# taz.de -- Fußballnationalmannschaft im EM-Jahr: Die Testspielcharakterabschüttelwoller
       
       > Gegen Italien droht der DFB-Auswahl die vierte Niederlage im fünften
       > Spiel. Aber der Glaube, man sei eine Turniermannschaft, lebt.
       
 (IMG) Bild: Abklatschen strahlt ja immer Optimismus aus: Mario Gomez und Jogi Löw
       
       Eine Einsatzgarantie in der Startformation für das Spiel gegen Italien hat
       Mario Götze vom deutschen Bundestrainer bereits vor einigen Tagen
       ausgesprochen bekommen. Ein Versprechen an den treuesten und bestbezahlten
       Ersatzbankhüter des FC Bayern München, mit dem Joachim Löw der Begegnung am
       heutigen Dienstagabend vorab schon auch einen gewissen
       Benefizspielcharakter zugewiesen hat.
       
       Insbesondere nach der 2:3-Niederlage vom Ostersamstag gegen England kann
       das Löw im Rückblick als ein verhängnisvolles Signal ausgelegt werden. Denn
       aus dem Mannschaftskreis selbst wurde der leichtfertige Umgang mit dem
       2:0-Vorsprung in Berlin mit der eigenen fehlenden Ernsthaftigkeit erklärt.
       
       Thomas Müller sagte etwa: „Wir konnten den Testspielcharakter nicht
       abschütteln.“ Bei diesen Freundschaftsbegegnungen komme man selten an die
       hundert Prozent ran. Und der gerade von Löw nobilitierte Mario Gomez
       sekundierte dem Stürmerkollegen, bei einem wichtigen Turnier wäre diese
       Niederlage sicherlich nicht passiert.
       
       Ein kurioses Bekenntnis, mit dem die Nationalspieler zumindest den Druck
       auf sich selbst erhöht haben dürften. Sie stehen in München unter genauer
       Beobachtung, inwieweit sie ihre Arbeit vielleicht dann doch wieder so ernst
       nehmen wie ihr Gegner. Man mag am Samstagabend in Berlin bei den
       überfallartigen schnellen Angriffen der englischen Mannschaft grundsätzlich
       an dem Vermögen der überforderten deutschen Außenverteidiger Emre Can und
       Jonas Hector gezweifelt haben, aber die blasse Vorstellung der
       Kreativkräfte Müller, Mesut Özil und Marco Reus war dann in der Tat doch
       eher ein Rätsel.
       
       Unter dem Strich musste Joachim Löw in Berlin konstatieren, dass weder im
       Spiel nach vorn die Laufwege und Kombinationen passten noch beim Umschalten
       in die Defensive gerade in der zweiten Hälfte die Räume richtig verdichtet
       wurden.
       
       Angesichts der vielen Unstimmigkeiten wurde es dem Bundestrainer bereits am
       Samstag ein wenig bang zumute, als er an das Spiel gegen Italien denken
       musste. „Das wird nicht einfacher“, sagte er. Die Italiener würden noch
       früher als die Engländer pressen und hätten ihre Klasse im
       Freundschaftsspiel gegen Spanien (1:1) unter Beweis gestellt. Eigentlich
       sollten die beiden Vorbereitungsspiele um Ostern Löw auch dazu dienen, im
       Rahmen eines funktionierenden Mannschaftsgefüges die eine oder andere neue
       Variante vor der Europameisterschaft im Juni und Juli in Frankreich
       auszuprobieren und verdienten Kräften, die ein wenig aus dem Blickfeld
       geraten sind, ermutigende Spielerfahrung zu bieten.
       
       Jonathan Tah kam in Berlin so zu einem passablen Debüt, und Mario Gomez
       konnte nach langer Zeit auch dank seines Treffers wieder unter Beweis
       stellen, dass das Team so einen Stoßstürmer wie ihn durchaus gebrauchen
       kann. Und Mario Götze ist vom Bundestrainer gegen Italien gleichermaßen ein
       nachösterliches Erweckungserlebnis zugedacht.
       
       Der Halt gebende Rahmen hat indes gegen England gelitten. Sollte gegen
       Italien eine weitere Niederlage folgen, es wäre die vierte in den letzten
       fünf Spielen, wird sich das Gerede von der Turniermannschaft, die für
       Testspiele nicht geschaffen ist, immer mehr wie das Pfeifen im Walde
       anhören. In der Vorbereitung auf die EM wäre Löw dann mehr, als ihm lieb
       sein kann, mit dem Nachbereiten des abhanden gekommenen Selbstbewusstseins
       beschäftigt.
       
       Vor dem Turnier in Frankreich hat der DFB mit der Slowakei (29. Mai) und
       Ungarn (4. Juni) keine vergleichbaren Prüfsteine mehr in den Terminkalender
       gelegt. Es dürfte dann eine sehr herausfordernde Aufgabe sein, die alte
       Selbstsicherheit wieder zurückzugewinnen. So gesehen steht gegen Italien
       bereits einiges auf dem Spiel. Mario Götze wird immens gefordert sein. Im
       WM-Finale 2014 gegen Argentinien schickte ihn Jogi Löw einst erfolgreich
       mit der Aufforderung aufs Feld, der ganzen Welt zu zeigen, dass er besser
       alsLionel Messi ist: Er machte das Tor.
       
       Am Dienstagabend in München würde es schon einmal helfen, wenn der
       23-Jährige zeigen würde, dass er viel besser ist als dieser Götze, den man
       zuletzt sah.
       
       28 Mar 2016
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Johannes Kopp
       
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