# taz.de -- Befugnisse überschritten: Polizei macht auf Spionage
       
       > Der jahrelange Einsatz der verdeckten Ermittlerin Maria B. hatte Züge von
       > Geheimdienstmethoden, die der Polizei ohne konkrete Gründe nicht
       > zustehen.
       
 (IMG) Bild: Recht auf Privatsphäre: Mehrere Ausspionierte wollen klagen.
       
       HAMBURG taz | Der vierjährige Einsatz der verdeckten Ermittlerin Maria B.
       alias „Maria Block“ zur Gefahrenabwehr in Hamburgs linker Szene wirft
       weiter Fragen auf. Wendet der Staatsschutz des Landeskriminalamtes (LKA7),
       um die linke Szene auszuspähen, Geheimdienst-Methoden an, die nach dem
       verfassungsmäßigen Trennungsgebot nur dem Verfassungsschutz (VS)
       vorbehalten sind?
       
       „Die Dauer des Einsatzes von vier Jahren zur Gefahrenabwehr ist juristisch
       schwer zu begründen“, sagt Hamburgs Datenschutzbeauftragter Johannes
       Caspar. Dabei verweist er auf das jüngste Urteil des Verwaltungsgerichts
       Karlsruhe, das den Einsatz des verdeckten Ermittlers Simon Brenner in der
       Heidelberger Studentenszene für rechtswidrig erklärt hat.
       
       Denn die Gründe des Einsatzes waren zu unspezifisch und unbelegt. Auch der
       Einsatz von Maria B. sei eine heimliche Maßnahme oder Vorfeldermittlung
       gewesen, sagt Caspar, für die die Polizei nach dem Trennungsgebot
       eigentlich nicht die Kompetenz habe.
       
       So seien bei Maria B. die einjährigen „Einsatzanordnungen“, die immer
       wieder verlängert oder erneuert worden sind, nicht auf eine vermeintlich
       verdächtige Person spezifiziert worden, sondern pauschal auf Gruppierungen
       ausgerichtet gewesen, sagt zumindest Polizeipräsident Ralf Meyer.
       
       Das bedeutet aber, dass eine Vielzahl an Personen – sei es aus der
       Wilhelmsburger Anti-Gentrifizierungs-Szene oder später dem
       antirassistischen und Antifa-Spektrum, in dem sich Maria Block tummelte –
       der Datenerhebung durch die Polizistin ausgesetzt waren, ohne dass von
       ihnen im polizeirechtlichen Sinne eine Gefahr ausgegangen ist.
       
       Innensenator Michael Neumann (SPD) versucht die Dauer des Einsatzes damit
       zu rechtfertigen , dass auch die NPD unter dauerhafter Beobachtung stünde.
       Doch da bekommt er Widerspruch aus dem eigenen Hause:
       
       Die Referentin der „Hauptabteilung A“ der Innenbehörde, Susanne Fischer,
       sagte im Rahmen der Diskussion um einen parlamentarischen
       Untersuchungsausschuss zu den NSU-Morden, dass das LKA 7 in die rechte
       Szene keine verdeckten Ermittler zu Gefahrenabwehr eingeschleust habe.
       
       Denn dann wären die Beamten mit „Saufen und Straftaten konfrontiert, das
       geht gar nicht“, sagt Fischer. Da Polizisten dem Legalitätsprinzip
       unterworfen seien und keine Straftaten begehen dürften, aber Straftaten
       verfolgen müssten, würde ihre Tarnung sofort auffliegen. Deshalb obläge die
       Infiltrierung der rechten Szene dem Inlandsgeheimdienst – verdeckte
       Ermittler des Verfassungsschutzes wären solchen Schranken nicht
       unterworfen.
       
       Das lässt den Rückschluss zu, dass der verdeckte Einsatz von Maria B. nicht
       einer unmittelbar abzuwehrenden Gefahr oder der Verhinderung einer schweren
       Straftat gegolten hat, sondern der allgemeinen Ausforschung der linken
       Szene. Straftaten hat Maria B. ohnehin nicht aufgeklärt.
       
       Deshalb drängt sich zudem die Frage auf, ob der Einsatz von Maria B. nicht
       nur Geheimdienst-Charakter, sondern auch operative Gründe hatte: So war
       „Maria Block“ am 2. Juni 2012 in die internen Vorbereitungsstrukturen der
       autonomen Antifa für den Neonazi-Aufmarsch in Wandsbek involviert.
       
       „Sie übernahm im Rahmen einer Blockade eine zentrale Position und hat die
       Entscheidung, als Demonstration den Blockadeort zu verlassen,
       vorangetrieben“, sagen damalige Aktivisten. „Die Demonstration mit 500
       Teilnehmern wurde nach wenigen Metern von der Polizei gewaltsam aufgelöst
       und stundenlang eingekesselt, während die Polizei Nazis demonstrieren
       ließ.“
       
       Mehrere Ausspionierte, die teilweise enge und freundschaftliche Kontakte zu
       Maria B. pflegten und ihr auch Intimes anvertrauten, werden nach
       taz-Informationen Klagen vor dem Verwaltungsgericht wegen des polizeilichen
       Eingriffs in das Grundrecht auf informationelle Selbstbestimmung
       einreichen.
       
       9 Nov 2015
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Kai von Appen
       
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