# taz.de -- Historiker zu Israel und Atomabkommen: „Es war unmöglich, Iran zu ertappen“
       
       > Israel muss sich jetzt an die Europäer halten, um einen Atomstaat Iran zu
       > verhindern, sagt Meir Litvak, Direktor des Zentrums für Iranstudien an
       > der Universität Tel Aviv.
       
 (IMG) Bild: Ein israelischer Soldat an den Golan-Höhen
       
       Taz: Herr Litvak, glauben Sie, dass ein iranischer Angriff auf Israel mit
       der Entscheidung von US-Präsident Donald Trump gegen das Atomabkommen
       wahrscheinlicher wird? 
       
       Litvak: Ich glaube, dass ein Angriff nah ist wegen dem, was zwischen Israel
       und Iran in Syrien geschieht. Israel hat mehrmals angegriffen, und die
       Iraner haben Vergeltung angekündigt. Das verpflichtet sie zum Handeln. Wenn
       die Regierung in Teheran jetzt die Hände in den Schoß legt, verliert sie an
       Glaubwürdigkeit. Trumps Abkehr vom Atomabkommen kann zusätzlich zu einer
       Reaktion motivieren, wenn sie denken: OK, Israel hat die USA mit zu der
       Entscheidung bewogen.
       
       Das Ende des Iranabkommens löst noch immer nicht das Problem für Israel.
       Was könnte Israel tun, um einen Atomstaat Iran zu verhindern? 
       
       Das einzige, was Israel jetzt machen kann, ist auf die Europäer Druck
       auszuüben, damit sie wiederum die Iraner dazu bewegen, ernsthaftere und
       umfassendere Verhandlungen über ein neues, besseres Abkommen aufzunehmen
       und so eine Eskalation zu verhindern. Zu glauben, dass die Sanktionen den
       Iran zu einer kompletten Kapitulation bringen werden, ist illusorisch. Auch
       wird es so schnell nicht zu einem Regimewechsel in Teheran kommen. Es wäre
       natürlich schön, wenn Iran ein demokratischer Staat wäre, aber das wird
       nicht so schnell passieren. Die Europäer könnten sich in die Mitte stellen
       und sagen: Seht, wir haben Trump auf der einen Seite, helft uns Euch zu
       helfen, um ein besseres Abkommen zu erreichen. Hier könnte Israel Einfluß
       nehmen.
       
       Wie könnte ein besseres Abkommen aussehen? Was fehlte dem alten Atomdeal,
       den Ex-US-Präsident Barack Obama verhandelt hat? 
       
       Das alte Abkommen war aus zwei Gründen problematisch. Erstens: die
       Kontrolle militärischer Stützpunkte. Obama stimmte zu, dass Kontrollen nur
       mit iranischer Einwilligung vorgenommen werden können. Wenn die Iraner
       ‚Nein‘ sagen, muss eine Kommission innerhalb von zwei Wochen entscheiden,
       ob kontrolliert werden darf oder nicht. Das bedeutet, dass die Iraner in
       Ruhe all das wegräumen können, was nicht gefunden werden soll, dabei geht
       es um ‚incriminating evidence‘, also belastende Beweise. Auf dieser
       Grundlage ist es praktisch unmöglich, sie zu ertappen. Problematisch sind
       außerdem die temporär begrenzten Sanktionsklauseln, die es dem Iran
       ermöglichen, nach Ablauf von zehn Jahren, also 2025, das
       Atomforschungsprogramm in altem Umfang erneut aufzunehmen. Wenn es möglich
       wäre, eine bessere Kontrolle zu erreichen und das Atomforschungsprogramm um
       weitere zehn oder 15 Jahre einzufrieren, hätten wir schon viel erreicht.
       
       Welche Konsequenzen sehen Sie für das Verhältnis der USA gegenüber Europa.
       Trump hat die anti-iranische Front zerstört. Halten Sie das für dramatisch
       oder reparierbar? 
       
       Dramatisch sicher nicht, da gab es schlimmere Krisen, wie 1965, als
       Frankreich aus der Nato ausstieg, oder denken Sie an die großen
       Demonstrationen gegen Ronald Reagan in den 80er Jahren. Aber wenn die
       Iraner schlau sind, könnten sie den Konflikt zwischen Europa und den USA
       vertiefen, indem sie die Europäer von einem Angebot überzeugen, das für die
       USA noch immer nicht akzeptabel wäre. Trump würde dann nicht den Iran
       international isolieren sondern die USA.“
       
       9 May 2018
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Susanne Knaul
       
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