# taz.de -- Anti-Terror-Gesetz: Innenminister irritiert Liberale
       
       > Der Streit um das Terrorabwehrgesetz sollte schnell vom Tisch. Doch vor
       > einem Treffen zwischen Union und FDP gibt es neuen Zoff - wegen eines
       > alten "Giftpapiers".
       
 (IMG) Bild: Ärgert die Liberalen: Innenminister Hans-Peter Friedrich (CSU).
       
       BERLIN taz | Innenminister Hans-Peter Friedrich (CSU) hätte beim
       Terrorbekämpfungsgesetz gerne eine schnelle Einigung mit dem
       Koalitionspartner, am besten noch im Mai. Doch wie es aussieht, wird das
       noch ein bisschen dauern. Denn die FDP hat vor einem für Dienstag
       angesetzten Treffen zu dem Thema durchklingen lassen: Es geht ihr um
       Grundsätzliches.
       
       Nach den Anschlägen vom 11. September 2001 habe es ein "Stakkato an
       Gesetzgebung" gegeben, hieß es in FDP-Kreisen. "Diese Linie der
       automatischen Verschärfung wollen wir durchbrechen." Zwar wolle man die
       Verlängerung des Anti-Terror-Gesetzes nicht grundsätzlich blockieren. Wenn
       man sich in der Koalition aber nicht einigen könne, dann laufe das Gesetz
       zum Januar 2012 eben aus, hieß es.
       
       Das Treffen zwischen Vertretern von Innen- und Justizministerium sowie
       Fraktionsexperten von Union und FDP wird also sicher nicht kuschelig
       werden.
       
       Konkret geht es um [1][Befugnisse der drei deutschen Geheimdienste], die
       diese in Reaktion auf den 11. September 2001 bekommen hatten und die von
       der großen Koalition später nochmals befristet verlängert wurden. Seitdem
       können Verfassungsschutz, BND und Militärischer Abschirmdienst unter
       anderem bei Banken, Postfirmen, Fluggesellschaften und
       Telekommunikationsunternehmen heimlich Informationen über Terrorverdächtige
       und mutmaßliche Extremisten einholen.
       
       Verkürzt gesagt will das Innenministerium diese Befugnisse allesamt
       verlängern - und an manchen Stellen sogar etwas erweitern. Justizministerin
       Sabine Leutheusser-Schnarrenberger (FDP) will in den Verhandlungen mit der
       Union nochmal alle neuen Befugnisse der Nachrichtendienste darauf
       abklopfen, ob sie wirklich nötig sind. Sie wird versuchen, diese an der
       einen oder anderen Stelle zu beschneiden oder zumindest die Kontrolle zu
       verschärfen.
       
       Als Affront wird in FDP-Kreisen gewertet, dass Innenminister Friedrich am
       Dienstag nochmals eine "Formulierungshilfe" als Grundlage fürs Kabinett
       vorgeschlagen hat, die von den Liberalen bereits Anfang April nicht für die
       weitere Diskussion akzeptiert worden war. Die Überschrift des Papiers
       "Entwurf eines Gesetzes zur Stärkung von Rechtsschutz und Aufsicht im
       Bereich der Nachrichtendienste" halten die Liberalen für einen puren
       Euphemismus. Denn aus ihrer Sicht stehen in dem angeblichen "Giftpapier"
       Verschärfungen, auch wenn die Union das anders sieht.
       
       ## Bußgelder bis zu 15.000 Euro
       
       Tatsächlich finden sich in dem Papier, das der taz vorliegt, fünf neue
       Auskunftspflichten für Verwaltung und Wirtschaft. Demnach sollen die
       Geheimdienste bei Banken nicht nur nach Konten und Geldbewegungen fragen
       dürfen - sondern auch nach "in Schließfächern körperlich verwahrten
       Wertsachen". Bei Internetfirmen soll in Zukunft auch nachgefragt werden
       dürfen, was ein verdächtiger Kunde etwa per Onlineauktion gekauft hat. Und
       Firmen, die sich weigern Auskunft zu geben - was in der Vergangenheit nach
       Angaben aus Sicherheitskreisen bei Fluggesellschaften schon vorkam - sollen
       in Zukunf mit einem Bußgeld von bis zu 15.000 Euro bestraft werden.
       
       Andererseits soll in das Terrorbekämpfungsgesetz laut der
       "Formulierungshilfe" aus dem Innenministerium aber auch ein explizites
       Verbot eingefügt werden, dass Kunden durch die heimlichen Anfragen der
       Geheimdienste benachteiligt werden - etwa, in dem eine Bank ihnen das Konto
       kündigt, weil der Verfassungsschutz sich nach deren Überweisungen
       erkundigte. Und: Alle Auskünfte sollen von der so genannten G-10-Kommission
       des Bundestags kontrolliert werden, was bisher nur zum Teil der Fall ist.
       
       Vieles in der Auseinandersetzung ist aber auch Symbolpolitik. Die FDP will
       nach ihrem Neustart ihr Bürgerrechtsprofil wieder schärfen, in der
       Unionsfraktion wird in letzter Zeit wieder der Ruf nach mehr Law-and-Order
       lauter.
       
       Nach einigem Hin und Her wird es beim Terrorbekämpfungsgesetz aber sicher
       eine Einigung geben, spätestens im Herbst - anders als beim
       [2][Dauerstreitthema Vorratsdatenspeicherung], bei dem die
       Koalitionspartner so weit entfernt voneinander sind wie eh und je.
       
       19 May 2011
       
       ## LINKS
       
 (DIR) [1] /1/politik/deutschland/artikel/1/verlaengern-oder-reduzieren/
 (DIR) [2] /1/debatte/kommentar/artikel/1/das-vorratsdatendilemma/
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Wolf Schmidt
       
       ## TAGS
       
 (DIR) Schwerpunkt Überwachung
       
       ## ARTIKEL ZUM THEMA
       
 (DIR) Verlängerung der Anti-Terror-Gesetze: Neue Laufzeit von vier Jahren
       
       Lange war die Verlängerung umstritten - nun hat sich das Kabinett geeinigt:
       Einige Teile der Anti-Terror-Gesetze werden befristet verlängert. Das
       finden nicht alle gut.
       
 (DIR) Anti-Terror-Gesetze: Koalition einigt sich ein bisschen
       
       Schwarz-Gelb verlängert mehrere Antiterrorgesetze um vier Jahre. Die
       Vorratsdatenspeicherung bleibt allerdings weiterhin ein Streitthema.
       
 (DIR) Befugnisse der Geheimdienste: Anti-Terror-Gesetze werden verlängert
       
       Einer der größten Konflikte der schwarz-gelben Regierung ist offenbar
       ausgeräumt: Die umstrittenen Anti-Terror-Gesetze werden verlängert - aber
       nur befristet.
       
 (DIR) Bundeswehreinsatz im Inneren: Friedrich macht den Schäuble
       
       Innenminister Friedrich fordert bei Terrorangriffen die Bundeswehr im
       Inneren. Eine Mehrheit für die nötige Grundgesetzänderung gibt es nicht.
       Die FDP ist verärgert.
       
 (DIR) Streit um Anti-Terror-Gesetze: Verlängern oder reduzieren
       
       Die erste Amtshandlung der frisch renovierten FDP: ihr Profil als
       Bürgerrechtspartei stärken. Dazu legt sie sich erst mal mit ihrem
       Koalitionspartner an.
       
 (DIR) Kommentar Visa-Warndatei: Respektable Liberale
       
       Teurer Handel für die Union: Die FDP hat für ihre Zustimmung zur Warndatei
       den Verzicht auf die Internetsperren ausgehandelt. Dafür gebührt der FDP
       Respekt.
       
 (DIR) Anti-Terror-Gesetz: Schutz gegen Stigma-Anfragen
       
       Banken werden nervös, wenn der Verfassungsschutz nach einem Konto fragt.
       Ein Benachteiligungsverbot könnte helfen, heißt es in zwei
       Evaluationsberichten.
       
 (DIR) Debatte um Innere Sicherheit: Terror spaltet Koalition
       
       Die Antiterrorgesetze laufen zum Ende des Jahres aus. Während sich
       Innenminister Friedrich eine Verlängerung wünscht, gibt sich die FDP
       bockig.