# taz.de -- Streit um Berliner Neutralitätsgesetz: Soll das Kopftuch verboten bleiben?
       
       > Eine Lehrerin, die ihr Kopftuch im Unterricht tragen will, klagt vor dem
       > Berliner Arbeitsgericht auf Entschädigung – wegen Diskriminierung.
       
 (IMG) Bild: In Deutschland ein Politikum: Wann ist ein Kopftuch ein religiöses Zeichen?
       
       Berlin taz | Ist das Berliner Neutralitätsgesetz verfassungskonform – oder
       stellt es eine rechtswidrige Diskriminierung von Frauen mit Kopftuch dar?
       Um diese Frage geht es letzten Endes am heutigen Donnerstag in einem
       Prozess am Arbeitsgericht. Anlass ist die Klage einer Lehrerin gegen das
       Land Berlin. Sie verlangt laut ihrer Anwältin Maryam Haschemi Yekani eine
       Entschädigung, weil sie als Kopftuchträgerin bei Bewerbungsverfahren
       diskriminiert werde – was ein Verstoß gegen das Allgemeine
       Gleichbehandlungsgesetz (AGG) wäre.
       
       Ihre Mandantin, die beide Staatsexamen sowie das Referendariat absolviert
       habe, sei mehrfach als Grundschullehrerin nicht genommen worden, so
       Haschemi Yekani – obwohl in diesem Bereich derzeit auch QuereinsteigerInnen
       eingestellt würden. „Es geht offensichtlich um ihr Kopftuch, nicht um ihre
       Qualifikation als Lehrerin“, sagte die Anwältin der taz. Dass eine
       Diskriminierung nach dem AGG vorliegt, stehe also außer Frage. „Im Rahmen
       dieses Rechtsstreits wird es um die Frage gehen, inwieweit das Berliner
       Neutralitätsgesetz eine Diskriminierung rechtfertigt.“
       
       Dieses Gesetz verbietet seit 2005 BeamtInnen „im Bereich der Rechtspflege,
       des Justizvollzugs oder der Polizei“ sowie LehrerInnen im Dienst das
       sichtbare Tragen von Symbolen oder Kleidungsstücken, „die eine
       Zugehörigkeit zu einer bestimmten Religions- oder
       Weltanschauungsgemeinschaft“ erkennen lassen. Die Rechtmäßigkeit dieses
       Gesetzes wird seit einem Urteil des Bundesverfassungsgerichts (BVG) von
       Januar 2015 allerdings breit diskutiert.
       
       Damals hatte das oberste deutsche Gericht zwei Klägerinnen gegen das
       Kopftuchverbot in NRW recht gegeben. Hauptargument der Richter war, dass
       allein der Verweis auf das Gebot der staatlichen Neutralität nicht genüge,
       um LehrerInnen ihr Grundrecht auf freie Religionsausübung zu verbieten.
       Vielmehr müsse im konkreten Fall durch das Kopftuch der Schulfrieden oder
       die freiheitliche demokratische Grundordnung gefährdet sein.
       
       In Berlin kam daraufhin der wissenschaftliche Dienst des Abgeordnetenhauses
       zu dem Schluss, auch das Berliner Neutralitätsgesetz müsse nun überarbeitet
       werden. Rot-Schwarz entschied dennoch im Oktober, es unverändert
       beizubehalten.
       
       Laut Anwältin Haschemi Yekani hat das BVG-Urteil ihre Mandantin motiviert,
       gegen das Land Berlin zu klagen. Unterstützt wird die Klägerin dabei vom
       Antidiskriminierungsnetzwerk des Türkischen Bundes Berlin-Brandenburg sowie
       vom Netzwerk gegen Diskriminierung und Islamfeindlichkeit (Inssan). Berlin
       übergehe „geltendes höheres Recht“, sagt Nina Mühe von Inssan, „das ist
       keine haltbare Situation.“
       
       Das Gesetz kippen kann das Arbeitsgericht allerdings nicht. Dies stehe
       allein in der Macht des BVG, erklärte eine Sprecherin des Arbeitsgerichts.
       Allerdings sei es möglich, dass die Arbeitsrichter den Fall dem BVG
       vorlegen. Und das kann dann dauern.
       
       14 Apr 2016
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Susanne Memarnia
       
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