# taz.de -- Ungeliebte Berliner City: Stadtflucht geht munter weiter
       
       > Von wegen Renaissance der Innenstadt: Glaubt man einer Studie des
       > Berliner Mietervereins, verliert Berlin weiter junge Familien ans Umland.
       
 (IMG) Bild: Wer aufs Land zieht, muss viel Auto fahren – auch wenn es schöner ist, als in der Stadt
       
       Was für eine wunderbare Botschaft. Vor zwei Jahren war es, da luden der
       damalige Senatsbaudirektor und Immobilienlöwe Klaus Groth zum
       Pressefrühstück. Gefeiert werden sollte ein neuer Trend - das Ende der
       Suburbanisierung und eine "Renaissance der Innenstädte". Alleine der Ort
       des Geschehens schien den Trend bereits zu bestätigen: Es ging um die
       Einweihung des Hofjäger-Palais in der Köbisstraße am Rande des Tiergartens.
       
       Und nun das: Die frohe Botschaft ist kein Trend, sondern eine bloße
       Behauptung. So lautet das Ergebnis einer Studie, die das Potsdamer Institut
       für soziale Stadtentwicklung (IFSS) im Auftrag des Berliner Mietervereins
       erstellt hat. "Von einer Rückkehr junger Familien vom Stadtrand in die
       Innenstadt kann keine Rede sein", so das Fazit von Armin Hentschel vom
       IFSS.
       
       Ausgewertet hat Henschel vor allem die Bevölkerungsentwicklung und die
       Wanderungsbewegungen. Zwar steigt die Berliner Bevölkerung seit zwei Jahren
       wieder, so Hentschel, doch die "Wanderungsgewinne" verdankt Berlin vor
       allem zwei Bevölkerungsgruppen: jungen Erwachsenen aus dem Ausland und aus
       den alten Bundesländern.
       
       Untersucht man dagegen die Bevölkerungssaldi Berlins mit seinem Umland,
       ergibt sich ein anderes Bild. "Berlin verliert nach wie vor ans Umland", so
       Hentschel. "Die Suburbanisierung ist verlangsamt, gestoppt ist sie nicht."
       Vor allem Familien mit Kindern unter sechs Jahren würden immer noch stärker
       ins Umland ziehen als von dort nach Berlin zurückkehren.
       
       Einzige Ausnahme: Betrachtet man junge Erwachsene, gibt es mehr Zuzug aus
       dem Umland nach Berlin als Wegzüge. Der Grund dafür ist aber kein Trend,
       sondern ein statistischer Sonderfall, wie Hentschel weiß: "Von 1975 bis in
       die Achtzigerjahre war die Geburtenrate in der DDR besonders hoch." Soll
       heißen: Der Trend hält nicht an, sondern ist in ein paar Jahren zu Ende.
       Aus den jungen Zuzüglern könnten mit Beginn der Familiengründung wieder
       Kandidaten für die Stadtflucht werden.
       
       Für den Geschäftsführer des Berliner Mietervereins, Hartmann Vetter, ist
       das Ergebnis der Studie gleich in zweierlei Hinsicht bedeutsam. "Die
       Ergebnisse zeigen, dass es sich beim Zuzug in die Stadt um keinen
       Selbstläufer handelt", so Vetter. Darüber hinaus ist für den
       Mieterlobbyisten eine aktive Stadtentwicklungspolitik nötiger denn je. "Nur
       so können wir es schaffen, dass die vielbeschworene Renaissance auch
       Realität wird." Vetter wörtlich: "Spektakuläre Neubauten, Town-Houses und
       Baugruppenförderung sind begrüßenswert, sie treffen aber nicht den Kern
       unseres Handlungsbedarfes." Für Vetter steht deshalb der Wohnungsbestand im
       Vordergrund: "Hier müssen wir die städtebaulichen Instrumente gezielt
       einsetzen, um bezahlbare Mieten auch für Familien zu erhalten."
       
       Das genaue Gegenteil scheint jedoch der Fall zu sein. Sieht man einmal von
       der - eher symbolischen - Unterstützung für Baugruppen ab, setzt
       Stadtentwicklungssenatorin Ingeborg Junge-Reyer (SPD) eher aufs Thema
       Luxuswohnen als auf bezahlbare Wohnungen für Familien. Sowohl an der
       Heidestraße als auch am Spreeufer bestimmt nicht die Politik, wer welche
       Wohnungen baut, sondern der Markt.
       
       Welche Vorstellung Immobilienlöwe Groth von der Renaissance der Stadt hat,
       zeigt sich im Hofjäger-Palais. Das bot am Donnerstag im Internet eine
       Dreizimmerwohnung mit 136 Quadratmetern an. Kostenpunkt: 579.000 Euro. UWE
       RADA
       
       18 Jul 2008
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Uwe Rada
 (DIR) Uwe Rada
       
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