# taz.de -- Prozess gegen Aktivistin Elin Ersson: Verfahren wird neu aufgerollt
       
       > Im Sommer verzögerte Elin Ersson die Abschiebung eines Afghanen. Wegen
       > Befangenheit des Gerichts wurde das Urteil gegen sie nun aufgehoben.
       
 (IMG) Bild: Ein Schöffe hatte die 22-Jährige im Netz vorab als „Kriminelle“ bezeichnet
       
       Stockholm taz | Für [1][Elin Ersson] geht alles noch einmal von vorne los.
       Am Freitag hob das Landgericht in Göteborg das Urteil auf, das das dortige
       Amtsgericht am 18. Februar gegen die 22-jährige
       Sozialwissenschaftsstudentin gefällt hatte. Grund für die Annullierung:
       Befangenheit des Gerichts. Das Verfahren muss nun also noch einmal
       aufgerollt werden.
       
       Ersson war im vergangenen Sommer [2][weltweit bekannt geworden]. Am 23.
       Juli hatte sie auf dem Flughafen Göteborg-Landvetter den Abflug von Flug
       TK1800 der Turkish Airlines, Ziel Istanbul, blockiert. Sie weigerte sich,
       an Bord Platz zu nehmen, und erklärte in einem über Facebook verbreiteten
       und später 14 Millionen Mal geteilten Livestream auch, warum: Sie wolle
       damit die Abschiebung eines an Bord befindlichen afghanischen Flüchtlings
       verhindern.
       
       Für die schwedische Staatsanwaltschaft war dieser Protest ein Verstoß gegen
       Kapitel 13 Paragraf 4, 10 des Luftverkehrsgesetzes. Mit ihrer Weigerung,
       Platz zu nehmen, habe sie den Anweisungen des Flugkapitäns „zur Ordnung an
       Bord“ nicht Folge geleistet und damit den Luftverkehr gefährdet. Ein
       Vergehen, das mit bis zu sechs Monaten Haft bestraft werden kann. So streng
       sah das Amtsgericht die Sache zwar nicht, verurteilt wurde Ersson dennoch:
       zu einer Geldbuße von umgerechnet 300 Euro.
       
       Einer der drei Schöffen, die neben einer Berufsrichterin im Prozess zum
       Einsatz kamen, hatte sein ganz persönliches Urteil ohnehin schon vorab
       gefällt: Eine „Kriminelle“ sei Ersson, schrieb der Mann im Kommentarfeld
       einer rechtspopulistischen und einwandererfeindlichen Netzpublikation
       bereits im Juli 2018. In weiteren Kommentaren beschimpfte er verschiedene
       Unterstützerinnen von Ersson – darunter Malena Ernman, die Mutter von Greta
       Thunberg – als „Batikhexen“.
       
       ## Engagement für eine humanere Gesellschaft
       
       In Schweden werden Schöffen von den politischen Parteien benannt. Der
       fragliche Schöffe war von den „Schwedendemokraten“ nominiert worden. Mit
       seinem Voraburteil über Ersson habe er sich als befangen erwiesen,
       konstatierte nun das Landgericht. An der Unparteilichkeit des Mannes müsse
       gezweifelt werden. Laut Gerichtsprotokoll hatte er, abweichend vom Rest des
       Gerichts, auch eine Haftstrafe für die Aktivistin gefordert. Er wurde
       mittlerweile suspendiert.
       
       Während sie nun auf einen neuen Gerichtstermin wartet, ist Ersson nicht
       untätig. Zuletzt nahm sie Mitte März an einer Protestaktion vor einer
       Flüchtlingsunterkunft in Märsta bei Stockholm teil. Unter dem Motto „No
       borders, no nations, stop deportations“ protestierte sie dagegen, dass
       Schweden ungeachtet der Sicherheitslage in Afghanistan abgelehnte
       Asylsuchende weiterhin in dieses Land abschiebt.
       
       „Ich war schon immer politisch interessiert und versuche mich, so gut ich
       kann, für die einzusetzen, die Unterstützung benötigen“, erklärte sie in
       einem Interview. „Schweden braucht eine humane Flüchtlingspolitik. Ich
       werde mit meiner Stimme und mit meinem Handeln auch in Zukunft versuchen,
       die Gesellschaft so zu verändern, dass sie humaner wird.“
       
       1 Apr 2019
       
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 (DIR) Reinhard Wolff
       
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