# taz.de -- AfD will mit Pegida kooperieren: Da wächst was zusammen
       
       > Der rechte Flügel der AfD will das Kooperationsverbot mit Pegida kippen.
       > Im Bundesvorstand gibt es einen Patt: sechs dafür und sechs dagegen.
       
 (IMG) Bild: Keine Berührungsängste: AfD-Fahne auf einer Pegida-Demo 2017 in Dresden
       
       Berlin taz | Als Hans-Thomas Tillschneider an einem Montagabend im Mai 2016
       auf der Bühne der Pegida-Demonstration in Dresden steht, ist das eine
       Premiere. Und eine Provokation. Auch für die eigene Parteichefin. „Ich bin
       der erste AfD-Abgeordnete, der auf einer Pegida-Demonstration spricht, das
       macht mich stolz“, sagt Tillschneider ins Mikrofon. Und weil der
       promovierte Islamwissenschaftler Provokationen liebt, fordert er gleich
       noch das Bundesverdienstkreuz erster Klasse für Pegida-Gründer Lutz
       Bachmann, der gerade frisch wegen Volksverhetzung verurteilt ist.
       
       Tillschneider, Abgeordneter im sachsen-anhaltinischen Landtag und Sprecher
       der rechten „Patriotischen Plattform“ innerhalb der rechten Partei, gehört
       zum völkisch-nationalistischen Flügel der AfD. Für diesen ist klar: Die AfD
       und Pegida gehören zusammen; an unterschiedlichen Orten kämpfen sie für das
       gleiche Ziel.
       
       Die damalige Parteivorsitzenden Frauke Petry aber hält von diesem offenen
       Schulterschluss wenig. Ihre Sorge: Die Zusammenarbeit könnte gemäßigte
       WählerInnen verschrecken. Im Bundesvorstand und auf dem Kleinen Parteitag,
       dem Konvent, setzt Petry Unvereinbarkeitsbeschlüsse durch. Danach dürfen
       AfD-Mitglieder bei Pegida nicht reden, Fahnen und andere Symbole der AfD
       nicht gezeigt werden. Untersagt werden auch Reden von Pegidisten und ihre
       Symbole bei Parteiveranstaltungen der AfD.
       
       Es ist ein Punktsieg für Petry, mehr nicht. Das Schiedsgericht mildert
       später auf Klage unter anderem vom Tillschneider den
       Bundesvorstandsbeschluss; der des Konvents aber ist weiter in Kraft. Doch
       die Ostverbände nehmen es damit nicht so genau. Allein Tillschneider hat
       inzwischen drei Mal bei Pegida geredet, zuletzt kurz vor Weihnachten.
       
       Jetzt, fünf Monate nach dem Abgang von Petry, will der rechte Flügel den
       Unvereinbarkeitsbeschluss auch offiziell kippen. Am Samstag, wenn in
       Rotenburg an der Fulda im Nordosten Hessens der 55-köpfige Konvent der AfD
       tagt, steht ein entsprechender Antrag von André Poggenburg, Landes- und
       Fraktionsvorsitzender in Sachsen-Anhalt, auf der Tagesordnung. „Faktisch
       gibt es gerade im Osten kaum Distanzierung der AfD zu Pegida“, sagt
       Poggenburg zur Begründung seines Antrags. „Es wird deshalb Zeit, ehrlich zu
       zeigen, wofür man steht.“ Pegida sei eine „sehr erfolgreiche, standfeste
       und friedliche Bürgerbewegung“.
       
       ## Lutz Bachmann ist 17-fach vorbestraft
       
       Man kann es auch anders sehen. Rassistisch und islamfeindlich sei Pegida,
       sagt Michael Nattke vom Kulturbüro Sachsen, das die Bewegung seit ihrer
       Gründung beobachtet. Auch offen Rechtsextreme, so Nattke weiter, gehörten
       dazu. Ihr Anführer und Mitbegründer Lutz Bachmann ist 17-fach vorbestraft,
       unter anderem wegen Drogenhandel, Körperverletzung und Diebstahl.
       
       Bachmann posierte auf einem Foto mit Hitler-Bärtchen, auf Facebook nannte
       er Geflüchtete „Viehzeug“, „Dreckspack“ und „Gelumpe“, in einer Rede sprach
       er vom kommenden Bürgerkrieg. Auf den Pegida-Demonstrationen wurden
       Galgenattrappen für Kanzlerin Angela Merkel und Außenminister Sigmar
       Gabriel mitgeführt, Redner wurden wegen Volksverhetzung verurteilt – und
       einer steht derzeit gar wegen zwei Sprengstoffanschlägen in Dresden vor
       Gericht.
       
       David Begrich vom Verein Miteinander in Magdeburg will trotz des Antrags
       Poggenburgs nicht von einer neuen Radikalisierung der AfD sprechen. „Die
       Radikalisierung ist seit langem im Gang“, sagt er. Mit dem Antrag solle
       quasi de jure vollzogen werden, was es de facto schon gebe. Der rechte
       Flügel sehe die AfD als Bewegungspartei, die sich auf Pegida, die
       Identitäre Bewegung und das neurechte Institut für Staatspolitik in
       Schnellroda in Sachsen-Anhalt beziehe. In Sachsen sei der Schulterschluss
       längst vollzogen, sagt auch Michael Nattke vom Kulturbüro. „Seit Petry
       nicht mehr das Sagen hat, passt zwischen AfD und Pegida kein Blatt Papier.“
       
       Das war gerade auf dem Politischen Aschermittwoch in der Nähe von Pirna
       wieder zu beobachten. Björn Höcke, AfD-Landes- und Fraktionsvorsitzender in
       Thüringen und Held der AfD-Rechten, rief von der Bühne „Ich grüße die
       Pegida“. Sein Kollege aus Brandenburg, der neue einflussreiche Mann der
       Parteirechten, Andreas Kalbitz, dankte ausdrücklich „den vielen
       Mitstreitern gerade von Pegida“. Und der frisch gekürte sächsische AfD-Chef
       Jörg Urban kann sich gut vorstellen, im Wahlkampf mit Pegida zu
       kooperieren. In Sachsen wird im Herbst 2018 gewählt, die AfD will stärkste
       Kraft werden. Am Ende standen Bachmann und sein Vize Siegfried Däbritz
       gemeinsam mit den AfD-Landeschefs auf der Bühne.
       
       ## Eine Abstimmung endete mit einem Patt
       
       Der Ausgang der Abstimmung im Konvent sei schwer abzuschätzen, sagt Carsten
       Hütter, einer der zwei Vorsitzenden des Gremiums. Hütter kommt aus Sachsen
       und weiß, dass die Stimmung in den Ost- und den Westverbänden recht
       unterschiedlich ist. Letztere aber stellen deutlich mehr Delegierte.
       
       Auch im AfD-Bundesvorstand wird diskutiert, ob der
       Unvereinbarkeitsbeschluss mit Pegida in Dresden noch sinnvoll sei. Eine
       Abstimmung endete in einem Patt: Sechs Mitglieder stimmten dafür, sechs
       dagegen. Es gilt als wahrscheinlich, dass sich das Gremium bald erneut mit
       der Frage beschäftigt – vielleicht schon bei der nächsten Präsenzsitzung am
       9. März.
       
       Die beiden Parteivizes der Bundespartei, Georg Pazderski und Kay
       Gottschalk, haben sich öffentlich gegen eine Öffnung zu Pegida
       ausgesprochen, die beiden Parteivorsitzenden Jörg Meuthen und Alexander
       Gauland dafür. „Wenn es in Richtung Landtagswahl geht, dann ist es
       vielleicht nicht klug, an dem Kooperationsverbot festzuhalten“, sagte
       Meuthen.
       
       Probleme haben Meuthen und Gauland allein mit der Personalie Bachmann. „Es
       wäre klug von Pegida, wenn Herr Bachmann aus dem Schaufenster der Bewegung
       verschwindet“, sagte Gauland dem Stern. Diesem Vorschlag allerdings
       erteilte der Dresdner Pegida-Vize Däbritz auf Facebook umgehend eine
       Absage: „Pegida ohne Lutz Bachmann ist keine Option.“ Und Bachmann selbst
       postete: „Pegida gibt es in dieser Konstellation, wie sie jetzt ist, oder
       gar nicht.“
       
       Zunächst einmal will die AfD ohnehin selbst demonstrieren. Der
       Bundesvorstand will im Frühjahr – vermutlich im Mai – eine bundesweite
       Demonstration in Berlin organisieren – für Bundestagsneuwahlen.
       
       2 Mar 2018
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Sabine am Orde
       
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