# taz.de -- Corona in Aserbaidschan: Jagd auf die fünfte Kolonne
       
       > Für den autoritären Präsidenten Ilham Alijew ist die Pandemie der
       > perfekte Anlass, Repressionenen auf die Opposition weiter zu verstärken.
       
 (IMG) Bild: Polizei bei einer Demo im Oktober in Baku. Alijew geht jetzt noch härter gegen Oppositionelle vor
       
       Berlin taz | In der Südkaukasusrepublik Aserbaidschan findet dieser Tage
       ein Kampf der besonderen Art statt. Ziel dabei sind in erster Linie nicht
       die heimtückischen Coronaviren, sondern [1][KritikerInnen des Regimes]. So
       berichten mehrere Oppositionspolitiker in den sozialen Netzwerken über
       Einschüchterungen, tätliche Angriffe sowie Festnahmen.
       
       Am vergangenen Wochenende verteilte die Islamische Einheitsbewegung vor
       einer U-Bahn-Station im Zentrum der Hauptstadt Baku Schutzmasken und
       Broschüren über Covid-19. Einen Tag später wurde gegen einen Aktivisten der
       Bewegung eine einmonatige Arreststrafe verhängt – angeblich wegen
       Widerstandes gegen die Polizei.
       
       Fuad Gakhramanli, bekanntes Mitglied der Partei Volksfront, wurde über
       WhatsApp dazu aufgefordert, seine politischen Aktivitäten einzustellen.
       Sonst drohten „Knochenbrüche“ und „andere Hindernisse“.
       
       Die jüngste Repressionswelle gegen Andersdenkende in Aserbaidschan, wo
       derzeit Dutzende Politische in Haftanstalten sitzen, ist sogar eine mit
       Ankündigung. In seiner Ansprache zum muslimischen Neujahrsfest Nouruz am
       19. März hatte [2][Staatspräsident Ilham Alijew,] der das Land mit seinem
       Familienclan seit 2003 fest im Griff hat, Klartext geredet.
       
       ## Aufstände anzetteln
       
       Die Opposition bezeichnete er als fünfte Kolonne, deren Ziel es sei,
       Aserbaidschan zu zerstören, Aufstände anzuzetteln und einen Umsturz
       herbeizuführen. Sollte wegen der Coronapandemie der Ausnahmezustand
       verhängt werden müssen, werde die Isolation von Vertretern der fünften
       Kolonne eine historische Notwendigkeit.
       
       Zwei Tage zuvor hatte das Alijew hörige Parlament Änderungen des
       Informationsgesetzes durchgewunken – um gegen das Coronavirus vorzugehen,
       wie es offiziell hieß. In gewohnt wolkiger Manier werden Internetnutzern
       und -unternehmen unter anderem Konsequenzen angedroht, sollten sie
       Informationen verbreiten, die dem Leben und der Gesundheit von Menschen
       schadeten sowie die öffentliche Sicherheit massiv gefährdeten.
       
       Nach diesen Kampfansagen stellt sich die Opposition jetzt auf noch
       ungemütlichere Zeiten ein. Der nationale Rat demokratischer Kräfte
       bezeichnete Alijews Rede an die Adresse der Opposition als „faschistisch“
       und argwöhnte, der Präsident könne Schreckensszenarien schlichtweg
       erfinden, um noch härter gegen seine Kritiker vorgehen zu können. Das wirft
       die Frage auf, inwieweit das überhaupt noch geht.
       
       26 Mar 2020
       
       ## LINKS
       
 (DIR) [1] /Parlamentswahl-in-Aserbaidschan/!5662247
 (DIR) [2] /Wahlfarce-in-Aserbaidschan/!5662665
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Barbara Oertel
       
       ## TAGS
       
 (DIR) Opposition
 (DIR) Aserbaidschan
 (DIR) Ilham Alijew
 (DIR) Schwerpunkt Coronavirus
 (DIR) Schwerpunkt Bergkarabach
 (DIR) Aserbaidschan
 (DIR) Schwerpunkt Eurovision Song Contest
 (DIR) Aserbaidschan
 (DIR) Schwerpunkt Coronavirus
 (DIR) Rüstungsexporte
 (DIR) Schwerpunkt Coronavirus
 (DIR) Wahl
 (DIR) Aserbaidschan
       
       ## ARTIKEL ZUM THEMA
       
 (DIR) Opposition in Aserbaidschan: Blogger in Todesangst
       
       Der aserbaidschanische Oppositionelle Mohammed Mirzali lebt im
       französischen Exil. Bei einem Angriff wurde er verletzt. Jetzt wird er
       erneut bedroht.
       
 (DIR) Oppositioneller in Aserbaidschan: Kurz vor dem Koma
       
       Der Politiker Tofig Yagublu ist seit über zwei Wochen im Hungerstreik. Er
       protestiert gegen seine Verurteilung zu vier Jahren Haft wegen Vandalismus.
       
 (DIR) ESC und Aserbaidschan: Hetero, Homo, Bi...
       
       Die Gruppe Efendi besingt in ihrem diesjährigen Beitrag „Cleopatra“ die
       LGBTQ-Community. In der Südkaukasusrepublik ist das heikel.
       
 (DIR) Opposition in Aserbaidschan: Staat muss 6.000 Euro blechen
       
       Die Investigativjournalistin Khadija Ismayilova gewinnt zum dritten Mal ein
       Verfahren vor dem Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte.
       
 (DIR) Opposition in Aserbaidschan: Alijews Virus-Kampf
       
       Corona bietet dem Präsidenten den perfekten Vorwand, um Kritiker noch
       stärker unter Druck zu setzen. Angeblich verstoßen diese gegen
       Quarantäne-Regeln.
       
 (DIR) Rüstungsgüter in Konfliktregion: Mit Zwischenstopp nach Baku
       
       Gegen Aserbaidschan gilt seit 30 Jahren ein Waffenembargo der OSZE.
       Trotzdem besitzt die Armee Militär-Lkws von Mercedes.
       
 (DIR) Repression in Aserbaidschan: Unter Beobachtung
       
       Das Regime von Ilham Alijew nutzt die Pandemie, um Oppositionelle
       reihenweise verschwinden zu lassen. Doch in der Bevölkerung regt sich
       Misstrauen.
       
 (DIR) Wahlfarce in Aserbaidschan: Angezählter Autokrat
       
       In Aserbaidschan wurde gewählt: Auch dieses Mal wurde schamlos manipuliert,
       betrogen und gefälscht. Doch die jüngere Generation wehrt sich.
       
 (DIR) Parlamentswahl in Aserbaidschan: Einsam im Parlament
       
       Die Regierungspartei des langjährigen Autokraten Ilham Alijew holt die
       absolute Mehrheit. Ein einziger Oppositionspolitiker erringt einen Sitz.
       
 (DIR) Parlamentswahl in Aserbaidschan: Alijew schreckt sie nicht ab
       
       Der aserbaidschanische Präsident İlham Alijew herrscht seit Jahrzehnten mit
       harter Hand. Junge AktivistInnen wie Togrul Iskenderli fordern ihn heraus.