# taz.de -- Stadtflucht liegt im Trend: Frische Luft für alle
       
       > Wohnen auf dem Land ist nicht für alle machbar. Deshalb sollte das Ziel
       > sein, Wohnen in der Stadt lebenswert und vor allem finanzierbar zu
       > gestalten.
       
 (IMG) Bild: Wer aufs Land zieht, muss viel Auto fahren – auch wenn es schöner ist, als in der Stadt
       
       Wenn es [1][Städter aufs Land] zieht, gibt es die guten Varianten – und die
       weniger guten. In der Uckermark, also dort, wo sich betuchte Berliner gerne
       ein Grundstück im Grünen kaufen, lebten, so sagt Moderatorin [2][Sarah
       Kuttner], mittlerweile so viele Hauptstädter, „dass sich das anfühlt wie
       Prenzlauer Berg ohne Späti“. Die Großstädter schauen am Wochenende vorbei,
       montags sind sie schon wieder weg.
       
       Das ist die schlechtere Variante der Stadtflucht. Schließlich geht es
       darum, dass das Land nicht weiter vernachlässigt wird und die Menschen sich
       dort nicht noch stärker abgehängt fühlen als ohnehin schon. Für
       Alteingesessene sind Grundstücke eher unbezahlbar. Feuerwehr, Sportplatz,
       die Gemeinde – das alles kümmert nur wenige. Anders kann das werden, wenn
       die Stadtflüchtigen auf dem Land nun auch arbeiten wollen, weil sie während
       Corona die Sehnsucht nach Ruhe erwischt hat.
       
       Wer auf dem Land lebt, ist auf das Auto angewiesen, um dann doch ab und zu
       zum Arbeitsplatz zu fahren oder zum Arzt. Darum müssen [3][Bus- und
       Bahnverbindungen] ausgebaut werden. Und: Im hessischen Schwalm-Eder-Kreis
       schafft eine Initiative namens [4][Mosaca Carsharing] und
       Co-Working-Plätze, will also Autos und Schreibtische teilen. Das ist
       unterstützenswert.
       
       Alte Gebäude zu sanieren ist aufwendig und kompliziert. Da baut es sich
       doch schneller neu! Um weniger Natur plattzumachen, müssen jene unterstützt
       werden, die Fabrikgelände und Gutshöfe restaurieren wollen, die sich aber
       fragen: Wie lässt sich das finanzieren, was ist mit dem Denkmalschutz? Mehr
       Leute, mehr Feste. Wenn ein Gasthaus wieder aufmacht, ein Laden, ein
       Frisiersalon oder eine Praxis, dann ist das die bessere Variante der
       Stadtflucht.
       
       Ein Problem aber bleibt: Nicht alle können so einfach wegziehen aus der
       Stadt, weil sie nur ein Laptop und einen Tisch brauchen. Nicht alle haben
       das [5][Privileg, ihren Job überall machen zu können]. Heißt: Wer eine gute
       Politik für alle machen will, holt das Land, frische Luft, Grün und Ruhe
       spätestens jetzt in die Stadt, die vor allem eins bleiben muss: bezahlbar.
       
       29 Jun 2022
       
       ## LINKS
       
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 (DIR) [3] /Kritik-an-Brueckenneubau-ohne-Tram/!5829462
 (DIR) [4] https://www.coworking-nordhessen.de/wp-content/uploads/2021/11/2021-10-25_CarSharing_Mosaca.pdf
 (DIR) [5] /Neueste-Studie-zu-zwei-Jahren-Homeoffice/!5829094
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Hanna Gersmann
       
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