# taz.de -- Fußball-Länderspiele und der Terror: Die Angst und der Anpfiff
       
       > Für die Fußball-EM in Frankreich gilt nicht erst seit Brüssel die höchste
       > Alarmstufe. Bei der DFB-Elf würde man dennoch gern nur über Fußball
       > sprechen.
       
 (IMG) Bild: EM-Vorbereitung: Polizei, Militär und Sanitäter im Übungseinsatz in Nimes. Dabei wurde eine Chemiewaffen-Attacke auf ein Fan-Fest simuliert
       
       Berlin taz | Die Räder rollen, die Fußbälle nicht. Einen Tag nach den
       Anschlägen von Brüssel wurde das für kommenden Dienstag geplante
       Freundschaftsspiel zwischen Belgien und Portugal verlegt. Das Brüsseler
       König-Baudouin-Stadion wird auf Wunsch der Stadtregierung leer bleiben.
       Gespielt wird jetzt in Portugal.
       
       Die Stimmung vor dem Länderspielwochenende ist nicht viel anders als
       diejenige unmittelbar nach den Anschlägen vom 13. November in Paris, bei
       der auch das Spiel der deutschen Fußballnationalmannschaft gegen Frankreich
       im Stade de France Ziel der Attentäter war.
       
       Derweil starteten die Radprofis beim Rennen „Quer durch Flandern“ mit einer
       Gedenkminute in die belgische Klassikerserie, die am 3. April mit der
       Flandernrundfahrt ihren Höhepunkt erleben soll. Noch bis ein paar Stunden
       vor dem Start hatten die Veranstalter über eine Absage nachgedacht.
       Gerüchte über eine mögliche Absage der Fußball-EM, die im Sommer in
       Frankreich stattfinden soll, kursierten schon kurz nach dem Anschlägen.
       
       Die wurden von der Uefa, die nach den Pariser Anschlägen im November ihr
       Sicherheitspaket für das Turnier neu geschnürt hatte, schnell
       zurückgewiesen. Giancarlo Abte, einer der Vizepräsidenten des Verbandes,
       mochte in einem Interview mit dem italienischen Sender Radio 24 indes nicht
       ausschließen, dass Spiele der EM unter Ausschluss des Publikums stattfinden
       könnten.
       
       So weit wollte Frankreichs Innenminister Bernard Cazeneuve nicht gehen. Er
       meinte, dass man vor allem über das ein oder andere Fan-Fest nachdenken
       müsse. Zu diesen Public-Viewing-Veranstaltungen werden zwischen 10.000 und
       100.000 Menschen erwartet. Es soll von Tag zu Tag entschieden werden, ob
       die Fan-Zonen geöffnet werden.
       
       ## Anschlag simuliert
       
       Dass es vor allem diese Veranstaltungen sind, die von den Behörden als
       besonders kritisch bewertet werden, wurde am vergangenen Wochenende
       deutlich, als in der Polizeischule von Nîmes in Südfrankreich eine
       Großübung von Militär, Polizei und Rettungssanitätern durchgeführt wurde,
       bei der ein terroristischer Anschlag mit Giftgas simuliert worden ist.
       
       Auch Innenminister Cazeneuve wohnte der Übung bei. Er saß auch einem
       Treffen der Bürgermeister der Austragungsorte mit dem Organisationskomitee
       vor, das just am Tag der Brüsseler Anschläge stattfand. Danach versicherte
       er, dass während des Turniers in Frankreich die höchste Alarmstufe
       herrschen werde.
       
       Das Thema Sicherheit hatte der Deutsche Fußball-Bund bereits vor einigen
       Wochen für diesen Mittwoch in Berlin auf die Tagesordnung eines
       Journalisten-Workshops gesetzt. Mit Blick auf die Euro 2016 sollte Hendrik
       Große-Lefert, der Sicherheitsbeauftragte des Verbandes, im Vorfeld der
       Länderspiele gegen England am Samstag und Italien am Dienstag in München zu
       diesem Thema referieren.
       
       ## Aufgeschreckt durch Anschläge
       
       Nach der Terroranschlagsserie von Brüssel waren aber auch die sportlichen
       Verantwortlichen der Nationalmannschaft aufgeschreckt. Die Erinnerungen an
       das von den November-Attentaten überschattete Länderspiel des DFB-Teams in
       Paris wurden wieder lebendig. Bundestrainer Joachim Löw sagte zu den
       Nachrichten aus Belgien: „Die Ereignisse sind sicherlich schrecklich. Sie
       haben uns auch nachdenklich gestimmt. Da kommen einem natürlich auch die
       Bilder von Paris wieder ins Gedächtnis zurück.“
       
       Zu großes Gewicht wollte er aber zum Start ins EM-Jahr den weltpolitischen
       Ereignissen nicht beimessen. In einem neongelbgrünen Trikot hatte er sich
       auf Podium gesetzt und erklärte: „Wir bereiten uns fokusiert auf die
       sportlichen Aufgaben vor und vertrauen auf unsere Sicherheitskräfte.“ Löw
       sprach lieber über die „besondere Brisanz“, welche die beiden anstehenden
       Länderspiele aus sportlicher Sicht versprechen würden. Mit England und
       Italien habe man sich zur Vorbereitung auf die EM ganz bewusst zwei starke
       Gegner ausgesucht.
       
       Auch Teammanager Oliver Bierhoff stieß ins gleiche Horn. Ende vergangenen
       Jahres, erzählte er, sei man nach den schlimmen Ereignissen von Paris mit
       einem unguten Gefühl auseinandergegangen. Vor der EM sei es jetzt aber
       wichtig, „den Countdown einzuleiten“ und sich auf das Turnier zu
       konzentrieren. Er räumte ein, dass die Terroranschläge die Nationalspieler
       unterschiedlich stark beschäftigen würden. Es wäre aber bis jetzt noch
       niemand „aktiv auf ihn zugegangen“.
       
       ## Unbehagen beim Thema Sicherheit
       
       Wenige Tage nach Paris sei das in Hannover, als das Länderspiel gegen die
       Niederlande wegen einer angeblichen Terrorbedrohung abgesagt werden musste,
       anders gewesen. Beim Thema möglicher Geisterspiele bei der EM versuchte er
       zu beschwichtigen. Natürlich würde man eine solche Entscheidung
       akzeptieren, aber man müsse jetzt „nicht jede Aussage auf die Spitze
       treiben und ein Chaosszenario kreieren.“
       
       Das Unbehagen, welche das Thema Sicherheit auch beim DFB auslöst, war am
       Mittwoch mit Händen zu greifen. Ganz klassisch möchten die Verantwortlichen
       am liebsten die Sphären des Sports und der Politik voneinander trennen und
       sich ins eigene Schneckenhäuschen zurückziehen.
       
       Eine Vertreterin eines Hauptsponsors präsentierte auf dieser
       DFB-Veranstaltung noch einen Werbespot, den man gemeinsam mit dem deutschen
       Nationalteam nach den Anschlägen von Paris gedreht hatte. Dies sei nicht
       einfach gewesen. Der Titel des Werbefilmchens: „Vive la Mannschaft“.
       
       27 Mar 2016
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Johannes Kopp
 (DIR) Andreas Rüttenauer
       
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