# taz.de -- Große Koalition besiegelt: Merkels selbstbewusster Scholz
       
       > Wie wird die neue GroKo? Wie die alte. Nur Merkel kann nach 12 Jahren
       > auch mal gereizt sein. Ihr Vizekanzler macht erstmal Werbung für sein
       > Buch.
       
 (IMG) Bild: „Wir können auch freundlich gucken“
       
       Berlin taz | Angela Merkel ist sehr selten in der Bundespressekonferenz.
       Dabei hat sie in den letzten 13 Jahren dabei meist gut ausgesehen. Sie kann
       locker, schlagfertig sein. Am Montagmittag sitzt sie vor stahlblauer Wand
       zwischen Horst Seehofer (CSU) und Olaf Scholz (SPD) im Blitzlichtgewitter.
       Mittwoch wird sie zum vierten Mal zur Kanzlerin gewählt, nach langem
       Anlauf. Eigentlich ein Grund, entspannt zu sein.
       
       Als ein Journalist wissen will, warum die drei so griesgrämig dreinschauen,
       stutzt Merkel einen Moment und sagt: „Wir können auch freundlich gucken.“
       Es klingt etwas angefasst. Als später jemand fragt, ob Merkels Stil,
       abzuwarten und am Ende Kompromisse zu suchen, noch in die Zeit passt, sagt
       die Kanzlerin: „Ich habe oft rasch entschieden. Aber da wurde ja auch
       gesagt: falsch.“
       
       Merkel hat sich bei öffentlichen Auftritten eigentlich immer perfekt im
       Griff. Horst Seehofer wirkt manchmal etwas fahrig. „Ich habe das
       [1][Heimatmuseum , äh -ministerium]“, sagt der neue CSU-Innenminister am
       Montag, was die Zweifel am Sinn der Aufrüstung des Ministeriums um eine
       Heimatabteilung nicht geringer macht. Aber dass Merkel, die Kontrollierte,
       auf eher arglose Nachfragen so reizbar, fast angefressen reagiert, ist neu.
       
       SPD und Union haben beide versichert, es werde kein „Weiter so“ der
       Regierungsparteien geben. Damit soll wohl die Müdigkeit vertrieben werden,
       die in Parteien und Öffentlichkeit die Aussicht auf die nächste GroKo
       hervorruft. Was anders wird, ob sich Union und SPD unterscheiden oder
       streiten wollen, bleibt nebelig. Merkel bekundet, „eine eigene Auffassung
       von Streit“ zu haben, und häckselt den Begriff rhetorisch erst mal zu
       „einer guten Debattenkultur“ klein. Am Ende schrumpft der Merkel’sche
       Streitbegriff dazu, „sichtbar zu machen, wie der Kompromiss entstanden
       ist“. Man wird sehen, ob der CDU-Rechte und neue Gesundheitsminister Jens
       Spahn den Streitbegriff der Chefin teilt.
       
       ## Medien würden Parteienunterschiede verwischen
       
       Bemerkenswert ist auch, wie Olaf Scholz diesmal verhindern will, dass die
       SPD in der Regierung wieder unsichtbar wird. „Lesen Sie mein Buch“, sagt
       der Vizekanzler und Finanzminister in spe. Dort, in „Hoffnungsland“, sei
       beschrieben, wie die Sozialdemokratie auf Digitalisierung, Trump,
       Rechtspopulismus antworten müsse. Diese Ideen könnten auch der darbenden
       europäischen Sozialdemokratie wieder auf die Beine helfen. An einem Mangel
       an Selbstbewusstsein leidet der Vizekanzler erkennbar nicht. Die Frage, ob
       die SPD anders als in der letzten Groko auftreten werde, bleibt allerdings
       offen.
       
       Auf jeden Fall sei „ordentlich regieren“ wesentlich, so Scholz. Falls das
       Publikum zu viel Ähnlichkeit zwischen SPD und Union erkenne, seien dafür,
       so Scholz, Medien verantwortlich, die die Unterschiede leichtfertig
       verwischen. Womit auch geklärt ist, wer schuld ist, wenn wieder zu wenige
       begreifen, wofür die SPD steht.
       
       Ein 100-Tage Programm gibt es diesmal nicht. „Eigentlich drängt fast alles,
       [2][was wir uns vorgenommen haben]“, so die Kanzlerin etwas diffus. Als
       Erstes muss der Haushalt durch das Parlament, am zweitwichtigsten scheint
       der Ex-Flüchtlingskanzlerin „die Steuerung der Zuwanderung“. Zudem wird
       Merkel schon vor dem EU-Gipfel in zwei Wochen mit Finanzminister Scholz
       nach Paris zu Macron fahren. Man werde über eine Angleichung der
       Unternehmensbesteuerung dies- und jenseits des Rheins reden.
       
       So will Merkel den Eindruck zerstreuen, dass die Achse Paris-Berlin nicht
       zustande kommt. Die Kanzlerin will zeigen, dass nach der Ausnahme nun
       wieder Normalmodus herrscht. Das lautlose Regieren im Hintergrund, ohne
       Streit und Debatten. So wie früher. Nur dünnhäutiger.
       
       12 Mar 2018
       
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