# taz.de -- Migrationspolitik in Deutschland: Mit Schutzmaske abschieben
       
       > Die Bundesregierung plant erneut Abschiebungen nach Afghanistan – trotz
       > steigender Coronazahlen und defizitärem Gesundheitssystem.
       
 (IMG) Bild: Schutzmasken-Verkauf in Kabul: Ca. 10 Millionen Menschen haben sich in Afghanistan infiziert
       
       Berlin taz | Der De-facto-Abschiebestopp ist wohl vorbei: Deutschland will
       Menschen ohne gültige Aufenthaltserlaubnis wieder nach [1][Afghanistan]
       abschieben. Im März wurden Abschiebungen aufgrund der sich rapide
       ausbreitenden Coronapandemie noch fast komplett ausgesetzt, seit Sommer
       wird allerdings wieder in europäische Länder abgeschoben. Die
       Bundesregierung bestätigte das in ihrer Antwort auf eine Kleine Anfrage der
       Linkspartei, die der taz exklusiv vorliegt. Die afghanischen Behörden
       hätten den Rückführungen demnach zugestimmt.
       
       Ulla Jelpke kritisiert den Schritt gegenüber der taz scharf. „Dass die
       Bundesregierung trotz der Coronasituation plant, wieder in dieses Land
       abzuschieben, bedeutet für die Betroffenen unendliches Leid“, so die
       innenpolitische Sprecherin der Linksfraktion.
       
       In Afghanistan haben sich schätzungsweise 10 Millionen Menschen mit dem
       Coronavirus infiziert, das entspricht gut einem Drittel der Bevölkerung.
       Seriöse Angaben hierzu sind kaum möglich. „Die Gesundheitsversorgung in
       Afghanistan ist nicht gut“, sagt Günter Burkhardt von der
       Menschenrechtsorganisation Pro Asyl.
       
       Die Versorgung kranker und mit dem Coronavirus infizierter Menschen sei
       defizitär, Abschiebung deshalb unverantwortlich. „Wir lehnen Abschiebungen
       ab, besonders während der Coronapandemie.“ Neben der schlechten
       Gesundheitslage sei auch die politische Situation in Afghanistan
       unzumutbar, kritisierte Pro Asyl.
       
       ## Das gefährlichste Land der Welt
       
       Erst Ende Oktober hatte es einen Anschlag gegeben, zu dem sich die IS-Miliz
       bekannte. Mindestens 35 Menschen wurden bei dem Terrorangriff an der
       Universität Kabul erschossen. Immer wieder kommt es zu Anschlägen und
       Attentaten. Afghanistan ist dem Global Peace Index zufolge das
       gefährlichste Land der Welt, wobei es hinsichtlich der Sicherheitslage
       jedoch große regionale Unterschiede gibt.
       
       Voraussichtlich am 16. November startet der nächste Flug nach Afghanistan
       mit abgelehnten Asylsuchenden an Bord. Das schreibt der Bayerische
       Flüchtlingsrat auf seiner Homepage. „Jetzt Menschen nach Afghanistan
       abzuschieben, ist absolut kaltschnäuzig“, so Burkhardt von Pro Asyl.
       „Außerdem bringt es nicht nur Asylsuchende in Gefahr, sondern auch die
       Bundespolizei, die die Abschiebungen durchführt.“ Vor allem angesichts
       steigender Infektionszahlen.
       
       Damit sich weder Asylsuchende noch Polizist:innen mit dem Coronavirus
       infizieren, hat die Bundesregierung Sicherheitsmaßnahmen bei Abschiebungen
       eingeführt, wie aus der Antwort der Bundesregierung auf die Anfrage der
       Linken hervorgeht. Dazu gehören eine Mund-Nase-Bedeckung, das Einhalten
       eines Mindestabstands von 1,5 Metern und eine ärztliche Untersuchung nach
       Krankheitssymptomen. In den Flugzeugen selber sollen die Menschen maximal
       weit voneinander entfernt sitzen.
       
       Jelpke reicht das nicht, auch sie fordert einen sofortigen Abschiebestopp.
       „In allen Ländern gibt es coronabedingte Reisewarnungen des Auswärtigen
       Amtes“, merkte sie an. „Das hindert Bund und Länder aber nicht daran,
       abzuschieben.“ Insgesamt 7.807 Abschiebungen gab es im laufenden Jahr bis
       einschließlich September – im Vorjahreszeitraum waren es bereits 16.808,
       also deutlich mehr.
       
       Afghanistan ist nicht das erste Land, in das die Bundesregierung wieder
       Menschen abschieben will, nachdem es während der ersten Coronawelle im
       Frühjahr zu einem De-facto-Abschiebungsstopp gekommen war. Im Sommer wurden
       Asylsuchende [2][bereits wieder in europäische Länder zurückgeschickt],
       darunter etwa nach Albanien, Georgien, Frankreich, Serbien oder Moldawien.
       
       10 Nov 2020
       
       ## LINKS
       
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       ## AUTOREN
       
 (DIR) Christina Gutsmiedl
       
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