# taz.de -- SPD-Abgeordneter über Freihandel: „Wir ratifizieren Ceta“
       
       > Der SPD-Europaabgeordnete Bernd Lange will nicht darauf warten, dass alle
       > 28 EU-Parlamente dem Ceta-Abkommen zustimmen. Das dauere zu lange.
       
 (IMG) Bild: Attac-Aktivist_innen bei einem Anti-Ceta-Protest im Januar 2016
       
       taz: Herr Lange, Ceta soll vorläufig in Kraft treten, ohne dass die
       Parlamente der EU-Mitgliedstaaten über das Freihandelsabkommen mit Kanada
       abgestimmt haben. Nun ist die Aufregung groß. Wird der Bundestag
       entmachtet? 
       
       Bernd Lange: Jetzt muss ich etwas grundsätzlicher werden.
       
       Okay. 
       
       Zum einen hat die EU die Handelspolitik mit dem Lissabon-Vertrag 2009
       vergemeinschaftet: Es macht ja wenig Sinn, dass Luxemburg allein globale
       Handelsverträge abschließt. Artikel 207 regelt genau, was und wie es läuft.
       Das Europäische Parlament stimmt danach mit ab.
       
       Das reicht vielen auch in Ihrer Partei nicht. 
       
       In der vergangenen Legislaturperiode hat das EP zudem sogar zwei Abkommen
       abgelehnt: das mit Marokko, weil die Belange der Bevölkerung in der
       Westsahara nicht berücksichtigt wurden. Und Acta, das Abkommen zum Schutz
       geistigen Eigentums, hatte zu viele Webfehler.
       
       Viele Kritiker gingen nach Äußerungen aus der EU-Kommission oder auch von
       SPD-Parteichef Sigmar Gabriel davon aus, dass die nationalen Parlamente
       erst mitbestimmen und Abkommen wie Ceta und TTIP – der Vertrag mit den USA
       – erst danach in Kraft treten. 
       
       Es gibt ja den Sonderfall der „gemischten“ Abkommen. Also: Wenn
       nationalstaatliche Kompetenzen berührt werden, sind auch die nationalen
       Parlamente gefragt – das ist bei Zöllen für Äpfel aus Moldawien nicht der
       Fall. Bei der Anerkennung von Berufsqualifikationen kann es jedoch sein,
       dass die Beteiligung greifen muss.
       
       Und auch beim Investorenschutz, für den laut Ceta ein eigener Gerichtshof
       geschaffen wird, oder? 
       
       In Artikel 207 EU-Vertrag steht, Investitionsabkommen sind in der
       Alleinzuständigkeit der EU.
       
       Das sieht ein Gutachten im Auftrag von Foodwatch aber anders. 
       
       Dann muss man das rechtlich prüfen.
       
       Bislang dachten viele: Lass Brüssel TTIP und Ceta ruhig verhandeln – in
       einem der 28 Länder werden die Abgeordneten die Abkommen sowieso stoppen. 
       
       Ich habe noch kein nationales Parlament gesehen, das ein derartiges
       Abkommen abgelehnt hat. Das Vorgehen in der EU ist anders. Das EP
       ratifiziert, dann kann die Kommission einen Antrag auf vorläufiges
       Inkraftsetzen stellen – wie beim Abkommen mit Korea. Das war 2010. Dann
       ging das durch die 28 Parlamente. Italien hat als letztes im Oktober 2015
       ratifiziert.
       
       Sie meinen, das dauert zu lange? 
       
       Ja, im Wesentlichen geht es um Dinge, die in der Alleinzuständigkeit EU
       liegen. Theoretisch könnte man sogar Teile der Verträge, die nationale
       Kompetenzen nicht berühren, sofort endgültig in Kraft setzen. Aber dass die
       Abkommen in Kraft treten, weil sie vor allem EU-Kompetenzen berühren, ist
       doch völlig klar.
       
       In Ihrer Partei ist dieses Prozedere nicht jedem bekannt: Parteilinke wie
       Ralf Stegner wollen mit abstimmen. 
       
       Ich stelle die europäische Position dar.
       
       Für die SPD ist diese europäische Position problematisch. 
       
       Wenn man sagt, Handelspolitik ist vergemeinschaftet, ist das europäische
       Kontrollorgan das Europäische Parlament. Sonst muss man über den
       Lissabon-Vertrag diskutieren. Bei einem gemischten Abkommen wie Ceta werden
       die nationalen Parlamente ja mitentscheiden – wenn auch erst nach
       Inkraftsetzung. Das ist doch schon ein Zugeständnis, denn hauptsächlich
       geht es um Angelegenheiten in EU-Zuständigkeit.
       
       31 Mar 2016
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Kai Schöneberg
       
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