreis koppelt, ist ein Problem.
       
       Beim Treffen der Energieminister wird keine Einigung erwartet. Immerhin
       wollen die Minister grünes Licht für eine Gewinnabschöpfung bei
       Stromkonzernen geben, die in der Krise übermäßig viel verdienen. Auch diese
       Übergewinnabgabe war lange umstritten. Deutschland war zunächst dagegen,
       andere Länder wie Italien haben sie längst.
       
       29 Sep 2022
       
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