# taz.de -- Streit um die Verteidigungspolitik der EU: Verbale Schlacht um Killerroboter
       
       > Die EU will die Rüstungsindustrie fördern und dabei auch bisher verpönte
       > Kriegswaffen zulassen. Grüne und Linke drohen mit einer Klage.
       
 (IMG) Bild: Ein ferngesteuerter Roboter der Bundeswehr in Afghanistan
       
       Brüssel taz | Darf die EU autonome Killerroboter und tödliche Clusterbomben
       fördern und in Drittländer exportieren? Darüber ist im Europaparlament ein
       heftiger Streit entbrannt. Grüne und Linke warnen: Die europäische
       Verteidigungsunion drohe gleich beim Start außer Kontrolle zu geraten.
       
       „Bei der Verteidigungsunion brechen alle Dämme“, sagte der Grüne
       Europaabgeordnete Reinhard Bütikofer der taz. „Wir hatten durchgesetzt,
       dass völlig autonome Waffensysteme nicht mit EU-Mitteln gefördert werden
       dürfen, ebenso wenig wie Streumunition, Landminen und Brandwaffen. Dass das
       nun doch möglich wird, ist ein Skandal.“
       
       Bislang wollte der Friedensnobelpreisträger EU mit Kriegswaffen nichts zu
       tun haben. Killerroboter und andere autonome Waffensysteme waren verpönt,
       eine Förderung undenkbar. Doch unter dem doppelten Druck aus Russland und
       den USA plant Brüssel nun, die Zurückhaltung aufzugeben und
       Rüstungsprojekte aus EU-Mitteln zu fördern.
       
       Für das neue Rüstungsprogramm EDIDP sind zunächst 500 Millionen Euro
       vorgesehen, die aus anderen Programmen wie dem Satellitenprojekt Galileo
       abgezweigt werden sollen. Im nächsten Finanzrahmen ab 2021 will die EU
       nachlegen. Satte 13 Milliarden Euro hat Haushaltskommissar Günther
       Oettinger (CDU) bis 2027 angesetzt.
       
       Jetzt will der Ministerrat – die Vertretung der 28 EU-Länder – nicht nur
       die umstrittenen Killerroboter fördern, sondern noch weiter gehen: Auf
       Druck aus Frankreich soll eine Lizenzvergabe in nichteuropäische Länder
       ermöglicht werden. Die neuen, „intelligenten“ Waffen „made in EU“ können
       damit leichter exportiert bzw. in Drittländern produziert werden. Am
       Donnerstag stimmten die Unterhändler des Europaparlaments einem
       entsprechenden Vorschlag zu. Auch dies sei empörend, so Bütikofer. Denn der
       Kompromiss kam nach Abschluss des sogenannten Trilogs zustande, die roten
       Linien des Europaparlaments wurden überschritten.
       
       ## Spät aufgewacht
       
       Damit haben sich die Konservativen und ihre französische Berichterstatterin
       Françoise Grossetête durchgesetzt. Der Kompromiss, für den nach
       taz-Informationen auch einige Sozialdemokraten eintraten, muss noch im
       Industrieausschuss und im Plenum bestätigt werden. Grüne und Linke wollen
       sich damit nicht abfinden.
       
       „Dass die konservative Verhandlungsführerin das Verhandlungsmandat des
       Parlaments mit Füßen tritt und solch einen tödlichen Deal mitträgt, ist
       unverantwortlich“, schimpft Sabine Lösing von den Linken. Der
       Grünen-Politiker Bütikofer erwägt sogar eine Klage. Es sei nicht
       hinnehmbar, dass der Ministerrat einen Trilog-Beschluss nachträglich noch
       einmal ändern will. „Das hat es meines Wissens noch nie gegeben. Da bin ich
       bereit, eine Klage zu prüfen.“ Einige Formulierungen des Kompromisses könne
       man „nur als Rüstungsexport-Förderung lesen“, Frankreich habe sich
       durchgesetzt.
       
       Der Co-Vorsitzende der Europa-Grünen ärgert sich auch über Kanzlerin Angela
       Merkel. Die CDU-Chefin hat durchblicken lassen, dass EU-Gelder künftig auch
       für eine militärische Interventionseinheit fließen könnten, wie sie
       Frankreichs Staatschef Emmanuel Macron fordert. „Das ist vertragswidrig“,
       meint Bütikofer.
       
       Doch Macron treibt seine Pläne voran. Bis Ende Juni will Frankreich mit
       Deutschland und acht weiteren EU-Ländern eine Absichtserklärung für eine
       „europäische Interventions-Initiative“ unterzeichnen. Das Europaparlament
       ist spät aufgewacht – und droht nun überrollt zu werden.
       
       8 Jun 2018
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Eric Bonse
       
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