# taz.de -- Israel und Iran: Einfach mal Frieden ausprobieren
       
       > Peu à peu melden sich in Israel Stimmen, die sagen, ein Atomstaat Iran
       > sei nicht aufzuhalten. Verbale und militärische Attacken erreichten
       > bislang wenig.
       
 (IMG) Bild: Israels Premierminister Naftali Bennett, 14.11
       
       Israels Regierungschef [1][Naftali Bennett] zeigt sich besorgt angesichts
       der sanften Haltung gegenüber Iran und dem iranischen Atomprojekt. Seit
       vielen Jahren strebt Iran danach, zu einer führenden Macht in der Region zu
       werden und den Einfluss im Nahen Osten zu vergrößern. Iran mischt mit in
       der irakischen Politik und agiert durch seine [2][Handlanger im Jemen – den
       Huthi-Milizen – gegen Saudi-Arabien]. Parallel dazu arbeitet der
       Ajatollahstaat an seinem militärischen Atomprogramm.
       
       Und warum? Wenn man die iranische Rhetorik ernst nimmt, dann deshalb, weil
       man Israel aus der Region vertreiben will oder sogar vernichten. Aber muss
       man das Gezeter in Teheran wirklich für bare Münze nehmen? Die Analysten
       und Experten sind sich in dieser Frage uneins. Die einen gehen davon aus,
       dass Iran lediglich sein Abschreckungspotenzial stärken will und nicht die
       geringsten Absichten einer Vernichtung verfolgt, sei es Israels,
       Saudi-Arabiens oder eines anderen Staats. Andere sind sich nicht so sicher.
       
       Fest steht, dass bis dato eine Kluft besteht zwischen der vehementen
       Rhetorik eines Teils der iranischen Sprecher und der tatsächlichen Politik
       Irans, die vernünftig, vorsichtig und bisweilen sogar als pragmatisch
       erscheint. Letzthin zeichnet sich sogar eine Annäherung zwischen Teheran
       und Riad ab. Ebenso glasklar ist, dass auf innenpolitischer Bühne
       [3][radikale Kräfte – allen voran die Revolutionsgarden – und moderatere im
       Konflikt] miteinander stehen.
       
       Die iranische Gesellschaft leidet seit vielen Jahren unter den
       unterschiedlichsten Repressionen wirtschaftlicher, sozialer, kultureller
       und religiöser Art. Sowohl in den USA als auch in Israel ging man davon
       aus, dass Sanktionen den innenpolitischen Unmut anstacheln und zum Aufstand
       führen würden. Diese These hat sich nicht bewahrheitet. Israel führt eine
       Art Krieg mit Fernbedienung gegen Iran.
       
       ## Angriffe auf iranische Stützpunkte in Syrien
       
       Dazu gehören [4][geheimdienstliche Operationen] und [5][Angriffe auf
       iranische Stützpunkte in Syrien]. Gleichzeitig beschwören offizielle Redner
       pausenlos die große iranische Gefahr. Diese einst von Benjamin Netanjahu
       bis zum Abwinken praktizierte Rhetorik führt Bennett in abgeschwächter Form
       fort. Das iranische Atomforschungsprogramm ist dadurch noch weniger
       gebremst worden als durch die Attacken von Geheimdienst und Luftwaffe.
       
       Es scheint, als führe Israel einen aussichtslosen Kampf, was Experten zu
       der Frage führt, ob es nicht sinnvoller ist, sich auf den Atomstaat Iran
       einzustellen, anstatt ihn weiter vergeblich verhindern zu versuchen. Was
       würde geschehen, wenn Israel den Ton ändert? Was, wenn [6][Außenminister
       Jair Lapid] erklärt, dass Israel einerseits sehr besorgt ist angesichts des
       iranischen Atomprogramms, gleichzeitig aber die Hand reicht und
       Versöhnungsverhandlungen ohne Vorbedingungen zur Disposition stellt.
       
       Er könnte begründen, dass sich die Fronten im Nahen Osten rasch
       verschieben. Frühere Feinde werden zu Verbündeten. Wie sähe das
       Worst-Case-Szenario aus? Dass die Iraner sagen: Nein danke? Wir sind nicht
       interessiert. Vielleicht legen sie auch noch mit ein paar Beleidigungen
       nach. Na und? Zumindest würde Israel nicht länger als Kriegstreiber
       dastehen, wie es zu Zeiten Netanjahus durchaus den Anschein haben konnte.
       
       Nach dem Sechstagekrieg 1967 streckten die Ägypter ihre Fühler Richtung
       Israel aus, um die Chancen eines Friedensvertrags auszuloten. Golda Meir
       zeigte ihnen die kalte Schulter mit dem Ergebnis, dass wenige Jahre später
       der Jom-Kippur-Krieg ausbrach. Vielleicht lohnt es sich, mal ein anderes
       Szenarium auszuprobieren – mit ein wenig Wagemut, mit Vision und
       Gelassenheit.
       
       20 Nov 2021
       
       ## LINKS
       
 (DIR) [1] https://www.jpost.com/israel-news/bennett-no-matter-what-happens-with-iran-talks-well-defend-ourselves-685144
 (DIR) [2] /Krieg-im-Jemen/!5754478
 (DIR) [3] /Praesidentschaftswahl-im-Iran/!5779933
 (DIR) [4] /Mutmasslicher-Sabotageakt-im-Iran/!5760865
 (DIR) [5] /Nach-Fund-von-Sprengstoff/!5729725
 (DIR) [6] https://www.haaretz.com/israel-news/israel-s-foreign-minister-lapid-lands-in-uae-for-first-state-visit-1.9951084
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Hagai Dagan
       
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