# taz.de -- Swift-Abkommen unterzeichnet: USA dürfen auf Bankdaten zugreifen
       
       > Die 27 EU-Regierungen und die USA haben das umstrittene Datenabkommen
       > unterzeichnet. Das EU-Parlament muss noch zustimmen. Es hatte
       > Nachbesserung verlangt.
       
 (IMG) Bild: Freudestrahlend nach Vertragsunterzeichnung: US-Vertreter Michael Dodman (von li. nach re.), die schwedische EU-Kommissarin Cecilia Malmstrom und der spanische Innenminister Alfredo Perez Rubalcaba.
       
       BRÜSSEL taz | Ins "Guinness-Buch der Rekorde" will Spaniens Innenminister
       Alfredo Rubalcaba die schwedische EU-Kommissarin Cecilia Malmström
       eintragen lassen. In knapp vier Monaten habe sie die Verhandlungen über ein
       neues Abkommen zur Übermittlung von Bankdaten an die USA, kurz
       Swift-Abkommen, zum Abschluss gebracht.
       
       Gestern Vormittag hatten sich die 27 EU-Regierungen mit dem
       Verhandlungsergebnis einverstanden erklärt. Am Mittag wurde der Vertrag von
       Rubalcaba, Malmström und einem Vertreter der US-Botschaft in Brüssel
       unterzeichnet.
       
       Für die Spanier, die bis Ende Juni den Vorsitz in den Fachministerräten
       führen, kommt die Unterschrift gerade noch rechtzeitig, um sie als Erfolg
       ihrer Ratspräsidentschaft verbuchen zu können.
       
       Ihnen liegt der Kampf gegen den Terrorismus ohnehin mehr am Herzen als der
       Schutz von Daten und individuellen Bürgerrechten. Das hängt mit der
       Bedrohung durch Anschläge der Separatistenorganisation ETA ebenso zusammen
       wie mit den verheerenden Al-Qaida-Bomben in Madrid 2004.
       
       Laut neuem Lissabon-Vertrag muss nun noch das EU-Parlament zustimmen. Die
       Abstimmung soll kommenden Mittwoch in Straßburg stattfinden. Im Februar
       hatte eine Mehrheit der Abgeordneten gegen den Swift-Vertrag gestimmt und
       Nachbesserungen verlangt.
       
       Linke und Grüne lehnen auch den neuen Text ab, da sie keine echten
       Fortschritte sehen. "Das Verhandlungsmandat wurde gebrochen, denn die
       Kontrolle über den Datenfluss übernimmt nun Europol - das ist keine
       Justizbehörde, wie ursprünglich verlangt", erklärte Rui Tavares von der
       Linkspartei letzte Woche im zuständigen Ausschuss.
       
       Sein grüner Kollege Raul Romeva i Rueda bemängelte, es gebe noch immer
       keinen Beleg dafür, dass der massenhafte Datentransfer geholfen hätte,
       Terroristen zu finden. Bei der Unterzeichnung des Abkommens hatte der
       US-Vertreter Michael Dodman gestern zwar erklärt, nun könne "endlich die
       Sicherheitslücke, die entstand, weil seit Februar keine Daten flossen",
       geschlossen werden.
       
       Vom Parlament geforderte Belege dafür, dass aufgrund der Erkenntnisse aus
       dem Bankdatentransfer Anschläge verhindert wurden, waren Rat, Kommission
       und US-Behörden aber schuldig geblieben.
       
       Konservative, Sozialisten und Liberale wollen dem neuen Text zustimmen -
       einige von ihnen mit großen Bauchschmerzen. Der holländischen Liberalen
       Sophia in t Veld waren im taz-Gespräch ihre Gewissensqualen deutlich
       anzuhören. "Ich bin nicht begeistert von dem Ergebnis. Ich habe aber nicht
       die Wahl zwischen diesem und einem besseren Abkommen."
       
       Viele ihrer Wähler könnten das nicht verstehen. Das ganze Wochenende sei
       sie damit beschäftigt gewesen, um Verständnis für das Abstimmungsverhalten
       ihrer Fraktion zu werben.
       
       Vor allem die im Vertrag enthaltene Zusage, rasch ein eigenes europäisches
       Filtersystem aufzubauen und damit die Praxis der Übertragung großer
       Datenmengen zu beenden, hält die Liberale für einen Fortschritt.
       
       Das sieht auch ihre sozialdemokratische Kollegin Birgit Sippel so. "Dass
       die Daten außerhalb der EU bearbeitet werden, führt zu der starken
       Abwehrhaltung gegen das Abkommen", glaubt sie. In spätestens fünf Jahren
       soll die EU ein eigenes System haben, das gezielt die Bankdaten eines
       Verdächtigen aus den täglich 15 Millionen Swift-Transaktionen herausfischen
       und weiterleiten kann.
       
       Doch die Europäer sind in Fragen des Datenschutzes und des Antiterrorkampfs
       tief gespalten. Auch Sippel räumt ein, dass die Formulierungen im neuen
       Swift-Abkommen keinesfalls garantieren, dass die EU innerhalb von fünf
       Jahren ein eigenes System auf die Beine stellen kann.
       
       Die Erfahrung mit gemeinsamen Datenbanken wie dem
       Schengen-Informationssystem zeigt, dass die 27 EU-Staaten meist nicht an
       einem Strang ziehen. Das sieht auch Sophia in t Veld so. "Die meisten
       Bürger meinen, das sei eine Auseinandersetzung zwischen den USA und Europa
       - das stimmt aber nicht. Die Software gibt es, wir könnten die Daten selbst
       filtern. Aber außer Belgien und Deutschland hat doch gar kein Land Probleme
       damit, dass die Amerikaner das für uns machen."
       
       29 Jun 2010
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Daniela Weingärtner
       
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